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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 138

 

25 Kinder - das ist wohl ein Scherz. Ich denke, es wissen alle, die sich in der Kleinkinderpädagogik auskennen, dass das für die Entwicklung unserer Kinder nicht förderlich ist und dass insbesondere die 3-jährigen Kinder und jene Kinder, die den ganzen Tag im Kindergarten sind, kleinere Gruppen brauchen, um sich wirklich ihren Bedürfnissen nach zu entwickeln und gefördert werden zu können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Zweitens brauchen wir mehr an ausgebildetem Personal und ein Berufsbild für die Helferinnen. All das gibt es nicht; vielleicht steht es im neuen Kinderbetreuungsgesetz. Was den Platz betrifft, halte ich diese 2 Quadratmeter für einen schlechten Scherz, über den ich eigentlich gar nicht mehr reden möchte. Auch das kann geändert werden, wenn der politische Wille dazu besteht.

 

Es ist zu hoffen, dass etwas zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Betreuungspersonen unternommen wird, vor allem in Bezug auf mehr Zeit für Vorbereitung, Teamsitzungen, Elterngespräche und Supervision. All das, was für uns zur Qualität der Kinderbetreuung dazugehört, ist jetzt für die betreuenden Personen mit 25 Kindern oder mehr nicht möglich. Die Lösung, die es jetzt gibt, nämlich diese Teambesprechungen an den autonomen freien Tagen zu machen, ist unserer Meinung nach nicht tragbar. Es muss unterm Jahr Zeit sein, Teamsitzungen abhalten zu können, mit Eltern zu reden, sich weiterzubilden und sich dem pädagogischen Auftrag zu widmen. In der angespannten Personalsituation im öffentlichen Kindergarten ist das im Moment leider nicht möglich. Auch hier ist dem Budgetansatz nicht zu entnehmen, dass sich etwas ändern wird.

 

Zu den Integrationsmaßnahmen: Die Integration der Kinder mit Förderbedarf funktioniert nicht oder nur ganz wenig. Die muttersprachlichen Fachkräfte für Kinder aus MigrantInnenfamilien gibt es einfach nicht. Auch der Antrag der ÖVP ist - obwohl er versucht, hier etwas zu ändern - meiner Meinung nach nicht der richtige Ansatz. Denn ich glaube, wenn wir es mit der Integration der Kinder ernst meinen, müssten wir darauf dringen, dass MigrantInnenfamilien wissen, wie wichtig der Kindergarten für ihre Kinder ist, und nicht ein verpflichtendes Deutsch-Jahr im Kindergarten einführen. Ich glaube, dass das der falsche Weg ist.

 

An dem Antrag wundert mich ein bisschen, dass nur die Mütter eingebunden werden sollen. Was ist mit den Vätern? Sollen die Väter nicht auch eingebunden werden? - Aber ich nehme an, sie sind sowieso dabei, weil ja Väter sich um ihre Kinder kümmern. Ich weiß nicht, ob das wirklich sinnvoll ist. (GR Walter Strobl: Die sind schon integriert! Das haben Sie falsch verstanden! Da geht es um die Integration!)

 

Nur die Mütter sollen wir integrieren, weil die Mütter nicht integriert sind, aber die Väter sowieso integriert sind? (GR Walter Strobl: Die Väter sind am Arbeitsplatz integriert!) Deswegen integrieren wir die Mütter über die Kindergartenbetreuung - auch nicht schlecht! Ich meine, das ist nicht der Bereich, in dem ich die Frauen aus MigrantInnenfamilien haben möchte, dass wir sie nämlich in die Integration im Kindergarten eingliedern. Aber gut, wenn Sie meinen! Ich finde diese Lösung nicht wirklich gelungen.

 

Ein weiterer Punkt, der schon bekannt ist, ist die Berechnung der Elternbeiträge. Nach wie vor werden die Wohnkosten nicht mit eingerechnet.

 

Deswegen stelle ich - wie die GRÜNEN schon oft den Antrag gestellt haben - folgenden Beschlussantrag:

 

"Bei der Berechnung der Höhe des Elternbeitrags für Kinderkrippen, Kindergärten, Horte sowie Lern- und Freizeitklubs wird in Zukunft die Höhe der Wohnkosten berücksichtigt. Die zuständige Magistratsabteilung wird beauftragt, einen konkreten Vorschlag auszuarbeiten, der die Mietkosten beziehungsweise die Rückzahlungskosten für Wohnraumanschaffung berücksichtigt."

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung des Antrags an den GRA für Bildung, Jugend, Soziales, Information und Sport.

 

Zu den Kindergruppen: Der Verein Wiener Kindergruppen - ich hoffe, Sie kennen ihn alle - umfasst im Moment 34 Gruppen. Dieser Verein hat in einer Gruppe durchschnittlich elf Kinder zu betreuen, das ist die Hälfte der Anzahl in den öffentlichen Kindergärten. Zum Konzept dieser Kindergruppen - und das ist ganz wichtig - gehört wesentlich die Mitarbeit der Eltern. Diese kochen, putzen und nehmen auch an der pädagogischen Arbeit teil. Da geht es vor allem darum, die Interessen und Bedürfnisse der Kinder ernst zu nehmen, ihnen soziales und emotionales Lernen genauso wie die kognitive Bildung beizubringen. Die ganzheitliche Förderung dieser Kinder steht wesentlich im Konzept der Kindergruppen.

 

Und was passiert jetzt? - Ihre Arbeit wird erschwert durch die mit dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz herausgegebene Hygienerichtlinie, die diese Arbeit, nämlich diesen ganzheitlichen Förderungsansatz der Kinder, ad absurdum führt. Es wird mit den vielen Anweisungen dieser Hygienerichtlinie der pädagogische Ansatz quasi zunichte gemacht. Denn die Kinder werden nicht mehr zur Selbstverantwortlichkeit und Eigenständigkeit erzogen, sondern es werden Sachen vorgegeben, wie zum Beispiel die, dass Thermostate für die Warmwasser-Entnahmestellen angebracht werden müssen. Ich glaube, es ist für Kinder eine ganz wesentliche Erfahrung in ihrem Leben, dass man sich auch verletzen kann, wenn man nicht aufpasst.

 

Ob daher diese Hygienerichtlinie und der Versuch, im Bereich der Kindergruppen alles zu regeln, wirklich der richtige Schritt ist, frage ich mich schon. Denn selbst Tirol hat ein originelleres und nicht so striktes Jugendwohlfahrtsgesetz. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir in den letzten 30 Jahren in keiner einzigen Kindergruppe weder eine Seuche noch eine Epidemie hatten. Es ginge daher auch ohne solche

 

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