Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.06.2021:
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12. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2020 (20)

Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) legte den Schwerpunkt seiner Rede auf den Bereich Gemeindebau, den er als „wichtiger Mosaikstein im sozialen Wohnbau bezeichnete“. Die Sozialdemokratie werde aber ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht: Nachdem sich die SPÖ „jahrelang“ gegen das Errichten neuer Gemeindebauten „gewehrt“ habe, sei im Jahr 2015 – kurz vor der damaligen Wien-Wahl - das Projekt „Gemeindebau Neu“ ins Leben gerufen worden. Der ehemalige Bürgermeister Michael Häupl habe damals angekündigt, bis 2.000 Gemeindewohnungen bis zum Jahr 2020 errichten zu wollen. Sein Nachfolger, Bürgermeister Michael Ludwig, habe dann sogar von 4.000 Wohnungen gesprochen, welche die Stadt Wien „auf den Weg bringen wolle“. Dieser semantische Unterschied zwischen „errichten“ und „auf den Weg bringen“ spiegle sich nun in der Zahl der tatsächlich fertig gestellten Gemeindewohnungen wider. Lediglich zwei Gemeindebauten seien seither errichtet worden, der Barbara-Prammer-Hof mit ca. 120 und im Meidlinger „Wildgarten“ mit ähnlichen vielen. Die „vollmundige“ Ankündigung, 2.000 Wohnungen errichten zu wollen, gehe „sich nicht ganz aus“, so Kowarik. Er wünschte sich, dass die Stadt Wien weniger in Öffentlichkeitsarbeit investiere, dafür aber die den Bau von Gemeindewohnungen „deutlich schneller voran treibt“. Außerdem müsste die Sanierung der Gemeindebauten endlich forciert werden, forderte Kowarik. Viele Gemeindebauten seien in einem „tendenziell schlechten bzw. sehr schlechten Zustand“. Für eine kostenoptimale Erhaltung des Anlagezustandes sei Sanierungszyklus von 30 Jahren erstrebenswert – das sehe auch Wiener Wohnen so. Tatsächlich belaufe sich der Sanierungszyklus allerdings auf 67 Jahre, kritisierte Kowarik.

GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) sagte, die Pandemie habe negative Auswirkungen auf die Wohnsituation vieler Wienerinnen und Wiener gehabt. Der – noch von der vorherigen rot-grünen Stadtregierung beschlossene – Delogierungsstopp in den Gemeindebauten sei daher eine äußerst wichtige Entscheidung gewesen. Dazu käme eine „Sonderaktion“, mit der die Stadt den Zugang zu Gemeindewohnungen auch jenen Menschen ermögliche, die keinen begründeten Wohnbedarf haben. Die Pandemie habe viele Wirtschaftszweige vor Herausforderungen gestellt, nicht aber die Baubranche. Deshalb sei es möglich gewesen, trotz Pandemie Wohbauten zu errichten und diese an neue BewohnerInnen zu übergeben. Das habe dem Wirtschaftsstandort Wien „sehr gut getan“, fand Arapovic. Während der Pandemie seien auch die Ansprüche an das Wohnumfeld höher und vielschichtiger geworden. Das Interesse an Projekten, die Wohnen, Arbeiten und Erholen verbinden, sei „massiv gestiegen“. Rechnung trage man dieser Nachfrage etwa mit dem Seestadtquartier am Seebogen, das eine enge Verknüpfung von Arbeit und Wohnen ermögliche. Arapovic hob außerdem das Sanierungskonzept der Stadt Wien hervor: Sanierungen würden nun mit bis zu 5.000 Euro gefördert, es gebe mit der „Hauskunft“ sogar eine eigene Anlaufstelle dafür. Die Zukunft des Wohnens werde laut Arapovic „klimaneutral“ sein. Ein zentraler Baustein für die angestrebte Klimaneutralität 2030 sei die Wärmewende. Künftig müssten Wohnungen vermehrt mit Erdwärme und Wärmepumpen beheizt werden, entsprechende Förderungen gebe es bereits.

GR Georg Prack, BA (Grüne) meinte, die Stadt Wien müsse mehr gegen hohe Mietpreise unternehmen. Die aktuelle Krise habe einen „Anlagenotstand“ bei Investorinnen und Investoren ausgelöst und dazu geführt, dass immer mehr Kapital in Wohnraum angelegt werde. Dieser „massive Zufluss“ von Kapital in den Wohnungsbestand sei aber „keine gute Nachricht“. Boden-, Eigentums- und Mietpreise seien gestiegen, der Druck auf den Wohnraum steige. Prack wolle „alles unternehmen“, um Spekulationen zu verhindern, um am Wohnungsmarkt die „Preisspirale nach oben“ zu stoppen. Dafür wäre eine Reform des Mietrechts mit klaren Mietzinsobergrenzen „dringend notwendig“. Wien könne viel gegen steigende Miet- und Eigentumspreise unternehmen, meinte Prack und brachte drei Vorschläge dazu vor: Erstens müsse der Bestand an leistbaren Wohnungen durch Preisregulierungen erhalten und ausgebaut werden. Ein starker gemeinnütziger Wohnbau sei ein „wesentlicher Faktor gegen Mietpreise wie in München“. Zweitens forderte Prack den ein härteres Vorgehen gegen Spekulationen mit dem Leerstand von Wohnungen. Am besten wäre es, eine Abgabe auf Leerstand einzuführen, denn „Wohnraum ist zum Wohnen da, nicht zum Sparen“. Drittens forderte Prack ein Verbot der gewerblichen Kurzzeitvermietung „im gesamten Wohnungsbestand der Stadt Wien“. Wohnen sei ein Menschenrecht, eine „marktförmige Regulierung des Bereichs“ hielt Prack nicht für möglich. Prack brachte im Zuge seiner Wortmeldung einen Antrag zur thermischen Sanierung von Gemeindebauten ein.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) sah den Erhalt des leistbaren Wohnens als „Aufgabe der Kommune“. Dass die angekündigten 4.000 neuen Gemeindewohnungen so lange auf sich warten ließen, kritisierte Sittler. Er warf der Stadtregierung zudem vor, die Sanierung der Gemeindebauten nicht stärker zu verfolgen – das sei schlecht für die Nachhaltigkeit. Sittler schlug vor, „mit sanfter Nachverdichtung“ des Bestandes neuen Wohnraum zu schaffen, etwa durch das Aufstocken von Häusern, die Umnutzung andere Häuser oder durch das Erweitern bestehender Substanz. Dazu brachte Sittler einen Antrag ein. Der Gemeindebau stehe für leistbares Wohnen, so Sittler. Allerdings fand er die Einkommensgrenze für einen Wohnungsanspruch zu hoch bemessen. Laut Sittler liege die Obergrenze in einem Ein-Personen-Haushalt bei 3.410 Euro netto. Es gebe wohl Menschen in Wien, die dringender eine Gemeindewohnung benötigten. Sittler forderte deshalb im Namen der ÖVP fünf Jahre nach der Mietvertragsunterzeichnung die Vorlage eines Gehaltszettels. Wer über der Einkommensgrenze liegt, solle einen Solidaritätsbeitrag leisten. Auch dazu brachte Sittler einen Antrag ein.

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ) sagte, Wien müsse seine Wohnsituation angesichts der steigenden Bevölkerungszahlen strategisch ausrichten. Aktuell befänden sich rund 24.000 Wohnungen im Bau. In Richtung der Kritiker sagte er: Viele Städte in Europa würden Wien um diese Bauleistung beneiden. Dass der Bau neuer Gemeindewohnungen Zeit in Anspruch nehme, sei klar: „Wir spielen in der Stadt nicht SimCity.“ Die Projekte erforderten viel Planung und viel Überlegung, betonte Schober. Aktuell befänden sich 605 Gemeindewohnungen Neu in Bau. Für Mieterinnen und Mieter gebe es weder Befristung noch müssten sie Provision oder Kaution bezahlen. Die Wohnungen befänden sich zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien. Mittlerweile wohnten 31 Prozent der Wienerinnen und Wiener in einer der 220.000 Gemeindewohnungen. Rechne man die 200.000 Genossenschaftswohnungen dazu, belaufe sich die Rate der im sozialen Wohnbau wohnenden Bevölkerung auf 60 Prozent, so Schober. Es sei Auftrag der Stadtregierung, leistbaren Wohnraum in Wien sicherzustellen. Mit einer eigenen Widmungskategorie „sozialer Wohnbau“, dem Bau von Gemeindewohnungen, Genossenschaftswohnungen sowie SMART-Wohnungen werde die Stadt Wien ihrem eigenen Anspruch gerecht. Wien verfüge über außerdem über 3,1 Millionen Quadratmeter „Reservefläche“. Die Wohnbaupolitik der Stadt Wien berücksichtige die Bedürfnisse der Wienerinnen und Wiener. Da die Zahl der Alleinerziehenden ansteige, seien eigene Wohnmodelle für sie entwickelt worden. Außerdem hätten sie seit Juli 2020 einen leichteren Zugang zu geförderten Wohnungen. Die Stadt Wien lege auch viel Wert auf den sozialen Zusammenhalt und habe deshalb neue Wohnformen geschaffen, wie z.B. das Generationenwohnen. Die Sanierungsoffensive der Stadt Wien sei „wirkungsvoll“, es gebe nicht nur einen leichteren Zugang zu Förderungen, es würden auch ganze Stadtteile in den nächsten zehn Jahren „klima- und zukunftsfit gemacht“, so Schober. (Forts.) sep

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