1.3 Abfallwirtschaft
Wo steht Wien mit den Emissionen?
Die Treibhausgas-Emissionen sind in der Abfallwirtschaft um rund 2 Prozent zurück gegangen – trotz Bevölkerungswachstum. Im Jahr 2005 entfielen 543 Kilotonnen CO2-Äquivalent auf die Abfallwirtschaft, 2022 waren es 542 Kilotonnen CO2-Äquivalent und im Jahr 2023 dann 534 Kilotonnen CO2-Äquivalent. Diese Emissionen entsprechen auch den leitzielrelevanten Emissionen.
Die Wiener Abfallwirtschaft emittiert jährlich rund 550 Kilotonnen CO2-Äquivalent. Fast gleich viel CO2 wird eingespart. Das wird allerdings dem ETS-Sektor (Emissionshandel) Energiewirtschaft zugeordnet und schlägt sich entsprechend nicht in der Bilanz des Sektors Abfallwirtschaft nieder. Die Wiener Abfallwirtschaft erzeugt durch die Verbrennung von Abfall nämlich ein Drittel der Wiener Fernwärme und auch Ökostrom. Diese würden sonst vor allem durch Erdgasverbrennung produziert werden.
80 Prozent der Treibhausgasemissionen der Wiener Abfallwirtschaft entstehen durch die Verbrennung der fossilen Anteile von Restmüll, Abfällen aus der Straßenreinigung und Sperrmüll. Die Verbrennung der biogenen Anteile gilt als CO2-neutral.
Die verbleibenden Emissionen aus der Abfallwirtschaft entweichen hauptsächlich als Methan aus dem Abwassermanagement und stillgelegten Deponien.
Wo steht Wien mit den Umsetzungen?
HEBEL 1: Abfall vermeiden
Im Wiener Klimafahrplan sind 4 Hebel für den Sektor Abfallwirtschaft identifiziert. Seit Erstellung und Beschlussfassung in den Jahren 2021 und Jahr 2022 nimmt das Thema Kreislaufwirtschaft als dritte „K“, neben Klimaschutz und Klimaanpassung, stets an Bedeutung zu. Kreislaufwirtschaft wird zunehmen auch in gebäudebezogenen Fragestellungen, bei der Planung und Umgestaltung von öffentlichen Räumen und Oberflächen oder beim Umgang mit der Ressource Boden wichtig. Umsetzungen zu den 4 Hebeln finden sich sowohl im Handlungsfeld Abfallwirtschaft als auch im nachfolgenden Kapitel 1.4 Überregionale Aspekte und Kreislaufwirtschaft.
Prinzip „Keine Verschwendung – Zero Waste“ leitet Wiens Abfallwirtschaft
Die Stadt Wien richtet ihre Maßnahmen im Bereich der Abfallwirtschaft nach dem Prinzip „Keine Verschwendung – Zero Waste“ aus. Die Vermeidung von Abfall ist oberste Priorität. Die in Wien anfallenden, nicht vermeidbaren Abfälle werden weitgehend in Wien behandelt, um die Entsorgungsunabhängigkeit zu wahren. So sollen aus nicht vermeidbarem Abfall möglichst wieder Produkte werden und/oder die in diesen Abfällen enthaltene Energie bestmöglich verwertet werden. Damit werden keine Abfälle ungenutzt deponiert.
Neuer Wiener Abfallwirtschaftsplan und Wiener Abfallvermeidungsprogramm
Für die Abfallwirtschaft besteht aufgrund des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes (Wr. AWG) die Verpflichtung, alle 6 Jahre die Strategien und Maßnahmenpläne zu evaluieren und neu zu erstellen. Demzufolge wurden im Dezember 2024 der Wiener Abfallwirtschaftsplan für die Planungsperiode 2025 bis 2030 mit 90 konkreten Maßnahmen und das Wiener Abfallvermeidungsprogramm mit 71 Maßnahmen beschlossen. Die Vorarbeiten wurden dazu im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung erarbeitet.
Wichtige Bausteine der klimaneutralen Wiener Abfallwirtschaft sind der Beitrag von Müllverbrennungsanlagen für die Fernwärmeerzeugung für Wien wie auch die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen und Großwärmepumpen auf den Standorten der Entsorgungsanlagen.
Services für die Bevölkerung und Wirtschaft zur Abfallvermeidung
10 „Rs“ stehen an erster Stelle
Abfallvermeidung steht in der Wiener Abfallwirtschaft im Sinne der 10 „Rs“ an erster Stelle und wird in Wien durch viele Projekte und Maßnahmen umgesetzt. Dieses Verständnis kann auch die Erklärung sein, dass trotz wachsender Bevölkerung die Menge an Restmüll stabil bleibt. Pro Einwohner*in betrachtet hat sich die Restmüllmenge sogar reduziert.
Informations- und bewusstseinsbildende Aktivitäten mit bunter Vielfalt
Die Informations- und Bewusstseinsbildung zum Thema Abfallmanagement umfasst verschiedene Maßnahmen. Dazu zählen die Abfallberatung in Wiener Schulen, Kindergärten und Vereinen, und vielen mehr sowie das „House of Mist“ mit Escape-Räumen. Auch der Internetauftritt der Abteilung Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark (MA 48), das Misttelefon und die 48er-Applikation bieten wertvolle Informationen. Zudem werden bei Großevents der MA 48, wie dem jährlich stattfindenden Mistfest, gezielte Informationen zur Abfallvermeidung bereitgestellt.
Weitere Umsetzungen zu dieser Maßnahme finden sich im Kapitel 1.4 Überregionale Aspekte und Kreislaufwirtschaft.
Öffentliche Einrichtungen als Vorbild
PUMA („Programm Umweltmanagement im Magistrat“) sorgt für magistratsweites Bewusstsein
Im Rahmen des stadtinternen, flächendeckenden Umweltmanagement-Programms PUMA („Programm Umweltmanagement im Magistrat“) wird auch das Bewusstsein für Abfallvermeidung und Ressourcenschonung bei den Mitarbeiter*innen der Stadt Wien gefördert. Das Programm konnte bereits zu einer Vermeidung von rund 2.800 Tonnen CO2 beitragen. Die Themen des Programms umfassen neben Abfallvermeidung auch noch Energiemanagement, Ressourceneffizienz, Mobilitätsthemen und Fuhrparkmanagement.
Weitere Umsetzungen zu dieser Maßnahme finden sich im Kapitel 1.4 Überregionale Aspekte und Kreislaufwirtschaft.
HEBEL 2: Abfall sammeln und trennen
Abfallsammlung und Abfalltrennung
Verbesserungen für getrennte Sammlung werden umgesetzt und sind in Vorbereitung
Aktuell gibt es in Wien rund 240.000 Behälter für Restmüll und ebenso viele für die getrennte Sammlung von Recyclingmaterialien (Altglas, Papier und Karton, Leichtverpackungen aus Kunststoff und Metall, Bioabfälle). Der Anteil der Fehlwürfe ist gering. Das ermöglicht ein hochwertiges stoffliches Recycling und damit – nach Übergabe an Verwertungsbetriebe – beträchtliche Ressourcen-, Energie- und Treibhausgaseinsparungen.
2019 erfolgte die Zusammenlegung von gelber und blauer Tonne, wodurch 80.000 Transportkilometer eingespart wurden.
Weitere Optimierungen der getrennten Sammlung, Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und die bessere Erfassung sperriger Altstoffe auf Mistplätzen sind mit dem Wiener Abfallwirtschaftsplan beschlossen worden und werden in den nächsten Jahren umgesetzt.
Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) mit eigenem Abfallwirtschaftsplan
Der Wiener Gesundheitsverbund hat einen eigenen Abfallwirtschaftsplan erstellt und kommuniziert diesen aktiv an seine Mitarbeiter*innen, um die Abfallvermeidung, -sammlung und -trennung bestmöglich zu organisieren.
Bundesweites Pfandsystem
Die seitens der EU vorgegebene Recycling-Rate für Kunststoffverpackungen von mindestens 55 Prozent bis 2030 und die bundesweite Einführung eines Pfandsystems für Plastikflaschen und Getränkedosen per 01.01.2025 unterstützen die Ziele der Wiener Abfall- und Kreislaufwirtschaft.
HEBEL 3: Abfall behandeln
Stoffliche Verwertung von Abfällen und Verbrennungsrückständen
Meilenstein durch das Projekt E_OS: Energie_Optimierung Schlammbehandlung geschafft
Ein Meilenstein für die Umsetzungen im Abfallwirtschafts- und Kreislaufwirtschaftssektor ist durch das Projekt E_OS (Energie_Optimierung Schlammbehandlung) gelungen. Die Wiener Kläranlage, die für die Abwasserreinigung mehr als 1 Prozent des von Wien Energie erzeugten Stroms benötigt, ist nun energiepositiv. Seit 2021 wird am Standort Simmering mehr erneuerbare Energie (Strom/Fernwärme) aus Klärgas erzeugt als für die Abwasserreinigung benötigt wird. Wiens Kläranlage ist heute ein Öko-Kraft- und Heizwerk und weist aktuell (Stand Ende 2024) einen Eigendeckungsgrad von rund 113 Prozent bei Strom und von rund 170 Prozent bei Wärme auf. E_OS liefert jährlich rund 8,5 Gigawattstunden Strom und 27,5 Gigawattstunden Wärme in die entsprechenden Netze.
Erste Anlage zur Trocknung des entwässerten Klärschlamms in Betrieb
Die Wiener Stadtwerke nahmen am Standort Simmering die erste Anlage zur Trocknung des entwässerten Klärschlamm im Jahr 2024 in Betrieb. Der während der Abwasseraufbereitung in der Kläranlage entnommene Klärschlamm wird seit langer Zeit für die thermische Energieerzeugung genutzt. Im Schlamm enthaltene Schadstoffe (zum Beispiel Medikamentenreste, Mikroplastik und endokrine Substanzen aus der menschlichen Ausscheidung) werden dabei zerstört oder entfernt.
Die nach der Trocknung verbleibende Asche ist eine wertvolle Quelle, aus der künftig Phosphor gewonnen und als Düngemittel genutzt werden kann. Phosphor wird so im natürlichen Kreislauf gehalten und wieder der Natur zugeführt. Des Weiteren wird ein Teilstrom der phosphorreichen Asche an die Düngemittelindustrie weitergegeben. Damit könnte künftig der gesamte Phosphor-Bedarf der Landwirtschaft in Wien und Niederösterreich abgedeckt werden. Solche Beispiele zeigen, dass es Innovationen und Entwicklungsleistungen braucht, um aus Abfällen stofflich nutzbare Produkte zu gewinnen.
Zudem werden bei der Müllverbrennung Metalle und andere mineralische Rückstände aus den Verbrennungsrückständen rückgewonnen.
Aus biogenen Abfällen wird gratis Kompost für die Wiener*innen
Im Kompostwerk Lobau wird aus biogenen Abfällen Kompost hergestellt. Dieser wird gratis auf den Wiener Mistplätzen abgegeben, im Biolandbau eingesetzt sowie zu torffreien Blumenerden wie der Erde „Guter Grund“ verarbeitet.
Aus Küchenabfällen wird Biogas
Die Biogasanlage in Simmering behandelt unter anderem Küchenabfälle aus Restaurants und Großküchen und erzeugt jährlich über eine Million Kubikmeter CO2-neutrales Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist wird. Ihre Kapazität wird laut Wiener Abfallwirtschaftsplan und Wiener Abfallvermeidungsprogramm 2025-2030 verdoppelt.
Abscheidung von Kohlenstoff
Prüfung von Abscheidung von Kohlenstoff als Maßnahme
Der Großteil der Treibhausgasemissionen der Abfallwirtschaft entsteht bei der Verbrennung von fossilen Abfällen. Eine wichtige Maßnahme soll in Zukunft die Abscheidung von CO2 aus dem Rauchgas bieten: als Möglichkeit, Treibhausgasemissionen zu vermindern. Im Wiener Abfallwirtschaftsplan ist festgehalten, die Möglichkeiten für Kohlenstoffbindung (Carbon Capture) aus der Müllverbrennungsanlage zu überprüfen, Lösungen mit Kooperationspartner*innen zu entwickeln und gegebenenfalls eine Pilotanlage zu errichten.
HEBEL 4: Produktdesign und –zusammensetzung anpassen
Die Umsetzungen der Maßnahmen zu diesem Hebel finden sich zur Gänze im Kapitel 1.4 Überregionale Aspekte und Kreislaufwirtschaft.