Vorwort der Redaktion
Dieser Sammelband ist jenen gewidmet, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft vergessen werden: Frauen und Mädchen mit Fluchtgeschichte.
Weltweit ist die Zahl der von Flucht und Vertreibung betroffenen Bevölkerung stark gewachsen. Zählte UNHCR 2014 rund 60 Millionen, sind es im Jahr 2023 bereits 117 Millionen Geflüchtete, wovon die Hälfte weiblich ist. Die meisten lassen sich in benachbarten Ländern nieder, doch infolge der Fluchtbewegungen 2015 und 2022 suchen Menschen verstärkt Schutz auch in Österreich.
Insbesondere durch Familiennachzug und den Krieg in der Ukraine halten sich vermehrt Frauen mit Fluchtgeschichte in Wien auf. Mittlerweile sind über die Hälfte der Leistungsbezieher*innen der Wiener Grundversorgung Frauen, bei Vertriebenen aus der Ukraine sind es sogar 67 Prozent (Stand Juni 2024).
Die humanitäre Verantwortung, Menschen aufzunehmen, die zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen waren, erfüllt Wien mit großem Engagement. Damit ist eine Verantwortung für das Ankommen und für die Integration in die Gesellschaft verbunden. Die Stadt Wien und die Zivilgesellschaft unterstützen Menschen mit Fluchtgeschichte bei ihrem Neubeginn mit bedarfsgerechten Angeboten.
Die Bedarfe von Frauen mit Fluchtgeschichte unterscheiden sich teilweise von denen der Männer. Frauen und Mädchen erleiden viele Formen von Gewalt, Diskriminierung und Ausbeutung. Care-Arbeit übernehmen großteils Frauen. Schwangerschaft und Geburt sind Lebensereignisse, die viele Frauen betreffen. Was bedeutet dies jedoch für Frauen, die eine Flucht hinter sich haben? Welche geschlechtsspezifischen Herausforderungen gibt es vor, während und nach der Flucht? Und nicht zuletzt: Was bedeutet dies für ihre Gesundheit?
Gesundheit wird stark von sozialen Faktoren mitbestimmt. Die Themen des Sammelbandes umfassen deshalb ein sehr breites Spektrum. Welche geschlechtsspezifischen Gründe gibt es im Asylverfahren, welche Einstellungen hat die Bevölkerung in Österreich zu Flucht? Wie inklusiv sind unsere Gesundheitsversorgung und unser soziales System? Ein Fokus liegt auf der psychischen Gesundheit von Frauen mit Fluchtgeschichte – wie können beispielsweise traumatisierte Frauen gut versorgt werden? Welche Ressourcen und Stärken weisen geflüchtete Frauen auf? Bedarfsgerechte und frauenspezifische Angebote zeigen auf, wie Unterstützung gelingen kann.
Dieser Sammelband dokumentiert anhand ausgewählter Aspekte die Bedarfe, Handlungsansätze und Herausforderungen zu Frauengesundheit und Flucht. Zu Wort kommen Frauen mit Fluchtgeschichte, die hier einen Einblick in ihre Lebenswelt gewähren, weiters Wissenschafter*innen sowie Expert*innen aus der Praxis.
Alexandra Grasl-Akkilic und Ulrike Repnik