2. Einleitung

2.1 Allgemeines zur Wiener Mindestsicherung

Sozialquote in Österreich rückläufig

Das Sozialsystem in Österreich sieht Leistungen in drei unterschiedlichen Kategorien vor:

  • Sozialversicherungsrechtliche Leistungen (Pensions-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung)

  • Universelle Leistungen (z.B. Pflegegeld, Familienbeihilfe)

  • Bedarfsgeprüfte Leistungen (z.B. Pflege- und Betreuungsleistungen, Ausgleichszulage der Pensionsversicherung, Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe)

Das System der sozialen Sicherheit in Österreich ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Zum einen überwiegen sozialversicherungsrechtliche Leistungen, zum anderen werden Sozialleistungen vorwiegend als Geldleistungen ausbezahlt. Der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt (Sozialquote) beläuft sich 2021 auf insgesamt 33 %, was eine Reduktion von einem Prozentpunkt im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Obwohl sich das Bruttoinlandsprodukt um knapp 7 % erhöht hat, sind die Sozialleistungen nur um etwas mehr als 3 % gestiegen.

Sozialversicherungsleistungen haben in der Bevölkerung ein besseres Image als steuerfinanzierte Leistungen. Sie sind jedoch von Veränderungen am Arbeitsmarkt und demografischen Entwicklungen abhängig und verteuern die Arbeitskosten. Steuerfinanzierte Leistungen sind weniger abhängig von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Sie sind inklusiver, da sie nicht an Beitragszahlungen gebunden sind, und weisen eine breitere Finanzierungsbasis auf. Sachleistungen sind oft treffsicherer als Geldleistungen, während diese mehr Autonomie und Wahlfreiheit ermöglichen.

Die Wiener Mindestsicherung ist eine Geldleistung nach dem Subsidiaritätsprinzip

Bevor die Wiener Mindestsicherung beantragt werden kann, müssen alle anderen Ansprüche im Vorfeld ausgeschöpft sein. Nur wer kein Einkommen oder ein Einkommen unter dem jeweiligen Mindeststandard zur Verfügung hat, hat Anspruch auf die Wiener Mindestsicherung.

Die Leistung setzt sich aus zwei Teilen zusammen:

  • Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts (75 %)

  • Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs (25 %)

Die Höhe der Leistung und auch die Bemessung des jeweiligen Anspruchs werden von den sogenannten Mindeststandards bestimmt. Die Höhe des monatlichen Mindeststandards wird zu Beginn des Jahres in einer Verordnung bekanntgegeben und richtet sich nach dem Ausgleichszulagenrichtsatz gemäß dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz.

Der Mindeststandard beträgt 2022:

Beispiele für Konstellation en der Bedarfsgemeinschaft (BG) Höhe des Mindeststandards
Alleinlebende/alleinerziehende Person 977,94 €
In BG mit Ehepartner*in/Lebensgefährt*in/Partner*in 733,46 € pro Person
Kind 264,04 € pro Kind

Die Differenz aus der Anspruchshöhe der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft und dem anrechenbaren Einkommen (z.B. AMS-Leistung, Erwerbseinkommen, Krankengeld, Grundversorgung, Alimente) ist die Höhe, die den Bedarfsgemeinschaften zugesprochen wird.

Bei volljährigen Personen bis 25 Jahre kommt der variable Mindeststandard zur Anwendung. Das bedeutet, dass ihr Anspruch variiert, je nachdem ob sie sich in einer Schulungsmaßnahme befinden bzw. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder nicht. Wenn Ersteres der Fall ist, steht ihnen der erhöhte Mindeststandard (977,94 Euro) zu und von diesem wird das AMS-Einkommen oder Erwerbseinkommen abgezogen, um den Anspruch zu berechnen. Sobald die AMS-Schulung endet oder die Person arbeitslos wird, steht ihr nur mehr der reguläre Mindeststandard (75 % des erhöhten Mindeststandards) zu. Das ist 2022 ein Betrag von 733,46 Euro. Von diesen 75 % wird der Anspruch weiter berechnet.

Ausgaben der Wiener Mindestsicherung steigen geringfügig

Die durchschnittliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft ist um 2 % gegenüber 2021 gestiegen, die Anzahl an Bedarfsgemeinschaften blieb unverändert (siehe Kapitel Bedarfsgemeinschaften und Tabellenband). Dies führt insgesamt zu steigenden Ausgaben.

Der Lebensunterhalt inklusive Wohnbedarf ist 2022 um 3 % (+16 Mio. Euro) höher als im Vorjahr, der ergänzende Wohnungsaufwand hat sich hingegen geringfügig reduziert (–0,2 Mio. Euro). Stark gestiegen sind die Krankenversicherungsbeiträge (+5 % bzw. +1,9 Mio. Euro), was sich auch in der leicht erhöhten Anzahl der durch die Mindestsicherung krankenversicherten Personen zeigt.