Mitschrift

Nur wer einen Standpunkt einnimmt, kann die Geschichte erkennen.

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Wenn man hier diese ruhige Gegend sieht, kann man sich schwer vorstellen, was sich im November 1938 hier ereignet hat.

Der Historiker Robert Streibel beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit der Zeit des Nationalsozialismus. "Standpunkt Geschichte" heißt die von ihm initiierte Gedenkstätte.

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Wir sind hier in der Eitelbergergasse, Ecke Neue-Welt-Gasse. Hinter mir befand sich die Synagoge von Hietzing. Und die Synagoge wurde, wie fast alle Synagogen in Wien, 1938 im November zerstört."

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Das ist hier ein besonderer Ort für mich, denn als Direktor der Volkshochschule habe ich entscheidend dazu beigetragen, dass dieses Denkmal hier errichtet werden konnte. Und so ist es eigentlich immer ein schöner Ort für mich, hierherzukommen, um zu sehen, dass dieses Denkmal steht und ist vielleicht in dem Sinn auch ein Kraftplatz."

Gestaltet wurde das Denkmal vom Künstler Hans Kupelwieser. Die Glasstele erlaubt den Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Ich stamme aus Krems, bin dort geboren und meine Großmutter war bei einem jüdischen Rechtsanwalt Haushaltsgehilfin. Und die hat mir eigentlich sehr früh immer erzählt, wie das war, der November 1938, wie die Nazis gekommen sind, wie sie den Rechtsanwalt niedergeschlagen haben, wie sie das Blut aufwischen musste.
Die Spuren aufzunehmen war für mich eigentlich der Beweggrund, mich mit der Geschichte zu beschäftigen."

Seit 1999 leitet Robert Streibel die Volkshochschule Hietzing. Der Autor mehrerer Geschichtsbücher erhielt im Juni den Leon Zelman-Preis.

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Ich glaube, dass man längst sich davon verabschiedet hat oder verabschieden muss , dass Bildung nur im Klassenraum stattfindet. Also Bildung beginnt vor dem Haus, beginnt auch im öffentlichen Raum. Und daher finden auch diese Aktionen, die wir setzen, in der Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus, im Bezirk statt."

Die Synagoge in Hietzing wurde nur wenige Jahre nach ihrer Errichtung zerstört. Das 2004 errichtete Denkmal hat bereits länger überdauert.

Robert Streibel, Historiker und Autor: "Wie wir die Glasstele hier gesetzt haben, hat jeder gesagt, man kann keine Glasstele in den öffentlichen Raum stellen. Das wird beschmiert, das wird zerstört werden. Und da ich Optimist bin und versuche, an das Gute im Menschen zu glauben, habe ich gesagt, ich glaube, das wird kein Problem werden. Elf Jahre lang ist dieser Glaube nicht getrübt worden. Und das ist doch auch schön."