Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.2020:
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42. Wiener Landtag (1)

Fragestunde

Die 42. Sitzung des Wiener Landtags in der laufenden Legislaturperiode hat heute, Dienstag, wie üblich um 9 Uhr mit der Fragestunde begonnen. Wiens Stadtrat für Bildung, Integration, Jugend und Personal, Mag. Jürgen Czernohorszky (SPÖ), beantwortete gleich vier Anfragen.

Die 1. Anfrage stellte LAbg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS). Er verwies auf den „rot-schwarzen Machtkampf“ zwischen ÖVP-geführtem Bildungsministerium und der „roten“ Wiener Bildungsdirektion, der im Buch „Machtkampf im Ministerium“ der Lehrerin Susanne Wiesinger geschildert werde. So habe die „rote“ Wiener Bildungsdirektion einen Erlass des „schwarzen“ Bildungsministeriums an die Lehrerinnen und Lehrer kurz vor Schuljahresschluss bewusst zurückgehalten, um die Lehrerschaft zu „stressen“ und die Lehrerschaft als Reaktion „wütend“ auf die ÖVP zu machen. Für einen daraus entstandenen Mehraufwand bei der Zeugnis-Erstellung habe die Bildungsdirektion den LehrerInnen Sonderurlaubstage zugesagt. Wiederkehr wollte nun wissen, wie viele dieser Urlaubstage bislang beantragt bzw. bewilligt wurden. Czernohorszky antwortete: Das Bild, welches das angesprochene Buch zeichne, werde „dramatisiert“; der Eindruck, in der Bildungsverwaltung gehe es stets um politischen Einfluss, sei falsch. „Nachweislich“ habe das Bildungsministerium besagten Erlass am 21. Juni 2019 an die Landes-Bildungsdirektionen erteilt. Noch am selben Tag, an ebendiesem 21. Juni, habe die Bildungsdirektion Wien den Erlass an die Wiener Schulen weitergeleitet - ebenso nachweislich. Dass es hier „ein bewusstes Zurückhalten eines Erlasses gegeben hat, ist einfach falsch“, sagte Czernohorszky. Tatsächlich habe der Ministeriums-Erlass „für Mehrarbeit und Stress“ bei den LehrerInnen geführt - es galt, Zeugnisse zu überarbeiten, als diese schon fertig waren. Dafür habe die Wiener Bildungsdirektion die Schulen in der Stadt auf die Möglichkeit hingewiesen, den betroffenen PädagogInnen einen Sonderurlaubstag zu gewähren - im Rahmen derer jeweiligen Schulautonomie. Weil das Abwickeln dieser Urlaubstage im autonomen Bereich der Schulen liege, könne die Bildungsdirektion keine Gesamtzahl nennen.

Die 2. Anfrage kam von LAbg. Sabine Schwarz (ÖVP). Sie wollte wissen, ob und wann Bildungsstadtrat Czernohorszky das regelmäßige „SchülerInnen-Parlament“ in der Wiener Landesverfassung verankern wolle. Der Stadtrat antwortete: Er selbst habe seine politische Karriere als Schulsprecher begonnen - nicht alleine deswegen sei ihm Mitbestimmung schon im Kindesalter ein „großes, persönliches Anliegen“. Wien sei im Jahr 2000 das erste Bundesland gewesen, das den SchülerInnen-Parlamenten den großen Landtags-Sitzungssaal im Rathaus zur Verfügung gestellt habe, das bis heute „selbstverständlich“ tut und „mit größtmöglicher Unterstützung fortführen“ wolle. Allerdings: Die Thematik der SchülerInnen-Vertretung sei bundesgesetzliche Materie, und in verschiedenen Bundesgesetzen, etwa dem Bundes-Schülervertretungengesetz, geregelt. Er, Czernohorszky, wolle aber einen „offenen, konstruktiven“ Weg gehen, die SchülerInnen-Vertretungen weiterzuentwickeln. Es brauche aus seiner Sicht, erstens, eine Stärkung der SchülerInnen-Vertretung in der Pflichtschule; die direkte Wahl der SchulsprecherInnen in den Mittelschulen müsse ermöglicht werden. Zweitens, die „Demokratisierung“ der SchülerInnen-Vertretung. Der Bundesschulsprecher werde derzeit von nur 29 SchulsprecherInnen gewählt - das müsse geöffnet werden. Drittens: Unterstützung der SchülerInnen-Vertretungen in ihrer Arbeit. Czernohorszky regte an, dass in jeder Schule Vertrauenspersonen im Lehrkörper wirken, die die SchülervertreterInnen unterstützen, besonders in personellen Übergangsphasen.

Die 3. Anfrage stellte LAbg. Mag.a Birgit Jischa (SPÖ). Sie wollte wissen, wie sich das Wiener Schulwesen im laufenden Schuljahr 19/20 entwickelt habe. Czernohorszky antwortete: Aktuelle demographische Erhebungen der Wiener Landesstatistik sagen der Hauptstadt ein gedämpftes, aber weiteres Bevölkerungswachstum voraus. Vor allem wachse die Kohorte der Kinder und Jugendlichen, was sich auch in steigenden SchülerInnen-Zahlen niederschlage. Im laufenden Schuljahr 19/20 gebe es an Wiener Schulen insgesamt 229.611 Schülerinnen und Schüler. Das sei ein Plus von mehr als 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Steigende Zahlen seien auch bei den Schuleinschreibungen zu bemerken. Czernohorszky sei wichtig: „Der erste Schultag soll keine Prüfung sein, wo die Kinder ‚vermessen‘ werden“ – es gehe da vor allem um soziale Fähigkeiten. Ob dieser Check „am Tablet passieren muss, möchte ich bezweifeln“. Das, von der ehemaligen türkis-blauen Bundesregierung beschlossene, Wiedereinführen der Ziffernnoten in der Volksschule sei „Zwangsbeglückung“. In Richtung der Wiener Schülerinnen und Schüler, die in Kürze in die Semesterferien starten, meinte der Stadtrat: „Auch wenn das Zeugnis nicht perfekt ist, ihr seid mehr als eine Note.“

Die 4. Anfrage kam von LAbg. Dietrich Kops (DAÖ) und betraf das Thema Doppelstaatsbürgerschaften. Die derzeitige Regelung sehe vor, dass Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben, ihre alte Staatsangehörigkeit zurücklegen müssten; eine Doppelstaatsbürgerschaft sei nur in Ausnahmefällen möglich. Derzeit prüfe der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) aber ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), das die bestehende Regelung aufweichen könnte, sollte die betroffene Person auch vom Verlust der Unionsbürgerschaft bedroht sein. Kops wollte von Czernohorszky wissen, ob er sich dieser neuen Regelung „beugen“ wolle oder gedenke, die bestehende Regelung beizubehalten. Czernohorszky erinnerte: Es sei nicht Aufgabe einer Behörde, im Gesetzesvollzug an „ein bewährtes System zu glauben“ oder „sich zu beugen“. Eine Behörde habe ein Gesetz rechtskonform zu vollziehen - das passiere in Wien „selbstverständlich“, so Czernohorszky. Der VwGH habe die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Falle eines drohenden Verlusts der Unionsbürgerschaft mit Erkenntnis vom 30. September 2019 erlassen und seither werde diese Regelung auch angewendet. Die meisten bereits erfolgten Prüfungen hätten übrigens ergeben, dass der Verlust der Staatsbürgerschaft in den meisten Fällen verhältnismäßig gewesen sei, schloss Czernohorszky.

Die 5. Anfrage richtete LAbg. DI Dr. Stefan Gara (NEOS) an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Gara fragte, wann dem Wiener Landtag ein Gesetzesentwurf vorgelegt werde, der die rechtlichen Grundlagen für die Umwandlung des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) in eine Anstalt öffentlichen Rechts beinhaltet. Gara sagte, die Ausgliederung des KAV sei für Jänner 2020 angekündigt worden, aber noch nicht erfolgt. Hacker antwortete: Er habe eine solche Deadline nie gesetzt, er wundere sich woher diese Auffassung komme. Die Umwandlung des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts sei zwar wichtig, aber bei weitem nicht der einzige notwendige Schritt für die Reorganisation des KAV. Zudem sei nicht die Geschwindigkeit der Reorganisation ausschlaggebend, sondern Vorkehrungen dafür zu treffen, die gesundheitliche Versorgung in Wien auf Spitzenniveau zu halten. Der Reformprozess des KAV folge dem Ziel, ein moderner Dienstleistungsbetrieb zu werden. Die Umwandlung der Rechtsform stellte dabei ein „zusätzliches Element“ dar. Hacker hielt es aber für eine Fehleinschätzung, dass es damit getan sei. Der notwendige Reformprozess sei schon längst im Gange und dazu gehöre auch die Einführung eines neuen Führungsmodells; einer neuen Markenstrategie; die Optimierung der Abwicklung zukünftiger Investitionsprozesse; das Zugänglichmachen der OP-Warteliste. Hacker betonte als weitere Schritte die finalen Vorbereitungen für die Umstellung auf das neueste „SAP Major Release“, mit dem das ganze Rechnungswesen des KAV „auf völlig neues Niveau“ gehoben werde. Als weitere Beispiele für den Reformierungsprozess nannte er die Besiedelung der Klinik Floridsdorf und etwa die Einführung der Zentralen Geburtenanmeldung an allen Wiener Spitälern sowie das Vienna Cancer Center.  (forts.) esl/sep

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