Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.11.2021:
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16. Wiener Gemeinderat (5)

Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke

GR Johann Arsenovic (GRÜNE) zählte zunächst verschiedene Unterstützungen auf, wie Steuer- und Sozialversicherungsstundungen, diverse Hilfsfonds und Garantien, die unterschiedliche Branchen und Zielgruppen erreichen würden. Diese Hilfen seien „nicht perfekt, aber treffsicher und in Abwicklung und Geschwindigkeit der Auszahlungen in den letzten 20 Monaten gut weiterentwickelt worden“. Im aktuellen Lockdown sei besonders positiv der Ausfallbonus, der Sozialfonds für Künstler*innen und die Verlängerung der Kurzarbeit, viele Hilfen seien neu erstellt oder ausgebaut worden. Das seien sehr gute Nachrichten vor allem für Ein-Personen-Unternehmen. Er zeigte sich erfreut, dass „Wien die Bundeshilfen zusätzlich ergänzt und die neue Koalition die Coronahilfen weiterführt“. Besonders hob Arsenovic die Online- und Kreativförderung der Wirtschaftsagentur Wien hervor und die Wirtschaftshilfen für „besonders gefährdete Branchen wie Städte- und Kongress-Tourismus“. Er erinnerte auch an Hilfen, die der Bund nicht hatte, aber Wien einsetzte hatte, wie die Gastrogutscheine. „Das Feedback von Unternehmer*innen hat bestätigt, wie hilfreich das Zusammenspiel der Unterstützungen von Bund und Stadt Wien waren“. 2022 werde ein „Schicksalsjahr für viele Unternehmer*innen“, weil Corona nicht vorbei sei und zusätzliche Herausforderungen kommen würden, wie ein „verändertes Konsumverhalten und vor allem die Klimakrise“. „Unternehmen in Wien sind gut aufgestellt, es gibt eine immense Investitionskraft, sie sind resilient, aber nicht unverwundbar.“ Das Gebot der Stunde sei, den „Transformationsprozess der Wiener Wirtschaft auf allen uns verfügbaren Ebenen zu unterstützen“. Dazu gehöre es, die „Förderungen zu evaluieren und zu hinterfragen, ob die Hilfen tatsächlich Klimafreundlichkeit und kleinteilige lokale Wirtschaft fördern“, sagte er abschließend.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) kritisierte das Doppelbudget, das trotz der „Unvorhersehbarkeit den Mangel an Flexibilität“ in Kauf nehme, die aber nach der Bewältigung der Pandemie nötig wäre. „Es ist so beweglich wie ein Flugzeugträger – nämlich gar nicht“. 2018 sei Stadtrat Hanke mit Vorschusslorbeeren bedacht worden, weil er immer wieder betont habe, welch großes Anliegen ihm gutes Wirtschaften sei. Man habe sich einen neuen Sepp Rieder gewünscht, der ehemalige sozialdemokratische Finanzstadtrat habe gewusst, er könne „nicht mehr ausgeben, als einnehmen“. Vielmehr sei man nun mit einem „Fortschreiten des Weges der Renate Brauner“ konfrontiert. Es sei ihm bewusst, dass in Zeiten der Pandemie Investitionen erforderlich seien, aber es sei nicht einzusehen, dass schon vor Corona ein Defizit von 1,7 Milliarden Euro begründet worden sei. Denn der Finanzausgleich sei aus Wiener Sicht gut verhandelt worden, die Ertragsanteile seien über dem Niveau der Zeit vor Corona. Es zeige die „Reformunwilligkeit und den geringen Mut dieser Regierung“. Leider bleibe hier Wien stabil, in diesem Sinne habe Peter Hanke recht. Wien drehe „lieber die Steuerschraube und erhöhe die Einnahmen, statt die Ausgaben zweckorientiert einzusetzen“. Juraczka berichtete von einem Entscheid des Verwaltungsgerichtshofes, der Ideen zur Effizienzsteigerung wie sie die ehemaligen Stadträtinnen Brauner, Frauenberger und Vassilakou vorgehabt hätten, zurückgewiesen habe. Ideen etwa wie „Einstellung der Vorhangreinigung, dünneres Druckerpapier, Streichung der 7. Urlaubswoche oder Kürzung der Bezirksbudgets, die ohnehin kaum Spielraum haben, und Schließung der Bezirksmuseen.“ Er betonte auch den Vorschlag „Einstellung von W24, dem stadteigenen Fernsehsender, von dem wir nicht einmal wissen, wie hoch das Defizit ist“. Aber besonders drei Vorschläge würden „das Fass zum Überlaufen bringen: Kostenreduktion bei Bauvorhaben, Reduktion der Inseratenschaltungen der Stadt und Beendigung der ,unkontrollierten‘ Herstellung und Versendung von Katalogen und Hochglanzbroschüren“. Es sei offensichtlich, dass die Stadtregierung wisse, woran es mangelt, aber sie mache lieber weiter wie bisher, weil es bequemer sei. Das sei „schlimm und schade und dagegen kämpfen wir an“. Juraczka brachte zwei Anträge ein: der erste Antrag fordert die „Abschaffung des Büros der Daseinsvorsorge“, der zweite die „Abschaffung des Wiener Valorisierungsgesetz“.

GR Ing. Christian Meidlinger (SPÖ) nahm auf die Kritik seines Vorredners Juraczka Bezug und stellte klar, dass die erwähnten Vorschläge nicht von den Stadträtinnen gewesen seien, sondern „von den 60.000 Beschäftigten der Stadt, die partizipativ 1.000 Vorschläge einbrachten und diese von einer Arbeitsgruppe abgearbeitet“ worden seien. Dabei waren „manche sehr gut, manche gut und manche nicht umsetzbar“. Zur Debatte: Er sei froh, dass der Budgetentwurf in vielen Punkten auf die Krise Bezug genommen habe und gegensteuere. Meidlinger bedankte sich bei allen Kolleg*innen, die in den Bereichen Gesundheit und Soziales, Kinderbildungseinrichtungen und der Daseinsvorsorge tätig seien. Weiters meinte er, es zeige sich, dass „die Wirtschaft nach dem Lockdown gut angesprungen“ sei, nun wären wir im nächsten. Dennoch erweise sich „Wien als guter Arbeitgeber, es gebe hervorragende Arbeitsplätze – auch für Frauen“. Dahingehend sei in den letzten zehn Jahren viel erreicht worden, obwohl 13 Prozent mehr Einwohner*innen „große Herausforderungen bei Investitionen und auf dem Arbeitsmarkt“ bedeutet hätten. Zu diesem Thema sei bereits viel gesagt worden, „obwohl Arbeitsmarktpolitik eigentlich Angelegenheit des Bundes“ sei. In Wien sei dazu viel passiert. Dennoch gebe es „zwei große Gruppen, die Sorgen bereiten: Langzeitarbeitslose und Jugendliche“. Der waff versuche neun Prozent mehr Langzeitarbeitslose zu unterstützen, viele hätten als einziges Handikap ihr fortgeschrittenes Alter, 70 Prozent würden die Hilfsangebote annehmen. Für Jugendliche gebe es in Wien zum Beispiel die „eigene Lehrwerkstätte der Wiener Linien, weitere Unterstützung für Betriebe, die im ersten Lehrjahr keine Lohnkosten zahlen müssen, erhöhtes Ausbildungsgeld und mehr. Wien schafft Chancen und Arbeit für viele junge Menschen in der Stadt“. Wien habe viele Modelle, die der Bund sofort übernehmen könnte. Statt „Steuerreform für Großkapital hochzujubeln“, wenn ein Prozent KÖST zurückgezahlt werde, solle man lieber auf die Arbeitnehmer*innen hören, die sich „gegen Tourismuszonen und Sonntagsöffnung aussprechen“ würden.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) verfolgte gespannt die Verbesserungsvorschläge der ÖVP, denen der Lockdown zu danken sei, der wieder „drastische Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort“ habe. Er begrüßte die Einstellung von Stadtrat Hanke, der „heute an der Zukunft der Stadt“ arbeite. Die sozialliberale Fortschrittskoalition sorge für Klimaschutz und entsprechende Infrastruktur. Auch „internationale Konzerne sehen das positiv: Wien ist für sie attraktiv, Klimaneutralität wird zum Standortvorteil“. Allein der Lifescience Bereich bringe 13,3 Milliarden Euro im Jahr und mache Wien zu einem der bedeutendsten Standorte für Lifescience. 2020 hätten Unternehmen rund 900 Millionen Euro investiert, wie Böhringer Ingelheim und so 500 Arbeitsplätze geschaffen. Oder „Takeda, ein japanisches Pharmaunternehmen, das mit knapp 130 Millionen Euro einen Forschungsstandort in Aspern Seestadt aufbauen möchte“, was mit dem Bekenntnis der Stadt Wien zur Klimaneutralität begründete worden sei. „Sie wollen dort ein Labor der Zukunft errichten. Wir können stolz sein, dass ein so großer Konzern Wien ausgewählt hat, ein Konzern, der sich zu den Pariser Klimazielen bekennt und einen klaren Weg skizziert, und der damit andere Konzerne wie ein Magnet anziehen wird.“ Gara fasste zusammen: „Ambitionierte Ziele und eine internationale Orientierung mobilisieren Marktdynamiken. Die Stadt hat eine investive Rolle, Unternehmergeist, Wettbewerb und sozialen Zusammenhalt zu fördern.“

StRin Mag.a Judith Pühringer (GRÜNE) betonte, Wien könne sich angesichts der Dringlichkeit bei Klima, Arbeitsmarkt und Wirtschaft nicht leisten, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Es müsse verändert werden, wie wir kollektiv über Gesundheitsversorgung reden würden. Es habe sich gezeigt, dass in Ländern, die ein gutes soziales Netz haben und Menschen in allen Lebenslagen unterstützen, besser durch die Pandemie gekommen seien. „Resilienz ist das Stichwort der Zukunft, Widerstandsfähigkeit in Zeiten der Krise“. Sie betonte, dass das Wien im Jahr 2030 bereits heute gebaut werde. Daher müssten Schlüsselstellen identifiziert werden, wie „grüne und nachhaltige Wirtschaft als Alternative zu rein quantitativem Wirtschaftswachstum“. Pühringer forderte: „Wien braucht eine Zukunftsklausel: gefördert wird, wer Zukunft stärkt.“ Darunter verstehe sie eine soziale, resiliente Stadt mit Klima im Mittelpunkt. Es gehe um Vergabepolitik, Tourismus, Forschung und Arbeitsmarktpolitik. Für ein „visionäres Doppelbudget“ müsste an spielverändernden Schrauben gedreht werden hinsichtlich Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Sie erkenne drei „Leuchttürme“: „Green new deal“ als Antwort auf die doppelte Krise durch Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit – „Zum Beispiel Arbeitsplatz und Jobgarantie mit ökologischen Jobs zu verbinden.“ Zweitens die gerechte Verteilung von Erwerbs- und Versorgungsarbeit, in Form von Arbeitszeitverkürzung, wovon vor allem Frauen profitieren würden. Und drittens: „revolutionäre Vergabepolitik nach sozialen und ökologischen Kriterien“. Abschließend forderte sie, „Mut zur Veränderung, Zuversicht, innovative Zusammenarbeit, Solidarität – das brauche innovative Wege in Wirtschaft und Arbeitsmarktpolitik. Damit alle Menschen, die hier leben, die Zukunft gemeinsam gestalten können.“

GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) begrüßte die ökosoziale Steuerreform, die einen Familienbonus von 2.000 Euro pro Kind vorsehe und eine steuerliche Entlastung. „Aber Familien, die keine Steuern zahlen, sind bisher vergessen worden, daher sollten die Lohnkosten gesenkt werden, damit alle von der Reform profitieren können“. Er bedauerte, dass sich rund um die KÖST eine „Neiddebatte“ entwickelt habe, die niemanden weiterbringe. Ziel sei es, den „Standort in Österreich sicherzustellen, in dem es sich lohnt zu arbeiten und indem Arbeitsplätze geschaffen werden“. Er könne zwar dem Budget nicht zustimmen, aber der Idee eines Doppelbudgets etwas „abgewinnen“, weil es in Zeiten von Unsicherheit erlaube zu planen. Er forderte die Möglichkeit, „zeitgerecht über Abänderungen diskutieren zu können“. Er brachte den Antrag ein, „Stadtrat Hanke möge im November 2022 einen Budgetantrag einbringen, damit die Opposition darüber debattieren kann.“ Es sei wichtig, zu schauen, ob die Stadtregierung weitermacht wie bisher, oder „die Probleme endlich angegangen werden“. Es gebe Herausforderungen, wenn mehr ausgegeben werde als eingenommen, aber man müsse auf die Fakten schauen. Die Schulden der Stadt seien nach Angaben der SPÖ „kontinuierlich um zehn Milliarden Euro gestiegen“. Obwohl es angeblich kein „akutes Einnahmenproblem“ gegeben habe und auch „die Ausgaben weniger gesunken“ seien, als befürchtet worden sei. „Da die Ausgaben der Pandemie fast ausschließlich vom Bund getragen worden sind, was kein Vorwurf ist, aber es sollte auch keine Ausrede für kontinuierliche Defizite der Stadt sein“. Es brauche eine Trendwende von „immer so gemacht“ hin zu „effizienteren Ausgaben“ gemäß Vorgaben des Rechnungshofes, hinsichtlich der Bevölkerung und der Arbeitsmarktpolitik. Wien solle sich den strukturellen Problemen stellen.

GRin Yvonne Rychly (SPÖ) nahm Bezug auf die Situation in Kindergärten und Horten, für die 2022 998 Millionen Euro vorgesehen seien und für 2023 sogar erstmals über eine Milliarde Euro. 95 Prozent Frauen würden in diesem Bereich arbeiten, fehlendes Personal müsse aufgestockt werden. Dem Vorsatz von Genderbudgeting folgend würde eine Steigerung des Männeranteils angestrebt, was mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden solle. Gendersensible Pädagogik würde sowohl in baulichen Maßnahmen, als auch bei Spiel- und Beschäftigungsmaterial berücksichtigt. 350 Standorte würden „Bildungsimpulse für alle Kinder“ erlauben, abseits einengender Rollenbilder. Sie bedankte sich für die „Investition in die Zukunft der Kinder“. Auch der waff würde „Gender Mainstreaming im Sinne der Chancengleichheit umsetzen“. Wobei die Coronakrise „geschlechtsspezifische Muster wieder verstärkt“ habe, was mit der Förderung beruflicher Weiterbildung von Frauen, die vor allem Hausarbeit und Betreuung von Kindern und Jugendlichen bestreiten würden, entgegengewirkt werden solle. Rychly griff einige Maßnahmen wie FRECH – Frauen ergreifen Chancen und Programme Karenz- und Wiedereinstieg, das auch Männern zur Verfügung stehe heraus und betonte die „individuelle Beratungsleistung und finanzielle Unterstützung“. Abschließend wies Rychly auf die überbetriebliche Lehrausbildung hin, welche Mädchen gezielt in nichttraditionellen Berufen fördere und bedankte sich bei allen, die „die Fortschrittskoalition leben“ würden.

(Forts.) heb

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