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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 99

 

geehrte Damen und Herren!

 

Ich war ziemlich beeindruckt von dieser Fragebeantwortung. Ich habe mir eigentlich vorgenommen gehabt, ich werde sie mitschreiben, aber es ist mir einfach nicht gelungen. Das hast du so schnell gesagt, unglaublich. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das steht dann im Protokoll!) Ja, Gott sei Dank, kann ich es nachlesen.

 

Was mich daran beeindruckt hat, war nicht nur die Schnelligkeit, sondern auch die Art und Weise, wie hier über einen, so meine ich, doch ganz gravierenden Konflikt, man will schon fast sagen, darüber geflogen wurde.

 

Viel Lärm um Nichts ist sicher nicht die Sicht der Dinge der Opposition oder auch der Menschen, die in dieser Stadt etwas mit Kulturpolitik zu tun haben. Und man kann jetzt zu schärferen oder weniger scharfen Ausdrücken greifen, ob man es jetzt Management by Chaos nennt oder Possenspiel, ich bin auch immer wieder an die Tschauner’sche Volksbühne erinnert.

 

Es ist etwas vorgefallen, worüber wir reden müssen und mit dem wir uns auseinander setzen müssen. Und zwar deshalb, weil wir nicht nur lernen sollten aus dem, was in den letzten Wochen passiert ist, sondern weil die Menschen in dieser Stadt einen Anspruch darauf haben, dass es so nicht weitergeht. Vielleicht doch noch einmal kurz zur Chronologie der Dinge. (GR Mag Thomas Reindl: Haben wir ohnedies gerade gehabt!)

 

Die Josefstadt wurde ausgeschrieben, indem ein Inserat in einer Zeitung veröffentlicht wurde, auf das sich dann Bewerber und Bewerberinnen gemeldet haben, und was mich sehr verwundert hat, erst nachdem die Bewerbungen eingetroffen sind, wurde die Jury zusammengestellt. Ich will nun wirklich keinen Zweifel an der Untadeligkeit dieser Jury aufkommen lassen, aber grundsätzlich gesehen ist das eine seltsame Vorgangsweise. Wenn ich ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren will, dann muss ich den Bewerbern garantieren können, dass sie wissen, worauf sie sich einlassen und das war hier nicht der Fall.

 

Und wenn Sie mit den Leuten reden, die nicht Direktoren der Josefstadt geworden sind, davon gibt es eine ganze Menge, dann werden Sie erfahren, dass diese nicht nur nicht gewusst haben, worauf sie sich einlassen, sondern sie wissen bis zum heutigen Tag offiziell nicht, dass sie nicht Direktoren geworden sind. (GR Mag Thomas Reindl: Lesen sie nicht die Zeitungen?) Wenn ich jetzt die Zwischenrufe höre, sie lesen nicht die Zeitungen, dann sage ich Ihnen, ich würde es schlichtweg für ein Gebot der Höflichkeit halten, dass man diesen Menschen zumindest einen Ablehnungsbrief schreibt. (GR Gerhard Pfeiffer: Das macht man bei jedem Job so!)

 

Wie mein Kollege aus der ÖVP meint, das mache man bei jedem Job so. Und auch in diesem Fall scheint mir das eine sinnvolle Vorgehensweise, vor allem dann, wenn alles so drunter und drüber zu gehen scheint.

 

Wie war es nun im Fall des Rabenhofs? - Sehr ähnlich. Nicht nur - und die Wurzel des Problems liegt tatsächlich nicht so sehr in der Amtszeit von Mailath-Pokorny, sondern vielmehr in der des Peter Marboe - kam es auch hier zu einer etwas seltsamen Vorgehensweise: Es wurde nämlich mitten im Hochsommer, im August, ich persönlich war auf einer schönen kroatischen Insel, Sie vielleicht woanders, ein Inserat geschalten. In diesem schönen Hochsommer wurden Leute aufgefordert, sich für den Rabenhof zu bewerben. Die haben sich beworben und dann, nachdem die Bewerbungen eingelangt waren, wurde die Jury zusammengestellt.

 

Auch hier will ich keinen Zweifel an der Untadeligkeit der Jury aufkommen lassen, aber eigentlich macht man das schon vorher.

 

Und dann? - Ja, dann hat die Jury nicht das getan, was man von ihr wollte und eigentlich ist das auch seltsam, wenn man bedenkt, dass man üblicherweise einer Jury mitteilt, was sie zu tun hat, weil eine Jury ist ja kein im luftleeren Raum herumfliegendes Gremium, das sich so findet beim Kaffee trinken, sondern eine Jury hat einen Auftrag. Und vielleicht war in diesem Fall der Auftrag nicht klar genug formuliert, vielleicht haben die einfach nicht genau gewusst, was sie tun sollen und vielleicht war das auch gar nicht absichtlich, wahrscheinlich sogar, aber es hat zu dem geführt, mit dem wir uns jetzt konfrontieren müssen. Die Jury hat in dem einen Fall einen Bewerber ausgesucht, der sich gar nicht beworben hatte, und im anderen Fall hat sie statt eines Dreiervorschlags einen Vierervorschlag gemacht. Und das hat bei vielen Menschen in dieser Stadt einen ziemlich schalen Nachgeschmack hinterlassen.

 

Die Kollegen von der ÖVP haben aus den Pressestimmen der letzten Wochen ausführlichst zitiert und ich werde Ihnen das ersparen, aber das Ganze hat schon eine sehr seltsame Optik.

 

Wenn ich gesagt habe, ich war erinnert an ein wienerisches Possenspiel, dann sicher auch deshalb, weil in dieser Stadt Bestellungen von Direktoren natürlich von höchster Wichtigkeit sind. Sie wissen, wir beschließen im Gemeinderat fast jedes Mal 500 Millionen S Subventionen, bei denen niemand auch nur ein Wort sagt, in diesem Fall geht es um viel weniger, aber es ist umso wichtiger.

 

Und nichtsdestotrotz, auch wenn es um weniger Geld geht, dann sind das wohl hochsymbolische Akte, die hier gesetzt werden. Denn ich erinnere mich ganz gut, vor nicht allzu langer Zeit, bin ich in einem gemütlichen Vorstadtlokal gesessen und am Tisch nebenan eine Gruppe von älteren Damen und Herren, die sich wirklich und wahrhaftig eine ganze geschlagene Stunde lang darüber unterhalten haben - das war noch vor den Ausschreibungen -, wie schrecklich es wäre, wenn Peymann nach Wien zurückkommen würde. Ich habe das ziemlich amüsiert verfolgt, das gebe ich zu, aber vielleicht zeigt diese Anekdote, wie wichtig, wie symbolisch wichtig, nun einmal diese Entscheidungen

 

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