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Ja, mein Name ist Franz Hengl, ich bin geboren in Grinzing. Bin hier aufgewachsen. Meine Eltern haben Ferdinand und Leopoldine geheißen. Ich habe hier den Kindergarten besucht, die früheste Jugend verbracht, in einer schrecklichen Zeit - Krieg. Und dann Volksschule, Hauptschule, Weinbauschule, Meisterprüfung, auch noch in der Weinbauschule. Bundesheer, dann geheiratet und dann in den Betrieb eingestiegen. Ich bin geboren im Haus meiner Eltern in der Cobenzlgasse Nummer 23. Meine Großeltern haben ein Haus gehabt in der Cobenzlgasse 29, waren auch Weinhauer. Ich hab dort überall meine Jugend verbracht. Ich bin von einem Haus zum anderen gegangen, die waren hinten verbunden mit Wegen bei den Gärten. Im Sommer war das für uns Kinder lustig. Da sind wir bloßfüßig zur Oma gelaufen und dann ins Grinzinger Bad. Und dann in den Wienerwald und zum Bach hinunter. Das war einfach am Land. Man kann sich das heute gar nicht vorstellen. Es war kaum Verkehr, und wir sind auf der Straße herumgelaufen. Haben dort Fußball gespielt und Fangen. Und das war einfach ... .. äh, am Land war das früher. Ein Dorf. Ja, diese alte Weinhauerfamilie hat einen Namen, der über tausend Jahre schon zurückreicht. Weil das Gesetz, einen Buschen hinaus zu hängen, hat schon im 8. Jahrhundert Karl der Große verfügt, im "Capitulare de Vino". Alle, die Wein erzeugt haben und ihn verkaufen wollten, die mussten und durften an einer Stange anzeigen, mit einem Föhrenbuschen, dass sie Wein verkaufen. Und nachdem das so viele waren damals, war das die Berufsgruppe der "Hengler". In verschiedenen Schreibweisen: mit g und k, "Hengel", "Henkel". Und das waren unsere Vorfahren. Und dann ist irgendwann vor tausend Jahren daraus "Hengl" geworden. Und die waren gar nicht alle miteinander verwandt. Und wir sind die Hengls, die am Schluss übergeblieben sind. Und wir sind in Grinzing die letzten Hengls, die noch Wein erzeugen und ihn verkaufen. Die Familienspuren enden in den Chroniken 1683, weil ja alles zerstört worden ist von den Türken. Und es gibt nur mehr in den Stiftschroniken Erwähnungen, 12. Jahrhundert, 13. Jahrhundert. 1137 zum Beispiel, wie die Stephanskirche gebaut worden ist, ist erwähnt worden, dass es damals Weingärten gegeben hat, die bis zum Stephansplatz gereicht haben. Und die, die den Wein erzeugt und verkauft haben, das waren die Henglers. 1137 erwähnt - wir sind so alt wie die Stephanskirche. Und das ist heute ohne jede Bedeutung. Heute hat sich das alles verlagert. Aber es ist vielleicht auch interessant, die Herkunft. Ja, meine Eltern, meine Großeltern, meine Urgroßeltern, Onkel, Tanten, die waren alle Weinhauer, hatten immer alle Heurige. Es war nie eine Frage, dass ich nicht auch Weinhauer werde. Und ich hab das einfach miterlebt in allen Facetten. Die haben natürlich nicht das ganze Jahr über offen gehabt. Die durften nur eine gewisse Zeit offen haben und hatten auch nicht so viel Wein. Aber wenn der Opa zu hat, hat der Papa offen gehabt. Oder die Tante, der Onkel, irgendwer hatte immer offen. Die haben sich auch gegenseitig geholfen. Damals war das ja nicht möglich, Angestellte zu bezahlen. Da hat die ganze Familie mitgeholfen. Die sind alle gekommen und haben in diesen paar Wochen geholfen, den Heurigen zu betreiben. Und lustig war's außerdem - eine Arbeit, aber immer lustig. In jeder Weinhauerfamilie hat's mindestens einen gegeben, der einen Beruf gelernt hat. Fürs Überleben in schlechten Zeiten. Mein Vater hat bei "Gräf & Stift" Automechaniker gelernt. Das war hilfreich, weil wir unsere Maschinen immer selbst repariert haben, auch bei Freunden, Bekannten, Verwandten. Und ich hab also auch sehr viel Liebe zum Automechaniker mitbekommen. Wir haben nach dem Krieg von den Amerikanern die gebrauchten Jeeps gekauft. Und ein Karosseriespengler und ein Tischler haben die Chassis unten verlängert und Plateaus hinten aufgebaut. Und ein Holzführerhaus, weil die Jeeps waren ja offen. Und die haben das serienweise gemacht. Wir haben auch so einen Jeep gehabt, das war für uns ein Evolutionssprung. Der ist über Stock und Stein gefahren, mit Vierradantrieb und Differenzialsperre. Und wenn da was kaputt war, haben wir den ganzen Jeep zerlegt, komplett, bis auf die letzte Schraube, und haben das selber repariert. Ich war stolz drauf. Heute kann man ein Auto nicht mehr zerlegen, ist ja alles elektronisch. Aber damals war's ein Vergnügen, das Auto selbst zu reparieren. Ohne Mechaniker! Ich hab ihn in den 60er Jahren noch nicht allein geführt, sondern mit meinem Bruder, mit meinem Vater, Onkel und Tanten. Wie gesagt, aus den schon genannten Voraussetzungen: gemeinsame Maschinen, gemeinsam den Betrieb. Mit Angestellten war das nicht finanzierbar. Da haben wir halt immer umgebaut. Eine Wohnung umgebaut, ein Stüberl dazu gemacht. Das sind heute noch Stübchen, die die Leute mögen. Wir wollten modernisieren, aber alle sagen: Bitte lasst es, wie es ist. Und jetzt kommen die Asiaten, die wollen das auch. Die alten Stüberl, die noch einen eigenen Geruch haben. Wenn die leer stehen, muffeln die direkt. Die wollen das, das ist original. Mein Vater hat unten das Nebenhaus von seiner Tante geerbt, von der Anna Hengl. Das sind zwei Häuser nebeneinander. Und dieses Haus hat meiner Frau gehört, obwohl sie Nussdorferin war. Die ist von den Russen ermordet worden, eine grausliche Geschichte, kann man nicht lustig erzählen. Und sie wollte hier eigentlich gar nicht her, in das Haus. Wir haben die Häuser dann verbunden und ausgebaut. Ja, meine Frau ist auch Tochter einer Weinhauerfamilie aus Nussdorf. Die also auch die Liebe für den Beruf mitgebracht hat. Und die bis heute im Betrieb tätig ist. Und sich auch nichts anderes vorstellen kann. Und meine Kinder sind zum Teil auch im Betrieb. Und meine Enkelkinder, einer ist 21, der schließt jetzt auch die Weinbauschule in Krems ab. Und der Zweite ist auch in Krems, in der Hotelfachschule, der ist 18. Und nachdem der Wein die beste Medizin ist, hat also die älteste Enkeltochter mit 25 jetzt das Medizinstudium abgeschlossen. Ja, der Krieg war furchtbar. Bei uns waren schwere Kämpfe, über dem Luftverteidigungszentrum am Cobenzl. Da war sogar ein Flugplatz oben für Kurierflugzeuge, für das Oberkommando am Cobenzl. Die sind gelandet oben am Cobenzl, am Reisenbergweg. Diese leichten Fieseler-Storch-Flugzeuge. Ich hab das als Kind alles miterlebt. Und da waren sehr, sehr schwere Kämpfe. Und nach dem Krieg sind überall sehr viele abgeschossene, vor allem russische Panzer gestanden. Und niemand hat das ausgeräumt. Da waren noch scharfe Waffen drinnen. Zwei Kinder aus meinem Nachbarhaus sind da rauf haben mit Handgranaten gespielt und sind zerrissen worden. Das sind also keine sehr lustigen Erinnerungen. Aber ich hab das halt alles hautnah miterlebt. Und wir waren also froh, als der Krieg dann vorbei war. Und dann sind als Erstes die Russen gekommen. Alle haben Angst gehabt, besonders die Frauen, die mussten sich rund um die Uhr verstecken vor den Russen. Und zu uns als Kinder waren die Russen eigentlich ... .. ganz lieb und haben uns nach langer Zeit was zu essen gebracht. Also die Russen haben auf der Straße Pferde, die herumgelaufen sind, erschossen, eingefangen oder sonst geschlachtet, das Fleisch dann zerteilt, und die großen Stücke für sich selber zum Essen verwendet. Und den Leuten, die ihnen sympathisch waren und wo Kinder waren, gebracht. Ich hab das noch vor Augen, als Kind: Wir hatten einen schönen Schreibtisch mit einer Filzauflage oben. Und die haben ein blutiges Stück Pferdefleisch draufgelegt, zerschnitten und zerteilt und uns dann gegeben. Überall ist das Blut hinuntergeronnen vom Schreibtisch. Wir konnten den nie wieder richtig reinigen. Aber sie haben uns was zu essen gegeben. Es hat ja auch Pferde gegeben, die bei den Kämpfen irrtümlich erschossen wurden. Und auch die sind nicht lang gelegen, weil die Leute haben ja nichts zu essen gehabt. Das haben alle zerteilt, nicht nur die Russen. Das war eine blutige Geschichte. Es gab keinen Kanal, nur einen Bach. Da ist das Blut hinuntergeronnen. Als die Russen abgezogen sind, weil die Zonen anders eingeteilt wurden, sind die Amerikaner gekommen. Die Amerikaner haben halt alles gehabt, die Russen haben nix gehabt. Und als sie eingezogen sind in die Besatzungszonen, haben sie Kaugummis und Schokolade geschmissen, die Kinder sind hinten nach, in ganzen Horden, bis ins Lager am Cobenzl oben. Das waren halt für uns paradiesische Zustände, weil sie die Kinder alle sehr gut behandelt haben. Da war natürlich sehr viel Psychologie dabei, dass sie an die Erwachsenen herankommen, aber ... Kinder sind halt überall beliebt. Auf der ganzen Welt, egal welche Besatzungsmächte wo sind, die Kinder werden halt meistens gut behandelt. Und wir haben sehr viel davon profitiert. Und dann haben sie so Kinderjausen organisiert, über die Schulen und auch außerhalb davon. Und die haben einen Kakao gehabt, den hab ich bis heute nie mehr bekommen! Der war so gut, und es war so eine schlechte Zeit, dass man den Geschmack noch im Gehirn gespeichert hat. So einen Kakao hab ich nie mehr wieder getrunken wie bei den Amerikanern! Und dann hat's Kuchen gegeben und Vanillesauce. Und ich hab auch nie mehr wieder im Leben so eine Vanillesauce bekommen. Bei uns wird die tonnenweise verkauft. Von verschiedenen Fabrikaten, selbstgemacht, usw. Aber so eine gute Vanillesauce wie damals hab ich nie mehr bekommen. Weil der Eindruck anders war, wahrscheinlich, nicht? Unsere ist heute vielleicht nicht schlechter wie die damalige, aber damals war das einfach eine derart schlechte Zeit, das war für uns das Paradies. Zwei Jahre war ich zu Hause, das war damals die Regel. Dass man nach Abschluss der Hauptschule oder anderer Schulen dann zwei Jahre, wenn man Weinbau betreiben will, daheim Praxis macht. G'scheit wäre gewesen, irgendwo anders Praxis zu machen, aber es war notwendig, weil die Arbeitskraft gebraucht wurde. Mein Vater hätte mich nicht weggelassen, ich war ein billiger Arbeiter. Da war ich eben zwei Jahre zu Hause auf Praxis. In den Winterhalbjahren bin ich nach Krems in die Weinbauschule gegangen. Und hab später erst dann die Weinbau- und Kellerei-Meisterprüfung in Klosterneuburg abgelegt. Dann war Bundesheer, und dann hab ich schon geheiratet. Ja, in die Hauptschule bin ich mit der Straßenbahn gefahren. Und nach Krems hab ich dann schon einen Führerschein für Moped gehabt. Da bin ich in den warmen Zeiten, im Herbst und im Frühjahr, mit dem Moped nach Krems gefahren. Ist ja nix dabei, das war ja lustig. Oder mit der Bahn, wenn's sehr kalt war. In den Wintermonaten. Und war dann im Internat die ganze Woche. Ich bin dann nur zum Wochenende hergefahren. Ja, in den ersten Jahren, wo das begonnen hat, das Bundesheer, da wurde ich auch einberufen. Ich war dann in Allentsteig bei der Versorgung. Hab dort wieder Weinhauer kennengelernt und Landwirte, mit denen ich mich sehr gut vertragen habe. Dann bin ich versetzt worden zur Sanität. Und war dann zuletzt in Stammersdorf. Da hab ich dann als Sanitäter abgerüstet. Das war dann gemütlicher, da konnte ich jeden Tag nach Hause fahren. Die Weinhauer waren eigentlich immer alle arm, mit wenigen Ausnahmen und haben sich was dazuverdienen müssen. Und haben auch bei Lebensmitteln und Lebenserhaltungskosten sparen müssen. Da haben fast alle Tiere gehabt: Hasen, Hühner, Enten, Gänse, die geschlachtet wurden, manche Ziegen. Einige haben sogar Kühe gehabt und die Milch verkauft. Und haben auch Wiesen gehabt, damit sie für die Tiere Gras hatten. Und jeder hat einen Garten gehabt mit Obst und Gemüse. Und wir haben sogar im Weingarten, zwischen den Stöcken, verschiedene Gemüsesorten gehabt und geerntet. Was natürlich in der Nachkriegszeit sehr positiv war. Und, äh, wir haben aber selbst keine Kuh gehabt. Und ich bin als Kind, so wie viele andere Kinder, bloßfüßig mit dem Fahrrad mit einer blechernen Milchkanne zu einem kleinen Bauern gefahren, der da hinten war. Der hat einige Kühe gehabt. Und ich hab dort die Milch geholt, so wie viele andere. Wir haben viel Hetz gehabt, wenn wir uns getroffen haben, die ganzen Buben und Mädels mit den Milchkannen. Ja, das sind also lustige Erinnerungen. Ja, es ist so, dass es in den meisten Häusern als Nebenerwerb nicht nur Tiere gegeben hat, sondern auch kleine Sommerwohnungen, die dann teilweise ganzjährig vermietet worden sind. Substandardwohnungen, ohne Wasser, ohne WC, Zimmer, Küche. Das war halt ein bissel ein Nebenerwerb. Und als sich das Geschäft vergrößert hat, weil die Stadt Wien das wollte, dass wir Autobusse auch nehmen können, haben wir eben aus diesen Wohnungen in allen Häusern in Grinzing Lokale gemacht. Und jetzt ist also wieder eine Umkehr. Jetzt sind zu viele Lokale gewesen und zu viele große Lokale, jetzt entstehen aus den Häusern wieder Wohnungen. So ist also der Wandel der Zeit. Die Weinstöcke waren früher alle so eng gesetzt, da konnte man nicht mal mit einem Pferd durchfahren. Das war nur möglich, das mit der Hand zu bearbeiten. Erst in den 60ern hat man begonnen, jede zweite Reihe wegzunehmen. Das war eine Revolution. Die alten Weinhauer haben gesagt: Seids blöd? Und, ja - es war einfach nicht anders möglich. Man musste Platz schaffen, um mit Maschinen durchzufahren. Zuerst ist man mit Pferden durchgefahren, in Deutschland. In Österreich war das weniger bekannt. Man ist mit einem Pflug mit dem Pferd durchgefahren und hat den Boden bearbeitet. Später erst sind Maschinen gekommen. Und dazu war es notwendig, dass sich einige zusammen die Maschinen kaufen. Bei uns waren das die Eltern und Großeltern. Und Onkel, Tanten und Geschwister. Wir haben uns zusammen Maschinen gekauft. Die sind ja dann immer größer geworden. Die Flächen sind auch immer größer geworden. Es ist mehr Wein produziert worden. Dann hat die Stadt Wien gesagt, wir sollen die Lokale ausbauen, um auch Touristen bewirten zu können. Was früher nie war: Vor 60, 70 Jahren gab's keine Touristen hier. Die sind mit dem Bus auf die Höhenstraße gefahren und wieder weg. Und die wollten in Grinzing auch bewirtet werden. Da hat die Stadt Wien gesagt: Bitte, baut die Betriebe aus. Damit wir also auch Touristen bewirten können. Dazu haben wir dann auch wieder mehr Wein gebraucht. Eins ist zum anderen gegangen: Die Flächen wurden vergrößert, um die Maschinen einsetzen zu können. Mehr produzierter Wein, heißt mehr Gäste. So sind eins ums andere die Betriebe größer geworden, und die kleineren haben aufgehört. Das war eine kuriose Zeit. Damals durften die Weinhauer nur Wein verkaufen, kein Essen. Die Gäste schwärmen heute noch von der goldenen Zeit, wo sie in Körben das Essen mitgebracht haben. Und wir mussten Teller, Besteck, Servietten zu Verfügung stellen, und das nachher wegräumen und waschen. Und sie haben nur unseren Wein getrunken! Das ist heute undenkbar - wovon sollten wir leben? Wir leben heute mehr vom Essen als vom Wein. Aber es war trotzdem irgendwie lustig. Die Leute haben immer die besten Leckereien mitgebracht, und ich hab immer mitnaschen dürfen. Das hat begonnen in den 60er Jahren, und zwar schrittweise. Es haben viele darum gekämpft, die größere Betriebe hatten. Weil es einfach nicht mehr ... Man konnte nix mehr verdienen allein mit dem Wein. Man konnte den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Es war unerträglich, zu sehen, dass die Leute mit Essen gekommen sind, und jeder hätte das gerne verkauft. Und drum ist der Gesetzgeber gezwungen worden, langsam, schrittweise das zu lockern. Sodass wir dann wenigstens kalte Speisen angeboten haben. Dann mit einem kleinen warmen Angebot. Das ist ja dann immer mehr aufgeweicht worden. Und ... jetzt ist es eben so, wie's ist. Es war unbedingt notwendig, von der Handarbeit wegzukommen, weil es nicht mehr leistbar war. Man hat keine Arbeitskräfte gefunden, es war zu teuer, wir mussten auf Maschinen umstellen. Die Umstellung hat bedingt, dass man größere Flächen hat. Jetzt hat man - meist in der Familie - die Flächen zusammengelegt, damit man diese Maschinen rationell einsetzen und gemeinsam zahlen kann. Das hat dann eine größere Weinmenge gebracht, und in dieser Situation hat eben die Stadt Wien, vielleicht ohne das zu beachten oder dran zu denken, empfohlen: Baut eure Lokale aus! Dann können Bustouristen auch kommen. Die wollen bei euch bewirtet werden und Wein trinken. Dann haben wir größere Weinmengen und größere Gästemengen gehabt, das hat gut zusammengepasst. Ja, es war einfach eine Aufbruchsstimmung. Die Stadt Wien wollte das, und wir haben das gemacht. Wir haben nur leider bis heute keine Garage für die Busse, weil die ist vollkommen verbaut. Stockbusse können nicht hinein, Busse mit drei Achsen auch nicht, wenn sie zu lang sind. Und jetzt reduziert sich das Busge- schäft Gott sei Dank wieder langsam. Es entsteht ein Rückbau. Es ist einfach eine Strukturänderung im Moment in Gange. Aber damals, das war so das Highlife in Grinzing. Da hat es sich abgespielt, weil es ja auch in Wien wenige Lokale gab. Es gibt ja heute 10.000 Lokale in Wien, wo jährlich ungefähr 1000 zusperren, und 1000 wieder neu aufmachen. Aber damals hat sich das konzentriert in den Heurigenorten: Nussdorf, Heiligenstadt, Grinzing, Sievering, Neustift. Grinzing war immer das Highlife, schon in der Monarchie. Der Graf Cobenzl hat ja da Feste gefeiert, wo die ganze theresianische und josephinische Gesellschaft dabei war. Er hat Mozart auf den Cobenzl eingeladen. Grinzing war in puncto Feste immer Highlife. In der Himmelstraße 11 steht immer noch das Jagdschloss Maria Theresias. Die Maria Theresia ist ausgeritten in die Wildgrube auf die Jagd. Das ist schon hier ein Kristallisationspunkt. Das geht 2000 Jahre zurück, zu den Römern und zu den Kelten. Leopoldsberg, Kahlenberg, Cobenzl, Grinzing, das war gegenüber anderen Weinorten ... immer Highlife. Und in den 60er Jahren hat sich das dann konzentriert. Da sind dann die Touristen dazu- gekommen, aber auch Einzeltouristen. Wenn Wiener Gäste ausländische Gäste hatten, haben sie die natürlich auch mit zum Heurigen genommen. Und damals wie heute sagen die Leute: Das gibt es nicht, dass es so etwas gibt. Auf der ganzen Welt nicht. Die Verbindung mit dem Wein, die Umgebung, die Atmosphäre und die Musik, die Wiener Musik. Musik gibt's überall, auch in anderen Weinorten, in Spanien, Italien, Deutschland, aber die Wiener Musik hat irgendwas Besonderes. Da fällt mir so eine interessante G'schicht ein: Ein Onkel von mir, der war gelernter Maurer und bei der niederösterreichischen Landesregierung beschäftigt, im Landesmuseum, in der Herrengasse. Der war beauftragt, in ganz Niederösterreich Baudenkmäler instand zu halten. Der ist hingefahren, hat sich das angeschaut, Baumaterial aufgeladen und Helfer und hat das da und dort gemacht. Ob das jetzt ein hohler Baum war, der ausgemauert werden muss, damit er nicht umfällt, oder irgendwelche anderen Baulichkeiten. Der hat in seiner Freizeit fast ganz Grinzing aufgebaut nach dem Krieg. Fast jeder Heurige in Grinzing hat irgendwelche Räume gehabt, die mein Onkel gebaut hat. Das ist unglaublich. Und da gibt's eine lustige Geschichte: So viele Hengls es gegeben hat, so viele Wagners hat's auch gegeben. Den Muckenthaler Wagner und den Feuerwehr Wagner und den Wagner Michl und den Wagner in der Paradisgasse und so weiter. Der Wagner Michl hat ein ganz kleines Häusl gehabt am Reisenbergweg, beim Grinzinger Bad, wo man zum Cobenzl fahrt. Und er hatte das mit meinem Onkel auch ein bissel vergrößert. Und mit Bauplänen und so das ein bissel gemacht. Und in der Cobenzlgasse, vis-à-vis von meinem Elternhaus, war auch ein kleiner Heuriger. Da sinds bei der offenen Tür gesessen, haben Karten gespielt und geschaut, wer vorbeigeht. Es gab ja keine Autos, keinen sonstigen Verkehr, nur Fußgänger. Und sie haben mir die G'schicht erzählt, wie dieser Zubau von der Baupolizei hätte besichtigt werden sollen. Da haben sie den eingeladen, er soll kurz ein Glasl Wein trinken, dieser Beamte von der Baupolizei. Und der ist überhaupt niemals auf diese Baustelle gekommen, nicht? Voll besoffen ... habens ihn dann nach Hause gebracht. Und heute steht der Heurige noch immer oben. Das ist einfach ein super Lage, da oben am Reisenberg. Und ich hab hautnah miterlebt, wie das damals aufgebaut wurde. Das Kartenspiel, das war damals, in den schlechten Zeiten, einfach ... .. mh, ein Kult, ja? Und mein Vater hat auch gerne und oft Karten gespielt. Der hat sogar Geld verdient damit. Es ist nur notwendig, dass man sich die Karten merkt beim Schnapsen. Das ist ja eine Hirnsache, keine Glückssache. Zu wissen, welche Karten kann's noch geben, welche sind schon gefallen. Und nebenberuflich waren die auch alle Kellner, die Weinhauer. Mein Vater war nebenbei Kellner und hat ausgeholfen in anderen Lokalen. Mein Onkel, und der Onkel vom Pfarrplatz unten, der Beethovenhaus. Der war sehr gut befreundet mit dem Figl, der auch gern geschnapst hat. Sonntagvormittag haben die alle geschnapst: mein Vater, der Figl, mein Onkel, der Fassbinder, Mandahus. Das war also einfach ein Kult. Wenn der nichts anderes zu tun gehabt hat, war ihm das Liebste am Sonntagvormittag Kartenspielen beim Mayer am Pfarrplatz. Und als es zum Staatsvertrag gekommen ist, hab ich das als Kind hautnah miterlebt, weil sie sich's ja am Sonntag immer erzählt haben, untereinander. Wie sie die Russen immer eingeladen und die ganze Nacht mit ihnen gesoffen haben, im Stüberl oben, im ersten Stock. In der Wohnung von meinem Onkel, dem Pfarrplatz-Mayer. Und natürlich wollten die eine neutrale Zone haben, die Russen. Das war keine Frage. Die haben sich nicht nur vom Mayer und vom Figl überzeugen lassen. Die wollten schon, aber dass es dann dazu gekommen ist, ist beim Heurigen passiert. Die haben sich zu Tode gesoffen mit Grinzinger Wein und selbstgebranntem Schnaps, weil die den so gern getrunken haben. Und es gibt ja nicht nur einen guten russischen Wodka, sondern einen Selbstgebrannten, einen "Söberbrennd'n", wie die Weinhauer sagen. Und die haben die Russen zugeschüttet mit dem Schnaps und dem Wein. Und sogar der Molotow war da oben, bevor das offiziell unterschrieben wurde. Der Staatsvertrag ist beim Pfarrplatz-Mayer, bei meinem Onkel, ausgehandelt worden. Das ist ein Faktum, das ist wahr. Ja, die Zeit der Schrammelmusiker war so, dass die Schrammelmusiker im Quartett gespielt haben. Und zwar konzertant am Beginn des Abends auf der Bühne. Und die konnten nur spielen, wenn die Leut' eine Ruh gegeben haben, weil das ja praktisch ein Konzert war. Und wenn die Leute den Mund nicht gehalten haben, mit den Gläsern gescheppert, oder die Kellner herumgerannt sind usw., dann hat der alte Schrammel die Geige genommen und dreimal mit dem Geigenbogen draufgeklopft. Und wenn's immer noch nicht ruhig war, haben sie aufgehört zu spielen. Dann haben die Leute kapiert: Sie müssen ruhig sein, sonst spielen sie nicht. Nach dem Konzert sind sie von der Bühne gegangen, von Tisch zu Tisch, haben gespielt und Trinkgeld bekommen. Aber wenn sie auf der Bühne gespielt haben, mussten die Leut' zuhören. Da musste Disziplin herrschen. Sonst können die nicht spielen. Ja, ich hab das hautnah erlebt. Bei uns war alles, quer durch, bei uns beim Heurigen. Mein Vater war ein sehr umtriebiger und äh ... .. kontaktfreudiger Mensch. Der ist ein paar Mal in der Woche in verschiedene Kaffeehäuser gegangen und hat mit den Leuten dort Domino und Karten gespielt. Und hat gesagt: Kommts zu mir zum Heurigen! Und so weiter. Und der war auf jedem wichtigen Fußballmatch. Und ich kann mich heute nicht mehr erinnern, dass es ein Lokal gibt, wo alle wesentlichen Vereine - Funktionäre, Spieler, Anhänger - zum Heurigen gekommen sind. Bei uns waren alle! Er war sogar Funktionär von der Vienna und ist da als Reiseleiter herumgereist in der Welt. Bei uns waren die erbittertsten Feinde: Rapid-Spieler, Austria-Spieler, alle. Der Ocwirk, der Kominek, das waren väterliche Freunde von mir. Die haben gewohnt bei uns, ja? Und wenn die ein Europacupmatch gehabt haben, was weiß ich, Benfica Lissabon, Real Madrid oder sonst irgendwas, war das Bankett bei uns im Heurigen. Da ist natürlich die ganze "Galerie", wie man in Wien sagt, auch hintennach gekommen. Wir haben super Musiker gehabt, die super Musik gemacht haben, und alles. Da bei unserem Nachbarn ist der Bundeskanzler neben den Zuhältern und Edelnutten gesessen. Das ist eben so. Das ist "the life". Das war einfach so, und ... Ich kann mich erinnern, das Grinzinger Bad haben wir dann damals übernommen. Das war ein bissel desolat. Und da hat die Vivi Bach mit mir die Kabinen angestrichen. Die Playboys haben das Grinzinger Bad geführt, und ich hab das Buffet gehabt. Und da gibt's also unzählige G'schichten und G'schichteln damals. Also, es war einfach quer durch alles. Karriere? Meine Karriere ist: Ich hab alles verloren. Ich hab alles falsch gemacht, weil ich nicht erkannt habe, dass eine Familie wichtiger sein muss, und das eigene Leben, als das Anliegen, einen Ort zu erhalten. Noch dazu, wo ich zum Schluss draufgekommen bin, dass der Ort sich selbst erhält. Das kann man ja keinem erzählen, das glaubt keiner. Ich hab das die ganzen Jahrzehnte verfolgt. Und der Michael befasst sich sehr mit diesen esoterischen Dingen, mit den Erdstrahlen, der Geomantie, und so weiter. Alle Feinde, die Grinzing bekämpft haben oder sich bereichern wollten, die sind alle schrecklich gestorben. Alle zugrunde gegangen, in Konkurs gegangen. Also bin ich dann draufgekommen nach Jahrzehnten, ich hätte dafür gar nicht kämpfen brauchen, weil sich Grinzing selbst verteidigt. Das kann man niemandem sagen, das ist aber auch eine Materie. Jede Materie hat auch etwas in sich, ob das jetzt Pflanzen sind, Tiere oder Menschen. Das ist ja auch Materie hier, diese Häuser und dieser Ort. Und ich bin draufgekommen, dass der ganze Kampf von mir vergeblich war. Ich hab alles verloren. Ich hab Ihnen ja erzählt, was ich alles mitgemacht habe. Das war alles vergeblich und wär gar nicht notwendig gewesen. Grinzing ist unsterblich: Es wird was weggerissen und was Neues gebaut. Aber verglichen heute mit den anderen Weinorten, werden dort mehr Betriebe geschlossen, und es kommen keine neuen nach. Und die Substanz von Grinzing bleibt scheinbar erhalten. Grinzing ist 1891 eingemeindet worden, so wie viele andere Gemeinden rund um Wien in der Monarchie, und hat aufgehört, eine eigene Gemeinde zu sein. Früher haben also die größten Flächen der Gemeinde Grinzing gehört. Grinzing ist größer als Monaco, drei Quadratkilometer groß, und ist durch die Baugrundpreise, und weil Grinzing so schön ist, heute wertvoller als Kitzbühel und Salzburg. Alle wollen in Grinzing in der Himmelstraße wohnen. Oder in der Cobenzlgasse oder beim Krapfenwald. Und inzwischen zahlen Araber und Russen und Chinesen und sonstige Leute, die sehr viel Geld haben, einfach Preise, um Grundstücke zu kaufen, jenseits von Gut und Böse. Unvorstellbar! Wir haben inzwischen zehn arabische Botschaften, Konsulate und Residenzen in Grinzing. Meistens arabisch-islamistische. Zum Grinzinger Pfarrer sag ich immer: Wir sind schon umzingelt, die Grinzinger Kirche ist schon umzingelt von Islamisten. Obwohl die alle zum Heurigen gehen, Gott sei Dank. Aber nur ist es so: Die meisten Grundstücke, die vorher zu Grinzing gehört haben, sind jetzt an die Stadt Wien gefallen. Und die Gemeinde Wien ist so wie alle Gemeinden in Österreich: Die müssen halt schauen, dass sie ihre Schulden zahlen können. Und da geht es um Milliarden, um viele Milliarden. Nicht nur um die Katastralgemeinde Grinzing, sondern um die angrenzenden Gebiete: Nussdorf, Heiligenstadt, Kahlenberger Dorf, Sievering, Neustift usw. Das ist ja ein riesiger Block. Und hier müssen die Leute, die an dem ja viel Geld verdienen, die Realitätenvermittler, Bau- konzerne, Banken und Versicherungen schauen, wo sie hier die besten Grundstücke kriegen. Und die kaufen auch Grünflächen, besonders Russen und Araber kaufen jede Menge Grünfläche. Auch schon zum Teil zum Baugrundpreis. Obwohl sie wissen, sie können dort nicht so schnell bauen. Das wird nicht so schnell umgewidmet. Aber es gibt unzählige kleine Flächen, die umgewidmet worden sind, obwohl sie Grünland sind, weil's im Gemeinderat heißt: Na ja, das ist das eine Stück, daneben steht eh schon ein Haus, und das übernächste auch. Und so geht das stückweise. Ich hab Pläne machen lassen, dass man sieht, wie das hineinwächst in den Wienerwald. Grinzing ist begrenzt durch die Donau, die Stadt Wien und den Wienerwald. Im Wienerwald geht nix, aber dazwischen, das wird wie in einer Weinpresse zusammengepresst. Und immer mehr rote Fahnen hineingesteckt, man sieht, was hier an Bautätigkeit in Milliardenhöhe ist. Und da sind Mächte dahinter, die ich also nicht geglaubt habe. Und ich hab mich mit denen eingelassen und die haben mich ... wollten mich ... abtöten. Und ich hab es gerade noch überlebt. Ich hätte früher drüber lachen sollen und sagen: Grinzing braucht mich gar nicht. Ich hätte die Dinge geschehen lassen können und immer nur sehen, wie sich das entwickelt, dass sich alle Feinde von Grinzing selbst eliminieren. Die Gier nach dem Geld ist ungesund. Und alle, die die Natur und den Ort Grinzing geliebt haben, als Solches, die haben alle überlebt. Na, ich hab gestern einen Brief an den Rompuy geschrieben, den Präsidenten der Europäischen Union, der irgendwie, wie soll ich sagen, nicht so richtig ernstgenommen wird. Aber der wird total unterschätzt. Der ist wirklich einer, der im Hintergrund arbeitet. Er ist ein Machertyp, der sehr viele Dinge schon auf den Weg gebracht hat. Vor den Konferenzen. Weil wenn das besprochen ist, steht er auf und geht. Der nimmt gar nicht dran teil, weil er sich nicht ärgern will. Und dem hab ich geschrieben: Wir hoffen auf sein Verständnis, dass man dieses Grinzing für ganz Europa und für die ganze Welt erhält. Das ist ein Kulturplatz. Grinzing ist Kultur. Grinzing ist Europa. Und "geistiges" Weltzentrum - unter Anführungszeichen wegen des Weingeists. Aber auch von Mozart, Schubert, Beethoven, Einstein, Freud. Gödel hat viele Jahre in Grinzing gelebt. Und ohne seine Berechnungen könnte man keine Computer bauen. Die waren dann beide in Amerika an der Princeton University, der Einstein und der Gödel. Haben sich hier nicht getroffen und nicht gekannt. Und da gibt's also Dokumentationen, - mir fällt das Wort nicht ein - also Beschreibungen darüber, dass der Einstein gesagt hat: Seitdem ich den Kurt kenne, interessieren mich meine eigenen Forschungen überhaupt nicht mehr. Weil der so irr drüber war. Und die Geomantie belegt das. Die sagt, das ist hier ein eigener Platz. Drum wird das einfach angezogen. Und das zieht auch die Touristen so an. Die sagen, sie kommen in der ganzen Welt herum, aber das ist einmalig. Das muss man fühlen, das kann man nicht beschreiben. Drum hab ich dem Rompuy geschrieben, um sein Interesse auf Grinzing zu lenken. Das ist europäisches und Weltkulturgut. Er soll sich was einfallen lassen. Er soll uns moralisch unterstützen, oder vielleicht fällt ihm sonst noch was ein. Jetzt haben wir dem US-Präsidenten einen Weinstock geschenkt. Für den russischen Präsidenten Putin haben wir sogar einen eigenen Wein gemacht. Die Bouteille mit dem Putin-Wein haben wir unlängst dem russischen Botschafter gegeben. Und dem chinesischen, und jetzt dem Rompuy. Und wir haben drei Päpste, die Grinzing-Freunde sind. Wir haben ein herrliches Foto, wie Papst Johannes Paul diese Urkunde bekommen hat und übers ganze Gesicht lacht. Von Benedikt haben wir einen Brief aus dem Vatikan bekommen, dass er sich herzlich für den Weinstock in Grinzing bedankt. Und er segnet alle Mitglieder unserer Vereinigung. Jetzt haben wir schon für Franziskus ein Weinstockschild montiert. Und in den nächsten Tagen werden wir die Urkunden dem Monsignore Gänswein schicken. Inzwischen ist er ja ... Erzbischof geworden. Der kann ihm das geben. Und ich bin sicher, dass sich der dritte Papst auch freuen wird über seinen Weinstock. Dann machen wir hier eine Weltfriedenskonferenz mit Grinzinger Wein und Wiener Musik. Und ein Freund von mir ist pensionierter Journalist von der deutschen Zeitung "Die Welt". Und der hat ein "Schrammelmusical" komponiert. Arrangiert für Quartett, das heißt: "Grinzing rettet die Welt". Und da gibt's ein paar Songs drinnen, Titelsong ist: "I kann ohne Grinzing einfach ned existieren". Und: "Draußt in Grinzing bei der 38er-Endstation wehen die Flaggen unserer heißgeliebten Weinnation". Der hat auch als Journalist, der viel herumgekommen ist, das so gefühlt, und als Musiker, dass das wirklich was Besonderes ist. Und die Bestätigung hör ich von unseren ausländischen Gästen, besonders aus Asien, die sagen: Das ist für uns das Paradies. Wie ich schon gesagt habe, das gibt es woanders nicht. Die reisen viel herum in der Welt, aber die Kombination mit der Landschaft, mit der Atmosphäre, mit dem Wein und mit der Wiener Musik, diese Kombination gibt's nirgends. Und die jungen Mädel aus Japan, die sitzen oft und weinen nach einem Viertel. Vor Rührung, dass es da so schön ist bei uns. Wir lassen das oft übersetzen durch Dolmetscher, was die so meinen, nicht? Wir machen auch viele Interviews mit Zeitungen. Und die sagen: Wir fühlen uns hier wie die Vöglein im Wienerwald. Es ist einfach wirklich ... Und viele kritisieren den Tourismus und sagen: Ja, diese vielen Asiaten! Da sag ich: Ja, ihr fahrt ja auch in Urlaub. Wenn ihr die Landesgrenze verlasst, seid ihr auch Touristen. Seht ihr euch selber nicht als Touristen? Und dann singen die, und die sagen: Die singen nur lauter blöde Lieder und keine schöne Musik. Unsere Musik spielt ihnen in erster Linie Wiener Musik vor. Und manchmal spielen sie auch irgend- welche koreanischen Volkslieder, weil sie sich freuen. Aber die Japaner singen in lupen- reinem Deutsch die Schubertlieder: "Am Brunnen vor dem Tore", "Das Heideröslein". Die haben das auswendig in der Schule gelernt und singen das so rührend, das ist unglaublich. Die haben ein Musikfachverständnis und sind gute Musiker. Wenn ein Geiger von uns glaubt, er muss jetzt besonders gut spielen, dann schaut ihn die mitleidig an, nimmt ihm die Geige weg, und fragt, ob sie spielen darf. Und die spielt, da kommen Ihnen die Tränen! Unglaublich! Unglaublich! Und dann wird kritisiert, dass es in Grinzing Touristen gibt. Das ist doch was Schönes! Ja, das ist das Thema, das ja in diese ganzen fürchterlichen Streitsituationen geendet hat. Dass der damalige Planungsstadtrat Hofmann anlässlich einer Planung gesagt hat: Wien braucht Grinzing überhaupt nicht. Und Grinzing hat eh überhaupt keine Freunde. Er ist aus Floridsdorf und geht in Stammersdorf zum Heurigen. Da hab ich gesagt: Wir möchten wissen, wie viele Freunde Grinzing hat. Und wir haben den "Verein der Freunde Grinzings" gegründet, auf Empfehlung des damaligen Bürgermeisters Gratz. Der Verein hat viele tausend Mitglieder in 50 Ländern der Welt. Und dann haben wir im Fasching, am Faschingsdienstag 1976, die Unabhängigkeit ausgerufen. Mit einem juristischen Gutachten der Universität Wien, das besagt, theoretisch geht das, in der Praxis natürlich nicht. Und der Bürgermeister Gratz hat geschrieben, er hofft, dass er einreisen darf in Grinzing. Und wir haben gesagt, wenn Wien uns nicht braucht, brauchen wir Wien auch nicht. So ist die Weinrepublik Grinzing entstanden, die niemand ernst nimmt, aber für uns eine Ebene ist, die einem das Gefühl gibt, dass man nicht nur Teil einer Stadt ist, wo die gesamte Stadtplanung sagt: Wir wollen ein modernes Grinzing. Sagen sie, offiziell. Und ich sag immer: Wie soll das ausschauen? Und wenn wir etwas verändern wollen oder etwas Vorhandenes erhalten, dann kriegen wir immer Briefe, da steht drinnen: Es ist nicht erwünscht, dass einzelne Bezirksteile gesondert hervorgehoben werden. Wie wollen Sie ein altes Dorf erhalten, wenn man's nicht hervorheben darf? Es gibt nur eine Stadt-, keine Dorfplanung. In anderen Bundesländern gibt es überall hervorragende Dorfplanungen. Und die Wiener Stadtplanung hat keine Ahnung, was ein Dorf ist, und will es auch nicht. Und dabei ist im 12. Jahrhundert das Grinzinger Winzerhaus von der beginnenden Stadtplanung ausgewählt worden als Prototyp des Wiener Vorstadthauses. Das typische Grinzinger Winzerhaus, das eigentlich bayerisch-fränkisch ist, 7., 11. Jahrhundert, als die Bayern und Franken gekommen sind, wurde im 12. Jahrhundert von der Stadtplanung übernommen. In Penzing, Grinzing, Oberlaa, überall stehen die kleinen Häuseln. Das ist das Grinzinger Vorstadthaus. Aber heute wollen sie's nicht. Für mich ist Wien eine einmalige Stadt. Ich könnte woanders nicht leben. Es ist einfach ... Wenn ich mich in Wien bewege oder wo hingehe, das kann man einfach in keiner anderen Stadt erleben. Und was mich sehr beeindruckt hat: das Treffen zwischen den drei Landeshauptleuten, die alle Mitglieder in unserem Grinzing-Klub sind. Der Häupl, der Pröll und der Niessl. Die haben gesagt, die Bevölkerungs- anzahl in diesen drei Bundesländern wird demnächst zwei Millionen Menschen überschreiten. Und alle von diesen drei Bundesländern waren irgendwann schon einmal in Grinzing und kommen gerne hierher. Und das ist einfach diese Kombination. Ich hab das dem Sozialminister Hundstorfer auch gesagt: Das ist einfach eine kulturelle Einrichtung, Grinzing. Grinzing ist ja auch nicht teuer. Wenn ein junges Pärchen kommt und zwei Liptauerbrote isst und zwei G'spritzte trinkt, können die sich das auch leisten. Das hier ist ein Paket, glaube ich.

Archiv-Video vom 12.08.2014:
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Franz Hengl (Heurigenbesitzer)

Wir und Wien - Erinnerungen Franz Hengl wurde im Haus seiner Eltern in der Cobenzlgasse geboren. Seine Großeltern, Urgroßeltern, Onkel und Tanten waren allesamt Weinhauer in der Nachbarschaft und die Kinder liefen barfuß ins Grinzinger Bad und zum Bach. Die Heurigen durften immer nur eine gewisse Zeit aufhaben, doch ein Heuriger aus der unmittelbaren Nähe war immer offen. " Es war nie eine Frage, dass ich nicht auch Weinhauer werde. Es war viel Arbeit, aber immer lustig", erinnert sich Franz Hengl

Länge: 42 Min. 15 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien

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Wiens Märkte werden digital: Standler*innen können nun Marktplätze bequem via PC, Handy oder Tablet buchen – das natürlich rund um die Uhr. Der Marktplatz kann dann am gebuchten Markttag sofort bezogen werden. Auch Anträge können im One-Stop-Shop der Stadt Wien unter www.mein.wien.gv.at für zum Beispiel fixe Zuweisungen, Schanigärten oder marktbehördliche Bewilligungen online gestellt werden. Ein weiteres Service: der Status der Anträge ist auf der Übersichtsseite abrufbar.
Länge: 1 Min. 51 Sek. | © Stadt Wien - Magistratsabteilung 59
Enthüllung neue Pionierinnen

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Zum Frauentag holt die Stadt Wien zwei neue „große Töchter“ vor den Vorhang: Im Arkadenhof des Rathauses werden für Ingeborg Bachmann und Luise Fleck zwei Gedenktafeln in der Pionierinnengalerie enthüllt. Die Galerie stellt außergewöhnliche Frauen der Stadt, ihr Engagement, ihr Handeln und ihre Leben in den Mittelpunkt. Ingeborg Bachmann war eine heimische Schriftstellerin, die als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts gilt. In ihren Werken widmete sich die Klagenfurterin Themen wie die Rolle der Frau in der männlich geprägten Gesellschaft oder den Konsequenzen und dem Leid von Kriegen. Sie verstarb 1973 in Rom, seit 1977 wird jährlich der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen. Luise Fleck war die erste österreichische und weltweit zweite Frau, die als Filmregisseurin und Produzentin Erfolg hatte. Sie führte bei mehr als 100 Filmen Regie und schrieb auch 20 Drehbücher. Besondere Bekanntheit erlangte sie in der Zeit während der Wende von Stumm- zu Tonfilmen. Sie starb 1950 in Wien. Die nun 30 Porträts der großen Töchter der Stadt können noch bis 31. März im Arkadenhof des Wiener Rathauses besichtigt werden.
Länge: 2 Min. 47 Sek. | © Stadt Wien / KOM

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