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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 78

 

Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Schmalenberg, Ihre Forderung ist bereits umgesetzt, denn dass nur Bedürftige die Sozialhilfe bekommen, das steht im Sozialhilfegesetz. Dazu bedarf es keiner Aufforderung Ihrerseits.

 

Tatsache ist, sehr geehrte Damen und Herren: Die soziale Situation der Menschen ist schlecht und wird schlechter. Ich möchte hier nur zwei Zahlen nennen. Wir hatten im Jänner des Jahres 2000 25 900 Personen, die Sozialhilfeleistungen bezogen haben. Wir haben im Jänner 2004 45 600 Personen gehabt. Das ist eine Steigerung von 76 Prozent.

 

Um diesen Ansturm von bedürftigen Menschen zu bewältigen, gab es eine Reihe von Maßnahmen, die bisher schon gesetzt worden sind, früher noch in der MA 12, jetzt in der MA 15A, im Sinne der Ablaufoptimierung, im Sinne von Vereinfachungen von Bestimmungen, Ausweitungen der Öffnungszeiten, damit eben sozusagen schneller Termine vergeben werden können, eine stärkere Mitwirkung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern auch im Vollzug. Erstmals auch einen Einsatz von Zivildienern, und vor allem, und das halte ich für sehr wichtig, auch eine engere Kooperation mit den Vereinen.

 

Im letzten Herbst wurden schon 15 zusätzliche Dienstposten bewilligt für den Vollzug der Sozialhilfe, und ich kann heute und hier auch sagen, dass bereits weit mehr als 40 Dienstposten zusätzlich bewilligt wurden. Es sind 11 Dienstposten, die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betreffen, und über 30 Dienstposten für die Sozialhilfebearbeitung, und das ist gut, wichtig und richtig so, um das Sozialhilfegesetz so vollziehen zu können, wie es vollzogen werden soll und vollzogen werden muss.

 

Was aber wichtig ist, und das möchte ich insbesondere in Richtung meiner Kollegin Korosec und der Frau Kollegin Schmalenberg, aber stellvertretend für die Parteien, die sie hier vertreten, sagen und heute hier vorbringen, nämlich die Frage, die Sie sich schon stellen müssen, Sie, die ja dafür verantwortlich sind, warum die Situation im Bereich der Sozialhilfe so ist wie sie ist, woran es denn liegt, dass Österreich noch Ende der neunziger Jahre an der Spitze in der Frage der Beschäftigung und in der Frage der niedrigen Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union lag und jetzt ins untere Mittelfeld abgedriftet ist, wieso denn die Arbeitslosigkeit so hoch ist. Und ich kann Ihnen das ganz einfach beantworten: Die Arbeitslosigkeit ist so hoch und steigt bei weitem mehr, als sie im europäischen Durchschnitt steigt, Frau Kollegin Korosec, weil keine Maßnahmen dagegen ergriffen werden. Und wenn Sie mich jetzt fragen, was Wien hier dagegen tut, dann sage ich Ihnen: Zuständig für Arbeitsmarktpolitik, da brauchen Sie sich nur die Bundesverfassung, den Artikel 10 durchzulesen, ist der Bund. Wien macht in diesen Bereichen sehr viel mehr, als wir zuständig sind. Ich würde Sie bitten, einmal nachzurecherchieren, wer denn die 1,5 Milliarden S aus dem AMS ausgeräumt hat. Das war die schwarz-blaue Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die Frage der Jugendarbeitslosigkeit gab es nicht, bevor die schwarz-blaue Bundesregierung angetreten ist. Mittlerweile haben wir es auch geschafft, im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit an den europäischen Standard anzuschließen, was in dieser Frage natürlich negativ zu sehen ist.

 

Wir haben eine Verstärkung der Notstandshilfe. Gerade die Verschärfung der Notstandshilfe führt zu diesem eklatanten Anstieg der Richtsatzergänzungszahlungen im Bereich der Sozialhilfe. Wir haben einen eklatanten Bildungsabbau, und wir haben eine Steuerreform, und damit kommen wir wieder zu der Frage, die uns natürlich hier in Wien hinsichtlich der Finanzen ganz besonders trifft, die zwar den großen Unternehmungen was bringt, die aber insbesondere die Länder und Gemeinden ganz besonders viel kostet. Und die Verwaltungsreform des Bundes schlägt sich jährlich mit 18 Millionen EUR Mehrbelastung im Land Wien nieder. Und all das hat einen Namen, und den braucht man nicht lange zu suchen: Der Name ist schwarz-blaue Bundesregierung. Das heißt, ich würde vorschlagen, dass Sie all Ihre Vorschläge und all Ihre Empörung, die Sie heute und hier darlegen, einfach in Ihren Parteizentralen sagen, denn dort ist der Schlüssel zur Veränderung der Situation. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ein weiterer Punkt, der hier anzuführen ist, ist das Kindergeld. Wir wissen, dass ganz besonders viele Frauen betroffen sind beim Anstieg der Sozialhilfe, weil nämlich die Zeit des Kündigungsschutzes geringer ist als der Bezug des Kindergeldes, und auch das macht sich bemerkbar.

 

Das nächste Damoklesschwert ist der Finanzausgleich. Und ich ersuche Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, mit uns zu kämpfen gegen die antisozialen Maßnahmen dieser Bundesregierung, gegen die Pläne im Finanzausgleich, denn Wien springt hier für ein eklatantes Versagen des Bundes ein, und das müssen Sie hier lösen, nicht wir. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Margulies. Ich erteile es ihm.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dass die Maßnahmen der Bundesregierung maßgeblichen Anteil daran haben, dass in Wien die Anzahl der SozialhilfebezieherInnen steigt, ist kein Geheimnis und stimmt auch.

 

Dies enthebt jedoch meines Erachtens die Sozialdemokratie nicht der Verantwortung, wie mit SozialhilfebezieherInnen umgegangen wird. Jetzt sagen Sie: 40 Dienstposten. Zunächst einmal: Ein Jahr zu spät. Sie wissen, dass die Nachbesetzungen im Vorjahr nicht mehr waren als ein Tropfen auf den heißen Stein, und Sie wissen, dass das beim Vollzug der Sozialhilfe nicht ausgereicht hat, dass die zuständige Abteilung seit gut eineinhalb Jahren getrommelt hat, wir brauchen mehr Personal, und erst wenn das magistratseigene Personalcontrolling feststellt, da fehlen wirklich zumindest

 

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