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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 115

 

ab sofort als Beauftragter für Universitäten und Forschung auftreten wird, auch genauer anschaut. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, mir geht es dabei überhaupt nicht ums Geld, sondern was mir in dem Zusammenhang aufgefallen ist und was mich persönlich sehr betroffen gemacht hat, ist der Zu- und Umstand, dass der 10. Oktober eigentlich für die Demokratie und für die Glaubwürdigkeit von uns Parlamentariern kein guter Tag war. Dass gerade von so einer integren Persönlichkeit wie Prof Van der Bellen dieses Signal ausging, hat mich persönlich sehr betroffen gemacht. Ich bin noch nicht sehr lange in der Politik und habe eigentlich Van der Bellen immer als leuchtendes Vorbild empfunden. Ich habe seinen scharfen Sachverstand, seine analytischen Kommentare und seine Integrität, die er sich über Jahre und Jahrzehnte in der Politik bewahrt hat, sehr geschätzt. Ich habe mir gedacht, das ist jemand, den man sich getrost zum Vorbild nehmen kann, auch wenn man nicht einer Meinung ist, aber das muss man ja nicht sein.

 

Doch dann kam alles anders und für mich hat sich Van der Bellen schlagartig entzaubert. 11 952 Bürgerinnen und Bürger haben seinen Namen auf den Stimmzetteln eingetragen. Für mich persönlich - nennen Sie es naiv, ich nenne es anders - ist dieses direkte Mandat, dass 11 952 Menschen den Namen eines Mandatars auf einen Stimmzettel schreiben, das höchste Gut, das wir in der Demokratie haben. Das direkte Mandat sollte man mit Demut annehmen und nicht mit Hochmut zurückweisen.

 

Dass es enorm schwierig ist, die notwendigen Stimmen für ein solches Mandat zu bekommen, hat sogar Van der Bellen in einem Interview im Vorfeld der Wahlen selbst zugegeben und damit dem Wahlkampf seinen Respekt erwiesen. Die Devise in seinem Wahlkampf, die „Go Professor go!" lautete, hatte Erfolg. Eines hat er bei jeder Gelegenheit betont, das können Sie auch in einigen Interviews nachlesen, ich habe sehr genau recherchiert: „Sollte ich die Vorzugsstimmen bekommen und es zu Rot-Grün kommen, ziehe ich auf jeden Fall in den Landtag ein." - Der Ausgang ist bekannt. Der Obergrüne schaffte das Traumvorzugsstimmenergebnis und er schaffte es gleichzeitig auch, sich selbst und die Werte der Demokratie ein Stück weit zu entzaubern.

 

Was für mich eigentlich noch viel wichtiger wiegt und eigentlich das Traurigste ist, ist, dass in einer Partei, wo die Integrität jahrelang wie eine Monstranz vor sich hergetragen wird, nun dazu beigetragen wird, dass die Politikverdrossenheit der Menschen immer mehr wird, dass die Leute angefressener sind, und das zu Recht!

 

Leider ist Frau Vassilakou heute nicht da. Das Bemerkenswerte an ihrer Rechtfertigung möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Frau Vassilakou hat gemeint, eine so wichtige Persönlichkeit wie den Professor könne man nicht zum einfachen Gemeinderat machen. Das muss man sich einmal vorstellen. Was will sie uns damit sagen? Ist er zu gescheit, zu eloquent, zu weltgewandt, dass er sich in diesen Niederungen und unter uns Minderbemittelten nicht abmühen soll? Oder ist die Kommunalpolitik nicht ganz so wichtig, geschweige denn, ernst zu nehmen?

 

Also hat man sich halt auf die Suche nach einer passenden angemessenen Position hier im Hause gemacht, damit es nicht ganz so blöd aussieht und in der Hoffnung, damit 11 952 Wähler zu beschwichtigen.

 

Dass das nicht gelungen ist, wissen Sie. Das müssen Sie sowieso Tag für Tag mit Ihren Leuten auszumachen. Aber da habe ich mich nicht einzumischen.

 

Beauftragter für Universitäten und Forschung, so befand man, ist die richtige Position. Um dem Ganzen dann auch die finanzielle Angemessenheit zu geben, hat man halt eine Stabsstelle eingerichtet und sie üppig mit Mitteln ausgestattet. Darüber haben wir heute schon geredet. 210 000 EUR sollen es sein. Man wird allerdings nicht müde, doch noch zu betonen, dass Prof Van der Bellen keinen Cent davon sehen wird, es geht einfach nur um die Infrastruktur. (GR David Ellensohn: Wie viel hat Walter Nettig gekriegt?) - Wir reden hier heute über Prof Van der Bellen. Da waren Sie und ich nicht dabei. Das interessiert mich an dieser Stelle gar nicht. (GR David Ellensohn: Das interessiert uns aber schon!) Lenken Sie nicht von Ihren Umfallern ab. (GR David Ellensohn: Wir überlegen nur, was Sie machen!) - Was ich mache? (GR David Ellensohn: Was die ÖVP macht!) - Wir reden heute hier nicht darüber, was die ÖVP macht. Wir reden darüber, wie ihr im Liegen umfällt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Also gut, es werden jetzt Gespräche geführt. Lobbying. Awareness. Vermittlungsleistungen für die Uni, für den Forschungsstandort. Einen abschließenden Jahresbericht an die Stadträte wird es auch geben. Das Ganze wird, auf die Legislaturperiode hochgerechnet, weit über eine Million Euro kosten.

 

Aber vergessen wir auch die Regierungsmehrheit oder die SPÖ in dieser Causa nicht. Ich habe, als der Akt auf meinen Tisch gekommen ist, den Eindruck gehabt, Sie lehnen sich genüsslich zurück und präsentieren uns die Causa genüsslich zum Ausschlachten. Man hätte es auch irgendwie anders verpacken können. Politisch strategisch mag das zwar richtig sein, ob es mittel- und langfristig gescheit ist, den Juniorpartner in der Koalition so vorzuführen, ist Ihre Sache. Aber in Wahrheit, und das wiegt viel schwerer, wird dem Wissenschafts- und Forschungsstandort Wien damit ein Bärendienst erwiesen, denn in Zeiten knapper Mittel hätten die außeruniversitären Forschungseinrichtungen das Geld wahrlich besser gebrauchen können.

 

Jetzt komme ich zu einem Punkt, den der Kollege Aigner gestern schon angesprochen hat. (GR David Ellensohn: Das Geld ist gut investiert!) - Sie können sich gerne zum Wort melden und sagen, was Sie sagen wollen. - Ich würde mir etwas wünschen, und das ist eigentlich eine Bitte, weil eine Aufforderung steht mir nicht zu. Ich ersuche Herrn Prof Van der Bellen: Verzichten Sie auf die Dotierung für Ihre Stabsstelle und stellen Sie das Geld für die Bildung in Wien zur Verfügung! Stellen Sie das Geld für die 160 Lehrerdienstposten, die im Pflichtschulbereich eingespart werden, zweckgebunden zur Verfügung! Damit können Sie heute etwas für die Bildung tun! (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Sagen Sie das einmal dem Herrn Finanzminister Dr Pröll!) - Wieso put

 

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