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Mitschrift

Ich bin Friedrich Cerha, bekannt geworden als Komponist. Seit meinem sechsten, siebenten Lebensjahr versuche ich festzuhalten, was in mir ... klanglich an Dingen passiert. Ich habe nie, äh ... .. Karriere im üblichen Sinn machen wollen, sondern bin in die Rolle des Komponisten in der Öffentlichkeit sozusagen hineingeschlittert. Die Musik und das Denken in Musik war für mich immer etwas sehr Vitales, Selbstverständliches. Ich habe das einfach gebraucht, so wie man atmen muss oder wie das Herz schlägt. Ich bin als erster meiner Familie in Wien geboren, für einen Wiener nichts Ungewöhnliches. Und alle meine Vorfahren stammen aus der Gegend östlich von Wien. Mütterlicherseits komme ich aus dem Weinviertel, wo meine Vorfahren Weinhändler und Weinbauern waren, dann geht es weiter hinauf ins Mährische. Und väterlicherseits: Mein Vater ist in Gänserndorf geboren, mein Großvater in Gy?r, mein Urgroßvater in Budapest und mein Ururgroßvater in Hermannstadt in Siebenbürgen. Und es gibt eine Legende in meiner Familie, dass sie zurückgeht auf einen Großwesir Ende des 15. Jahrhunderts nach Istanbul, wo es tatsächlich noch eine Koranschule und eine Moschee mit meinem Namen gibt. Dieser Großwesir ... .. war es nur einen Sommer lang, dann wurde er abgesetzt, weil es ihm nicht gelungen ist, Budapest zu erobern, das damalige Ofen. Mein bewusstes Verhältnis zur Gesellschaft begann mit einem einschneidenden Kindheitserlebnis. Mein Vater, der für die öffentliche Beleuchtung Wiens zuständig war, hat mich unmittelbar im Februar 1934 nach den Bürgerkriegstagen an die Kampfstätten geführt, mir die zerschossenen Häuser gezeigt und den blutigen Asphalt. Und ... .. dieses Erlebnis war entscheidend für mein auch ... .. politisches Verhalten. Ich bin sensibel geworden für jede Beschränkung ... .. der menschlichen Freiheit durch den Staat. Und war dann ein ... .. entschiedener Antifaschist. Ich hatte Schwierigkeiten in der Hitlerjugend und dann erst recht in der ... deutschen Wehrmacht, wo ich ja zweimal desertiert bin. Alle meine Geigenlehrer waren übrigens Tschechen. Mein erster ... .. war auch Antifaschist und hat mich auf viele ... Unstimmigkeiten in politischer Hinsicht aufmerksam gemacht. Er hat mir übrigens, das war ja damals nicht zugänglich, als Zwölfjähriger, Tolstoi und Dostojewski zu lesen gegeben. Mit sechzehn Jahren wurde ich als Luftwaffenhelfer eingezogen und ... .. war stationiert in einer Flakbatterie südlich von Wien, einer Großbatterie von dreimal sechs 8,8 Geschützen. Es hat sich so ergeben, dass die ... .. Pro-Nazis an den Geschützen standen und die ... .. eher Gegner des Faschismus an den Richtgeräten. Und wir haben uns nächtelang ... Wir haben nächtelang diskutiert, ob wir nun wirklich zielen sollten ... .. und damit möglicherweise den Krieg verlängern, oder danebenschießen sollten ... .. und damit unsere Familien in Wien ... .. einer Gefahr aussetzen würden. Wir haben uns entschieden, danebenzuschießen. Das war eigentlich damals für ... .. Sechzehnjährige, Siebzehnjährige eigentlich ein ... .. eine sehr mutige und sehr selbständige Entscheidung. Ich war auf einer Offiziersschule in Dänemark und habe dort aus der Schreibstube blanko unterschriebene Marschpapiere entwendet. Die dänische Widerstandsbewegung war damals schon sehr aktiv. Ich wollte eigentlich in Dänemark untertauchen, hab Kontakt aufgenommen, oder der Kontakt wurde mir vermittelt durch ein Mädchen. Aber für die war es zu gefährlich, weil ich die Landessprache nicht beherrschte. Aber sie haben mir Adressen in Hamburg, Berlin und Stettin gegeben, wo ich neue Marschpapiere jeweils ausstellen konnte, in den Hinterräumen von Geschäftslokalen. Ich bin dreimal diese Strecke Hamburg-Berlin-Stettin in Uniform mit falschen Marschpapieren gereist. Wie ich das letzte Mal in Berlin war, das war ... .. schon Ende Jänner ... .. 1945, sind an den Laternenmasten schon die Soldaten gehangen mit dem Schild: "Ich bin ein Verräter". Ich habe nie wieder solche Angst gehabt, als ich da ... .. kontrolliert wurde von einer Wehrmachtsstreife, und die die falschen ... gefälschten Marschpapiere da ... untersucht haben, mich aber haben ziehen lassen. Es war dann für mich schwierig, wieder in geordnete ... .. Wehrmachtsverhältnisse einzutreten. Ich wurde in Stettin dann aus dem Zug geholt ... .. und es wurde eine Noteinheit zusammengesetzt, weil die Russen bis nach Pommern vorgedrungen waren. Ich war dann im Westen gegen die Amerikaner eingesetzt, wurde dort verwundet. Und im Dachboden des Lazaretts in Göttingen habe ich Zivilkleider vorgefunden von Rekruten, die aus Ostpreußen eingezogen wurden, aber ihre Kleider nicht mehr zurückschicken konnten, weil dort schon die Russen waren. Ich habe mir die unter die Uniform angezogen und bin hinaus in den Thüringer Wald und hab mich dort ... der Uniform und ... meines ... meiner ... .. Papiere und meiner Erkennungsmarke entledigt. Und ich stand dann auf einem bewaldeten Kamm und hatte die Schwierigkeit: wie komm ich durch die Front durch. Auf der einen Seite des Kammes fuhren amerikanische Sturmgeschütze auf, auf der anderen Seite waren noch die Deutschen. Ich hab in bitterer Kälte dort zwei Nächte ausgehalten und hab mich dann entschlossen, einfach ganz friedlich und langsam im Morgengrauen auf die amerikanischen Sturmgeschütze zuzugehen und durch die durchzugehen. Und das hab ich auch getan. Zwischen den ... .. diesen Sturmgeschützen waren Schützenlöcher mit amerikanischer Infanterie. Die haben ihre Gewehre herumgerissen, als ich da aus dem Waldrand heraustrat. Ich bin aber ganz friedlich wie ein ... .. einsamer Wanderer auf diese Sturmgeschütze zugegangen und man ließ mich unbehelligt. Und damit war ich ... .. dem Nazi-Reich entflohen. Ich war dann den Sommer und den ganzen Herbst '45 in Tirol in den Bergen, weil ich keine Papiere hatte und nicht in Gefangenschaft geraten wollte. Oben in den Bergen gab es keine Kontrolle und keine Soldaten. Diese lange Zeit der Einsamkeit in den Bergen war eigentlich ... .. für mich ganz wichtig, weil ich mich dort eigentlich ... .. sozusagen selbst gefunden habe. Oder um es mit Eckhart zu sagen, mit mir eins ... wurde. Ich hab da hinuntergesehen auf die Dörfer und Städte und habe mir ernstlich überlegt, ob ich in diese Zivilisation, die diese Schrecknisse des Krieges produziert hat, zurückkehren soll, ob ich also einsteigen soll. Dieses, diese ... .. isolierte Haltung der Gesellschaft gegenüber ist mir ja geblieben. Und ... .. sämtliche Protagonisten meiner Opern sind ja sozusagen ... .. Außenseiter der Gesellschaft. Der Brecht'sche Baal, der aufgrund seiner ... .. Vitalität ... .. sich nicht den Normen dieser Gesellschaft unterwirft, sich isoliert und daran zugrunde geht, bis hin zu Turrinis Riesen vom Steinfeld, der Außenseiter ist schon wegen seiner physikalischen ... Größe, an seiner Außenseiter-Rolle schließlich scheitert und auch zugrunde geht. Und ... .. ich hab mich ja immer schon, wahrscheinlich aufgrund meiner Jugenderlebnisse, nie gefühlt als in eine Gesellschaft integriert, sondern immer gleichsam ... .. der Gesellschaft gegenüber. Und das mag sein, dass das meine Selbständigkeit als Komponist produziert hat, weil ich jetzt, als ich den Siemens-Preis erhielt, in den Zeitungen gelesen habe, dass ich "ein großer Außenseiter der gegenwärtigen Musik" bin. Im November ... .. wurde man nicht mehr gefangen genommen. Ich erhielt dann in Innsbruck ... .. Entlassungspapiere von den Franzosen. Und meine ... .. kulturelle Neugierde war so groß, dass ich doch nach Wien zurückgekehrt bin. Das ging nicht ohne Schwierigkeiten, weil man mich in Enns aus dem Zug geholt hat und die Amerikaner, die mich kontrolliert haben, mir sagten, dass die Russen die französischen Papiere nicht anerkennen. Das war mir zu blöd und ich bin in der Abenddämmerung auf einen Zug aufgesprungen. Das war ein Waggon, die es heute nicht mehr gibt, die ... durchlaufende Trittbretter haben mit jeweils einer Eingangstüre zu den einzelnen Coupés. Ich bin da aufgesprungen und habe immer gesehen, wo die Russen kontrollieren und bin immer auf die andere Seite des Waggons hinübergewechselt. In Sankt Valentin haben sie mich aber doch erwischt und mich zum Glück mit meinen französischen Entlassungspapieren ziehen lassen. Ja, dann war ich in Wien. Und ich muss ja sagen, dass das Ende des Krieges ... .. für mich ... .. fast wie eine zweite Geburt war. Ich konnte ... .. ungeachtet irgendeiner ... .. staatlichen Diktatur über mein Leben verfügen, meinen Bedürfnissen, Interessen nachgehen. Und ... die Welt war sozusagen für mich völlig neu, natürlich auch die kulturelle. Denn ... .. seit '34, im Ständestaat, waren zwar die zeitgenössische ... .. Literatur, Musik, Malerei nicht verboten, aber doch nicht gern gesehen. Die offizielle Linie war äußerst konservativ. Und wir waren also ... Meine Generation war von ihrem ... Ich war vom achten Lebensjahr an von allem, was im 20. Jahrhundert passiert ist, abgeschnitten. Und es gab unendlich viel nachzuholen. Es herrschte unmittelbar nach '45 eine ... .. ein ... auch insgesamt im Staat ein großer ... das Bewusstsein, dass man etwas nachzuholen hat, dass man etwas versäumt hat. Und ... .. also, ich als Musiker ... .. hab in der ... .. Bibliothek der damaligen Musikakademie, die nicht von den Nazis gesäubert wurde von der "entarteten" und jüdischen Musik, aus diesen Kellerbeständen rucksackweise Literatur geholt über das Wochenende. Und wir haben durchgeackert und durchgespielt, um uns zu informieren, was im 20. Jahrhundert bis zu der damaligen Gegenwart ... .. geschehen ist. Es gab ja damals ... .. damals ja nicht einmal in Wien Debussy zu kaufen. Man war also angewiesen auf die ... .. Bestände in den Bibliotheken. Eine wichtige Quelle damals, die ich viel frequentiert habe, war die russische Buchhandlung in der Nähe der Peterskirche, wo man für wenig Geld Prokofjew und Chatschaturjan ... .. kaufen konnte. Schostakowitsch war damals noch ... noch ... .. von den Russen beargwöhnt. Und es gab da in dieser russischen Buchhandlung auch keine Noten davon. Aber auch ältere Literatur, Tanejew und anderes. Ich habe da auch eine sehr schöne Sammlung russischer Volkslieder erworben, die mich dann kompositorisch ... .. eine Zeit lang sehr beschäftigt hat. Die Neugierde hat produziert, dass man also überall herum ... .. horchte, wo man irgendetwas erfahren konnte über die damals neue Musik. Eine wichtige Quelle, aus der ... .. der Nachholbedarf gedeckt wurde, war der Umstand, dass die vier Besatzungsmächte, die ja in Wien waren, Orchesterkonzerte ... .. organisiert haben mit ihrer Musik und in all diesen Konzerten auch ihre lebenden Komponisten ... .. programmiert haben. Also, die Russen ... .. Prokofjew und vor allem Chatschaturjan. Ich hab da noch in Erinnerung in der Direktionsloge des Musikvereins nebeneinander sitzend Josef Marx und Marschall Konjew, der Eroberer von Wien. Die Franzosen haben ihre Komponisten gebracht, natürlich Debussy, Ravel, aber auch schon Messiaen, und die Engländer ihren Britten und Walton und die Amerikaner Copland, Piston und andere. Das waren also für meine Generation sehr ... .. wichtige Erlebnisse. Wien war ja nach '45 eine graue Stadt, stark zerstört und beherrscht ... von materieller Not, von ... .. Lebensmittelproblemen und dergleichen. Ich muss gestehen, dass mich das ... .. kaum ... .. entscheidend berührt hat, weil die Aufbruchsstimmung, diese Stimmung, diese Atmosphäre der Erneuerung so stark war, dass sie diese materiellen Dinge völlig überdeckt hat. Die jungen Komponisten meiner Generation damals ... .. haben eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Die öffentlichen Konzertsäle waren ihnen so gut wie versperrt. Nach dem Krieg hat sich eine kleine Gruppe gebildet um den Paul Kont, der ein paar Jahre älter war und ... .. schon sehr früh den internationalen Anschluss gefunden hat. Er war als erster Österreicher bei dem Darmstädter Ferienkurs schon Anfang der 50er Jahre. Also, um Paul Kont, Ernst Kölz, er dann später bekannt geworden ist durch die "Schwarzen Lieder", die der Qualtinger gesungen hat. Hans Kann und ich haben so eine kleine Gruppe gebildet, die ... .. gegenüber der ... Spätromantik und dem ... Klassizismus eine Art Minimalismus ... .. entwickelt hat, der ... .. in der ... .. in der Rezeption eigentlich bis heute völlig, fast völlig unbemerkt geblieben ist. Nur Ernst Kölz ist wirklich bis heute dabei geblieben. Es hat sich darum gehandelt, also auf ganz wenige Elemente einen Abschnitt oder ein Stück zu reduzieren. Stilistisch ist ... .. zu sagen, dass nach dem Krieg ... .. die Neoklassik eines Hindemith, Strawinsky als die herrschende Richtung vorgeherrscht hat. Und die ... Diejenigen, die die Konzerte programmiert haben, haben diese Richtung vor '34 noch bewusst erlebt und daran angeschlossen. Und man war ja damals der Meinung, dass dieser Neoklassizismus die nächsten Jahrzehnte der ... .. Musikentwicklung beherrschen wird. Wie viele Prophezeiungen ist auch die nicht eingetreten. Ich hab dann weiter Kontakt gehalten zu diesem Schönberg-Kreis der IGNM. Friedrich Wildgans, der Sohn vom Dichter Anton Wildgans, war damals Generalsekretär, äh, Präsident und Generalsekretär war Erwin Ratz, bekannt durch seine Formenlehre, die auf den Beethoven-Analysen Schönbergs basiert. Wildgans hat ein Hauskonzert gemacht und damit ... .. mich und den Hans Kann als Komponisten präsentiert. Das war für 60 Leute. Und ... .. zu meiner Überraschung sind am nächsten Tag in fünf Wiener Zeitungen spaltenlange Rezensionen erschienen. Heute ganz undenkbar, wo nicht einmal mehr wichtige Orchesterkonzerte in den ... .. weniger gewordenen ... .. Zeitungen aufscheinen. Vielleicht noch zu unserer ... .. Gruppe. Dass die offiziellen Podien ... .. meiner Generation versperrt waren, hat also ... .. weniger Rebellion oder Resigniertheit hervorgerufen als den Zwang, selbst aktiv zu werden. Und unsere Gruppe hat viele kleine Konzerte gemacht in Teppichgeschäften, Kaffeehäusern, später dann im "Strohkoffer" des Art Clubs, in der Buchhandlung der Marianne Wotruba, der Frau von dem Bildhauer Wotruba, dann in Hans Weigels Kreis, der ja auch ... .. sehr rührig war im Hinblick auf Literatur und Musik. In unseren Konzerten gab es auch ... zwischendurch Lesungen. Ich erinnere mich an die Christine Busta oder an den heute ganz vergessenen Walter Toman mit seinen surrealistischen Geschichten. Wo mir noch gut in Erinnerung geblieben ist die Geschichte von dem riesigen Eisberg, der in der Donau bei Spitz stecken bleibt und dann also mit Kanonen beschossen wird. Viele der ... führenden geistigen Köpfe waren damals sehr links orientiert. Wildgans selber war ... Kommunist, ein seltsamer Salonkommunist, weil er in seiner Wohnung ... .. Priesterornate gesammelt hat und im Winter massenhaft Weihrauch ... .. auf dem Ofen verräuchert hat. Auch Ratz war ... Kommunist. Manche davon oder viele davon waren kommunistisch eingestellt. Weniger aus ideologischer Überzeugung als deswegen, weil die Kommunisten damals die Ersten und Einzigen waren, die gegen die Wiedereinsetzung der alten Nazis in viele ... Stellen und das Umwerben der Parteien um die alten Nazis als Wähler ... .. aufgetreten sind. Durch die Vermittlung von Karl Schiske sind einige junge Komponisten ... .. haben einige junge Komponisten Subventionen erhalten, um die Darmstädter Ferienkurse ... zu besuchen. Ich war dort 1956 bis 1958. Und es gab damals in Darmstadt ... .. wieder neuerlich eine Welle des Aufbruchs, der Erneuerung. Man hat versucht, die Technik Schönbergs und Weberns ... .. weiterzuführen und ist zur seriellen ... .. Ordnung gelangt. Das heißt also, die Tonfolgen, auch die Tonhöhen und die Lautstärken und die Dauern mathematischen Ordnungen zu unterwerfen. Das war damals sehr experimentell. Was aber in Darmstadt wichtig war: Dass wirklich Komponisten aus aller Welt, und zum Teil auch führende Komponisten, dort zusammengekommen sind, und es da nächtelange Diskussionen um ... darum gab, wie es nun mit Kultur und im engeren Sinn mit Musik weitergehen soll. Als wir ... .. '58 von Darmstadt zurückgekehrt sind, Kurt Schwertsik, der Komponist, und ich, haben wir ... gefunden, man müsste in Österreich, in Wien vor allem, etwas installieren, womit die Öffentlichkeit mit der damals neuen Musik ... .. bekannt gemacht wird. Und Hörer ... .. allmählich zu finden, die dem Neuen gegenüber aufgeschlossen sind. In den 50er Jahren ... .. gab es in den großen Konzertsälen ... .. hörte in den großen Konzertsälen die Musik mit ... .. Richard Strauss, Debussy, allenfalls Hindemith und Strawinsky im Konzerthaus auf. Es gab eine Ausnahme Mitte der 50er Jahre: Boulez kam und es wurde "Marteau sans maître" aufgeführt. In Wien damals ein ganz überraschendes Erlebnis, das eher mit Kopfschütteln ... .. allgemein wahrgenommen wurde. Und dann kam es '58 und '59 durch Schwertsik und mich und György Ligeti, der '56 aus ... .. in der Revolution aus Ungarn ... nach Wien kam, zur Gründung des Ensembles "die reihe". "die reihe" - das hat eine mehrfache Bedeutung. Einerseits: das es also auf der Basis der Wiener Schule die weitere Entwicklung zeigen sollte, also die Zwölftonreihe. Dann das Zweite war, dass es nicht ein Einzelereignis sein sollte, sondern eine kontinuierliche Reihe, regelmäßige Reihe von Konzerten. Und das Dritte war, dass "die reihe" damals eine Zeitschrift war, die die Universal-Edition herausgegeben hat und die das eigentliche Organ der seriellen Entwicklung war. Die ersten Konzerte der Reihe haben eigentlich sehr eingeschlagen. Im ersten war schon neben Webern ... .. Boulez und Pousseur am Programm, im zweiten die führenden italienischen Komponisten damals, Bruno Maderna, Luciano Berio, und im dritten ... .. wegen des zu kleinen Schubert-Saales und des Interesses der Hörer ... .. sind wir schon in den Mozart-Saal übersiedelt. Da haben wir schon die Gruppe um John Cage, die amerikanische Gruppe, vorgestellt. Es gab einen ... .. Riesenskandal. Einige Leute kamen ... .. schon mit Trillerpfeifen in den Konzertsaal und andere haben also dazwischengeschrien, sind hinaus und haben die Türen zugeknallt. Es gab ... Ich war befreundet mit einer damals ... .. für die Entwicklung der Keramik sehr wichtigen Persönlichkeit, Kurt Ohnsorg, der ... .. damals in diesem Konzert die schlimmsten Randalierer beim Kragen gepackt hat und bei der Tür hinausbefördert hat. Das ... Publikum ging ... .. in erstaunlicher Weise eigentlich mit und es ist also in Wien eigentlich ein für Neue Musik aufgeschlossenes Publikum herangewachsen. Es gab dann aber in den 70er Jahren einen Generalsekretär der Konzerthaus-Gesellschaft, der behauptet hat, es gäbe weder österreichische Komponisten der Neuen Musik noch ... solche Musiker, die Neue Musik interpretieren könnten. Worauf wir, "die reihe", Schwertsik, Ligeti und ich, aus dem Konzerthaus ausgezogen sind und im ... im ... .. ORF-Saal und im Museum des 20. Jahrhunderts ... .. unter dem damals sehr rührigen Direktor Hofmann unsere Konzerte veranstaltet haben. Hans Landesmann hat uns wieder zurückgeholt ins Konzerthaus, und hat ... Ich habe mit ihm programmiert diesen großen Zyklus "Wege in unsere Zeit". Wo wir wieder ... Wo ich also auch Einfluss nehmen konnte auf die Programme, zum Teil selbständig programmieren konnte, über fünf Jahre je sieben Konzerte. Musik, die die Entwicklung von der Jahrhundertwende, 19./20. Jahrhundert, bis in die damalige Gegenwart ... .. aufzeigen konnte. Und das ist auf ... .. unglaubliches Interesse gestoßen. Sogar die Konzerte im Großen Konzerthaussaal waren ausverkauft. Und es ist damit in Wien ein Publikum herangewachsen, das erstaunlich aufgeschlossen ist ... .. für Neue Musik. Und das "Klangforum" hat diese Entwicklung bis zum heutigen Tag weitergeführt. Was ich vielleicht etwas bedaure: dass es ein isoliertes Publikum gibt. Einerseits die traditionellen Abonnement-Konzerte, die nach wie vor bei ... .. etwa Strawinsky ... aufhören. Mit nur gelegentlichen, nicht immer geglückten Abstechern in die Gegenwart. Und dem Publikum, das die neue Musik ... .. neue Musikszene repräsentiert. Dazwischen gibt es also eine gewisse Lücke, weil also jeweils die Hörer des einen Faches sozusagen nicht in die anderen Konzerte gehen. Eine Lücke, die es eigentlich notwendig macht, so zu programmieren, dass sie allmählich geschlossen wird. Vielleicht noch etwas zur Rezeption der "reihe"-Konzerte. Wir haben drei Jahre konzertiert ... .. mit äußerst geringen Gagen und sehr ambitionierten Musikern und vielen damals, es war ja alles neu, ungewohnt und schwierig, mit sehr vielen Proben. Ich bin nach drei Jahren zum ersten Mal ins Ministerium, um ... um eine Subvention anzusuchen. Hab mich vorbereitet, Walter Benjamin und Adorno ... .. gelesen, um sie allenfalls zu zitieren. Und man hat sich ... .. mich angehört und die Antwort war, die erste Antwort: "Da könnt' ja jeder Würschtelverkäufer kommen." Der gleiche Mann hat mir dann ein paar Jahre später gesagt: "Cerha, Sie sind doch talentiert. Gehen S' doch ins Ausland." Das hat sich also ... .. mittlerweile also ... Gott sei Dank geändert. In meinem Musikschaffen ... .. war es so, dass ich ... .. immer versucht habe, meine klanglichen Vorstellungen, Obsessionen ... .. loszuwerden, zu fixieren. ohne jede Rücksicht auf irgendeine Praktikabilität. Natürlich auch ohne jeden Auftrag. Eine Haltung, die ich also bis zum heutigen Tag praktiziere und die eigentlich weit abweicht von der der jetzt jungen Generation von Komponisten, die fast immer nur über offiziellen Auftrag arbeiten. Ich habe etwa 1960, '59, '60 ... die ... den siebenteiligen Zyklus "Spiegel", abendfüllenden Zyklus "Spiegel" ... entworfen, der ganz ungewöhnliche Anforderungen stellt hinsichtlich der Besetzung, der Lesbarkeit, das ist eine graphische Notation. Und ich habe damals also eigentlich ... .. gedacht, ich werde diese Musik niemals wirklich hören, hörend erleben. Es gab dann vereinzelte Aufführungen, erst in Warschau, dann in Stockholm, in Hamburg, in Köln, in München. Mit sehr wechselndem Erfolg. Es ist immer wieder die Rede gewesen von ... .. "intellektuellem Experimentieren", von "Kopfmusik" und dergleichen. '71 oder '72 war in Graz die erste Gesamtaufführung der "Spiegel", und dann bei den Salzburger Festspielen. Dann gab es immer gelegentliche Aufführungen, vom Südwestfunk-Orchester bei den Bregenzer Festspielen, bei "Wien Modern" und dergleichen. Nach den "Spiegeln" war das nächste ... .. sehr experimentelle und sehr vielfältige Objekt ein ... szenisches Objekt, "Netzwerk", das mich dann mehr als zehn Jahre ... .. beschäftigt hat und eine, denke ich, meiner wichtigsten und schwierigsten Arbeiten ist. Ich bin kein Freund von Bearbeitungen und Ergänzungen und hab eigentlich ... .. mit allen Unterlagen, auch der Reihentabelle und einigem Material, das von Berg da war, ein Jahr mich beschäftigt mit der "Lulu". Um mit mir ins Reine zu kommen, ob eine solche ... Die geringfügigen ... Ergänzungen und die Instrumentation, - es war ja keine Musik wirklich völlig neu zu erfinden - ob diese Ergänzungen verantwortbar sind. Ich habe dann gefunden, eigentlich im Interesse Bergs müsste man das tun. Ich hab das auch Schlee ... .. gesagt, und der hat mir dann ... .. gesagt, ich solle doch versuchen, diese Arbeit zu leisten. Sie hat mich dann immer zwischendurch, zwischen und neben meinen eigenen Arbeiten ... .. praktisch ein Jahrzehnt lang ... beschäftigt. Helene Berg, mit der Schlee und ich ja befreundet waren, war damals, im Gegensatz zu ihrer Haltung unmittelbar nach dem Tod Bergs, wo sie der Meinung war, man müsste alles vom dritten Akt der Öffentlichkeit bekanntmachen und publizieren, der Meinung, man dürfe nicht daran rühren, nichts ... nichts am dritten Akt tun bzw. ihn auch ... .. nicht einmal das Material einzusehen. Ich bin auch draufgekommen, woher das kam. Man hat nämlich für die Uraufführung '36, oder '35 schon, nein, ich glaube, '36 war es, in Zürich ... .. ist man an verschiedene Leute herangetreten ... und hat ihnen das Material geliefert, um diese Ergänzungen durchzuführen. Unter anderem auch ... an Schönberg. Und Schönberg hat geantwortet, er hat ... .. das Material eingesehen und geantwortet, er wäre mit eigenen Kompositionen beschäftigt. Er könne in seinem Alter nicht mehr so lange Zeit einem Freundesdienst ... .. opfern. Er hat aber auch sich ... .. gestoßen an ... .. antisemitischen Äußerungen, wie er gefunden hat. Der Journalist sagt ... zum Bankier "Saujud". Das steht aber schon so bei Wedekind und ist eigentlich keine antisemitische Bemerkung, sondern ... sie könnte als antiarisch ausgelegt werden. Der macht nämlich mit dem jüdischen Bankier in aller Freundschaft seine guten Geschäfte, und erst als die danebengehen und schiefgehen, entdeckt er im Bankier den Juden. Und die andere Anmerkung war, die stammt von Berg, der ja immer versucht hat, möglichst ... .. charakteristisch die Dinge darzustellen, ein Hinweis bei ... bei einer Stelle des Bankiers: "mauschelnd". Auch daran hat sich Schönberg gestoßen und zurückgeschrieben, ob es ihm - Berg war gemeint - bei den Nazis nützen würde. Was ja auch illusorisch war, weil ... .. Berg ja für die Nazis ... .. zur "entarteten Kunst" ja damals ... gehörte. Ja, aber wegen dieser Bemerkungen hat man Helene Berg diesen Brief niemals gezeigt. Er war an ... .. Heinz Heimer, glaub ich, gerichtet, und Helene Berg hat gemeint, Schönberg habe aus rein künstlerischen Gründen diese Ergänzungen abgelehnt und deswegen ... .. ihre strikte Einstellung dagegen. Wir haben vereinbart mit Schlee, dass wir, weil wir ja mit Helene befreundet waren, solange sie lebt, es zu keiner Aufführung kommen zu lassen. Es ist dann erst '71, glaub ich, in Paris zur Uraufführung der gesamten ... .. "Lulu" gekommen unter Pari ... Pierre Boulez. Ich habe nach '45 eigentlich mein Wienertum ... .. quasi verleugnet. Ich ... wollte nirgends zu Hause sein, ich wollte mich ... als Weltbürger fühlen. Als ich dann in den 60ern und Anfang der 70er Jahre auf der ganzen Welt als Dirigent herumgereist bin von einem Ort zum anderen, hab ich dann eigentlich ... .. allmählich entdeckt, wie sehr ich doch ... meine Wurzeln in diesem ... pannonischen Raum, zu dem Wien ja auch ... gehört, habe. Es war die gleiche Zeit, wo ich auch versucht habe, hier eine ... eine Stätte zu finden, wo ich mich zurückziehen kann. Und ich hab nach einer schweren Erkrankung dann dieses Domizil hier in Maria Langegg ... gefunden, das also ... eine Hauptstätte ... .. meiner musikalischen Arbeit ist. Natürlich bin ich auch, was die Interpretation der klassischen und romantischen Musik betrifft ... .. steh ich in der ... .. hier lokalen Wiener Tradition und bin ihr zutiefst verpflichtet.

Archiv-Video vom 12.08.2014:
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Friedrich Cerha (Komponist)

WIr und Wien - Erinnerungen Friedrich Cerhas Erinnerungen reichen zurück bis in den Februar des Jahres 1934, als ihn sein Vater nach Tagen des erbitterten Bürgerkrieges durch die Kampfstätten führte. Die schockierenden Bilder des blutigen Asphalts und der zerschossenen Häuser prägten ihn und machten ihn zu einem Antifaschisten, der sensibel ist für alle Einschränkungen der menschlichen Freiheit.

Länge: 55 Min. 29 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien

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Länge: 2 Min. 47 Sek. | © Stadt Wien / KOM

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