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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 121

 

können wir Protokolle nicht ins Internet stellen, denn das könnten dann auch Nichtwienerinnen und Nichtwiener lesen! - Auch das haben wir repariert. Es ist also ab jetzt rechtlich möglich, dass die Protokolle ins Internet kommen. Also, wenn das nicht eine wirkliche Beweglichkeit und eine Reform darstellt! Da muss ich schon sagen: Da erbebt die Demokratie! (Beifall bei den GRÜNEN und bei Gemeinderäten der ÖVP.) Ja, wunderbar!

 

Die Frist für die Einsichtnahme in Geschäftsstücke wird auf vier Tage verlängert. Auch der Gemeinderat kann jetzt Geschäftsstücke von der Tagesordnung absetzen; bisher war das ausschließliches Recht des Bürgermeisters - wiewohl ich anmerken möchte, um hier eine auf die Zukunft gerichtete Diskussion anzuschneiden, dass die Macht des Bürgermeisters und Landeshauptmanns, die jetzt in einigen Bereichen vom Bürgermeister auf den Landtag und auf den Gemeinderat übergeht, eine extrem hohe ist. Es hatte der Bürgermeister sehr, sehr Recht, als er - und das mag schon etwas heißen, wenn das ein Amtsträger selbst sagt - auf die Frage eines Journalisten, ob er für die Direktwahl des Landeshauptmanns oder Bürgermeisters eintritt, antwortete: Möglicherweise, aber erst dann, wenn er Kompetenzen abgeben muss, sonst sei er wie ein römischer Diktator auf Zeit. - Das möge einem zu denken geben, wie unglaublich stark, im Sinne von autoritär, die Rolle des Landeshauptmanns oder Bürgermeisters in der Verfassung geregelt ist, sodass wir dringend ... (GR DDr Bernhard Görg: ... schon wieder ein Beispiel von Demut!) Na bitte, das wäre ein Beispiel von Demut. Ich meine, ich tu mich da weniger an Befindlichkeiten halten, sondern ich bin ein revolutionärer Verfechter des Rechtsstaates, und bevor ich auf die demütige Interpretation des einen oder des anderen warte, ist es mir lieber, wenn wir das regeln.

 

Ich glaube also, dass noch viele andere Kompetenzen des Bürgermeisters, des Landeshauptmanns verändert werden müssten. Das ist jetzt ein kleiner erster Schritt.

 

Für uns alle angenehm ist auch, dass schriftliche Anfragen jetzt jederzeit eingebracht werden können, nicht nur zu Beginn der Sitzung. Es wird auch die Anzahl der Anfragen, die jeder von uns einbringen kann, erhöht: Statt zwei sind es jetzt drei.

 

Wir haben jetzt endlich geklärt, wie lange eine Fragestunde ist - was eine Stunde ist, das müssen wir nämlich auch noch regeln! -: Sind eine Fragestunde 60 Minuten oder wie ist das? - Auch hier wirkt noch das LIF mittelbar nach, denn wir haben jetzt geregelt, dass mindestens fünf Fragen aufgerufen werden müssen, noch von der Überlegung her, dass es fünf Fraktionen gibt. (GR Dr Helmut GÜNTHER: Das gilt aber nach der Wahl nicht mehr!) Interessant ist hier auch anzumerken, dass Kollege Pöschl so lange durchaus kritisch war, bis er offensichtlich das Unterstützungsangebot, wie auch immer, der SPÖ hatte. An dem Tag war er dann plötzlich streichelweich in Richtung SPÖ/ÖVP. Also auch hier bestimmt das Sein das Bewusstsein! (Heiterkeit und Zwischenruf bei der ÖVP.) - Hier haben wir jetzt ganz klar die Bestimmung, dass fünf Fragen aufgerufen werden. Auch das ist geregelt, was auch ein bisschen auf Zeit gehen wird.

 

Für die Dringliche Anfrage wird die erforderliche Anzahl der Unterschriften herabgesetzt - ich lese das jetzt gar nicht im Detail vor.

 

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass jetzt auch Ersatzmitglieder in den Ausschüssen ein Rederecht haben. Auch das halte ich für einen Fortschritt.

 

Ich muss aber auch Verschlechterungen feststellen - wenngleich wir dennoch zustimmen -: Dringliche Anfragen waren bisher 20 Stunden vor Einreichung abzugeben, jetzt sind es 44 Stunden. Das dehnt etwas den Zeitraum, was insofern kein Vorteil ist, als etwas, was dringlich ist, ja kurzfristig auftaucht. Aber soll sein.

 

Dann gibt es noch eine Reihe von Kleinigkeiten, wie etwa, dass wir jetzt endgültig in Budgetdebatten und Rechnungsabschlussdebatten keine Aktuellen Stunden und Fragestunden haben dürfen; bisher haben wir uns auf diese Vorgehensweise immer geeinigt.

 

Und jetzt sage ich etwas zur Lebensqualität, an alle - ich habe das schon mit Kollegen Hundstorfer besprochen - und auch an die Klubobleute. Das hat jetzt nichts mit der Geschäftsordnungsänderung zu tun, aber es geht um eine Praxis, die ich hiermit einmal mehr anregen möchte - ich habe das zum ersten Mal vor acht Jahren getan -: Ändern wir die Praxis zumindest der Rechnungsabschlussdebatten! Schenken wir uns, den Bediensteten und der Öffentlichkeit einen Lebenstag (Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Gemeinderäten der SPÖ und der ÖVP.), indem wir die Rechnungsabschlüsse vorab ausführlich und interessant in den Ausschüssen diskutieren, wo man wirklich Fragen stellen kann, wo man in die Tiefe geht, und hier im Plenum eine straffe, interessante Generaldebatte durchführen. Schenken wir uns dadurch einen Tag Arbeit - whatever! Dieses Ritual, das wir alle zweimal im Jahr zwei Tage lang vollführen, erfreut sich sehr geringer Beliebtheit. Es ist nur ganz selten, dass 100 Prozent aller Abgeordneten und Mitarbeiter und Journalisten uns Recht geben. Jetzt müssen wir es nur noch tun! (GR Johann Hatzl: Wir waren aber nicht alle einig!) - Bisher waren wir nicht alle einig, aber vielleicht werden wir jetzt alle einig sein. Wir werden darüber diskutieren.

 

Es bleibt weiterhin die Möglichkeit - was aus oppositioneller Sicht wichtig ist -, dass man alle Anträge einbringen kann, aber hier zwei Tage lang bis jeweils 23 oder 24 Uhr eine Debatte zu führen, das ist, glaube ich, nicht der Punkt. Darüber sollten wir - ich habe das mit Kollegen Hundstorfer besprochen - in einer grundsätzlichen Präsidiale gleich zu Beginn des September noch einmal sprechen. Ich bitte Sie alle, in Ihren Klubs darauf hinzuwirken, dass wir diesbezüglich zu einem Ergebnis kommen. Wir, die GRÜNEN,

 

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