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Nach der Schleifung der Wiener Stadtmauern entstand rund um die Innenstadt ein Prachtboulevard. 2015 feiert die Wiener Ringstraße nun 150-jähriges Jubiläum. Eine Ausstellung im Jüdischen Museum widmet sich dem Thema.

Gabriele Kohlbauer-Fritz, Kuratorin "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard": "Den Auftakt zum Ausbau der Wiener Ringstraße bildet der Bau der Wiener Votivkirche. Und was wenige wissen, dass auch die Votivkirche eine jüdische Geschichte hat. Nämlich der Grundstein kommt aus Jerusalem. Mosche Mordechai Schnitzer, ein Jerusalemer Künstler, hat den Grundstein aus dem Ölberg gehauen und Ludwig August Frankl, der Archivar und Sekretär der jüdischen Gemeinde war, der hat dafür gesorgt, dass der Grundstein auch nach Wien kam."

Für die Wiener Jüdinnen und Juden wurde in einer Seitengasse der Praterstraße der Leopoldstädter Tempel gebaut. Von Ludwig von Förster, einem der berühmtesten Architekten der Ringstraße.

Gabriele Kohlbauer-Fritz, Kuratorin "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard": "1860 bekamen die Juden die Realbesitzfähigkeit verliehen. Vorher durften sie nicht Grund und Boden besitzen. Mit dem Verkauf von Grundstücken an private Bauherren wurden an der Ringstraße die öffentlichen Bauten finanziert. Die Theater, die Museen, das Parlament, das Rathaus und andere."

Zahlreiche jüdische Palais, Epstein, Todesco oder Schey, prägen bis heute das Stadtbild Wiens. Thematisiert wird auch ein Blick hinter die Fassaden.

Gabriele Kohlbauer-Fritz, Kuratorin "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard": "Einerseits gab's große wichtige Salons, wo Dichterlesungen, Konzerte und Theateraufführungen stattfanden. Andererseits ist es so, dass viele Frauen mit ihrer Rolle nicht zurechtkamen. Das Geschäft war Thema der Männer. Haushalt und Kindererziehung wurde vom Personal erledigt und einer der Auswege war Flucht in die Krankheit, Flucht in die Hysterie. Anna von Lieben war so eine bedeutende Patientin von Sigmund Freud und Joseph Breuer. Sigmund Freud hat sie als seine Lehrmeisterin bezeichnet. Also, sie ist in die Studien der Hysterie eingegangen."

Morphinsüchtig verstarb die Dichterin im 53. Lebensjahr. Während Hysterie als Krankheit der Reichen galt, kämpften die Armen ums Überleben.

Gabriele Kohlbauer-Fritz, Kuratorin "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard": "In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist Wien sehr stark gewachsen. Es kamen Menschen aus allen Teilen der Monarchie auf der Suche nach Arbeit, nach einem besseren Leben. Und die Realität für die meisten Menschen, ob sie jetzt Juden oder Nicht-Juden waren, war, sie waren arm. Und sie sehen hier Bittbriefe von Juden an die jüdische Gemeinde, die nicht wussten, wie sie leben sollten und die um Almosen gebettelt und gefleht haben."

Verstärkt wurde der Niedergang des jüdischen Bürgertums durch die Schrecken des Nationalsozialismus.

Gabriele Kohlbauer-Fritz, Kuratorin "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard": "Sie sehen hier eine Tasse aus dem Hotel Metropol, das wurde 1938 arisiert. Der letzte jüdische Hauptaktionär des Hotels Metropol, Robert Feix, kam ins Konzentrationslager nach Dachau. Er hat es überlebt und hat als Erinnerung an das Hotel diese Tasse bewahren können."

Geschichte und Gegenwart, Glanz- und Schattenseiten: "Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard". Zu sehen im Jüdischen Museum in der Dorotheergasse.

Archiv-Video vom 26.03.2015:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Ringstraße. Ein jüdischer Boulevard

2015 feiert die Wiener Ringstraße nun 150-jähriges Jubiläum. Auch das Jüdische Museum Wien widmet sich diesem Thema. Bei einem Rundgang erfahren wir mehr über die Ausstellung.

Länge: 3 Min. 18 Sek.
Produktionsdatum: 2015
Erstausstrahlung: 27.03.2015
Copyright: Stadt Wien/Bohmann Verlag

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