Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.11.2017:
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Neue Datenschutz-NGO will Grundrechte gegenüber Tech-Giganten durchsetzen

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Der neue gemeinnützige Verein „noyb - Europäisches Zentrum für Digitale Rechte“ sammelt Fördermitglieder mit „Kickstarter“-Methode

„Wir haben zwar strenge Datenschutzgesetze in Europa, aber in der Realität ist davon oft wenig zu spüren“ sagt Max Schrems, Initiator des Vereins noyb (Abkürzung für „none of your business“).
„Wir starten daher mit einer Finanzierungskampagne für eine unabhängige, schlagkräftige Organisation, damit endlich effektiv und auf europäischer Ebene gegen den Missbrauch von persönlichen Daten vorgegangen werden kann.“

Neben Schrems, Jurist, Autor und Datenschutzaktivist, sind der Nachrichtentechniker, Jurist und Obmann von epicenter.works Dr. Christof Tschohl, und die Leiterin der VKI-Akademie, Juristin und Verbraucherrechtslektorin Dr. Petra Leupold, im Vorstand von noyb vertreten. Ziel des Vereins ist, eine effektive Durchsetzung der digitalen Rechte zu gewährleisten und den gesetzlich garantierten Schutz der Privatsphäre zur Realität werden zu lassen. Schrems: „Wir wollen ordentlichen Datenschutz vom Gesetz zu Ihnen nach Hause bringen – auf Ihren PC, Ihr Handy.“

Stadt Wien unterstützt noyb als institutionelles Vereinsmitglied

Die Stadt Wien unterstützt die Initiative als institutionelles Vereinsmitglied. Neben zahlreichen Initiativen wie der 2015 beschlossenen „FTI-Strategie Innovatives Wien 2020“ stärken Initiativen wie noyb Wien als einen der wichtigsten europäischen IKT-Standorte.

„Aus meiner Zeit als Konsumentenschützerin in der AK weiß ich, wie wichtig es ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Grundrechtsfragen einen verlässlichen Partner an ihrer Seite haben. Die Zeit des digitalen Wandels und Big Data stellt uns vor neue gesellschaftliche und juristische Fragen, mit denen sich die Stadt nicht zuletzt in der FTI-Strategie ‚Innovatives Wien 2020‘ auseinandersetzt. Als Menschenrechtsstadt macht sich Wien vor allem auch international für den Kampf um Grundrechte stark und deshalb freut es mich besonders, noyb in unserer Stadt begrüßen zu dürfen. Unsere Unterstützung ist auch ein klares Bekenntnis zum Kampf um den Schutz digitaler Rechte.“, so Wirtschafts- und Finanzstadträtin Renate Brauner.

Fokus auf Unternehmen und deren Praktiken

Der Fokus von noyb liegt auf der kommerziellen Datenverarbeitung durch Unternehmen. Diese ist in der Praxis wenig transparent. Nutzer sehen sich oft mit unrechtmäßigen Praktiken, Klauseln und Vereinbarungen konfrontiert. Daten werden hinter dem Rücken der VerbraucherInnen verknüpft und verkauft. Phänomene wie Big Data, Profiling und Selective Targeting sind heute bereits üblich und werden sich in Zukunft verstärken. Dr. Christof Tschohl (epicenter.works): „Viele Unternehmen haben ein Interesse am gläsernen Konsumenten, um ihre Produkte besser zu verkaufen, und sie sind technisch dazu in der Lage, indem sie zum Teil sensible Daten in großem Stil sammeln, verknüpfen und mit Ihnen Geschäfte betreiben. Die vorhandenen Regeln werden dabei oft einfach ignoriert. Hier muss es effektive Grenzen geben.“

Verbesserte Ausgangslage und aktives Handeln

Im Mai 2018 tritt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) in Kraft. Sie enthält massiv verbesserte Durchsetzungsmöglichkeiten für Nutzer. NGOs wie noyb werden dadurch in der Lage sein, direkt für die VerbraucherInnen bei Behörden und vor Gericht aktiv zu werden, etwa durch Sammelklagen oder durch strategische Verbandsklagen. „Das ist eine essentielle Verbesserung ge-genüber der jetzigen Rechtslage, die sicherstellen könnte, dass die Rechte der VerbraucherInnen in der Praxis auch tatsächlich eingehalten werden.“ erklärt Schrems.

Die grenzüberschreitende Dimension von Datenschutzverletzungen durch global agierende Unter-nehmen stellt auch Verbraucherschutzorganisationen vor neue Herausforderungen. Dr. Petra Leu-pold (VKI): „Das materielle Datenschutzrecht bietet in Europa ein vergleichsweis hohes Schutzniveau. Bis dato gibt es aber eine Lücke in der Rechtsdurchsetzung. Hier sehen wir dringenden Bedarf nach einer spezialisierten Organisation wie noyb, um die digitalen Rechte der KonsumentInnen auch länderübergreifend effektiv durchzusetzen. Der VKI und noyb werden daher eng zusammenarbeiten, um gemeinsam gegen Datenschutzverstöße vorzugehen.“

noyb wird nicht nur rechtlich gegen Datenschutzverstöße vorgehen, sondern auch Guidelines und Best Practices veröffentlichen, die Unternehmen praktisch helfen sollen, sich an die Gesetze zu halten. „Ziel ist es Unternehmen dazu zu bringen sich ans Recht zu halten. Für viele Unternehmen ist das oft nicht so leicht – denen wollen wir auch praktische Tipps geben. Gleichzeitig kann die Verfolgung von absichtlichen Datenschutzverstößen auch für einen fairen Wettbewerb sorgen.“, so Schrems. Außerdem sind Datenauskunft-, Beschwerde- und Whistleblower-Tools geplant, um die Privatsphäre von VerbraucherInnen zu stärken.

Gegengewicht zu Global Players kostet Geld und braucht Partner

Ziel von noyb ist es, Tech-Giganten wie Facebook, Google & Co. mit einem Team hochqualifizierter und engagierter JuristInnen und IT-ExpertInnen auf Augenhöhe zu begegnen. Dafür werden in der Startphase mindestens 250.000 € für 2018 benötigt, für den laufenden Betrieb wird mit Kosten in Höhe von 500.000 € pro Jahr gerechnet.

Zu den institutionellen Partnern zählen zurzeit unter anderem: die Stadt Wien, die amerikanische Datenschutzorganisation epic, der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der norwegische Verbraucherschutzverband Forbrukerrådet, das Unternehmen StartPage, welches eine datenschutzfreundliche Suchmaschine betreibt, der Wiener Chaos Computer Club oder die Roland Prozessfinanz. Daneben wird noyb von zahlreichen Experten aus den Bereichen Datenschutz, Recht und IT unterstützt, u.a. von zwei „Vätern“ der DSGVO, Jan-Philipp Albrecht (EU-Abgeordneter/Grüne) und Paul Nemitz (EU-Kommission), Prof. Herwig Hofmann (Universität Luxemburg) oder Josef Weidenholzer (EU-Abgeordneter, SPÖ).

Unabhängigkeit ist für noyb entscheidend

Dabei ist Unabhängigkeit für noyb sowohl bezüglich der Vereinsstrukturen als auch der Finanzierung entscheidend. Der noyb Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Institutionelle Spenden und Mitgliedschaften werden nur angenommen, wenn sie nicht im Konflikt mit den Vereinszielen oder -aktivitäten stehen und die angestrebten Partnerschaften stärken. Die Finanzierung soll daher vor allem von einer Vielzahl von Privatpersonen getragen werden – als Fördermitglieder und durch Spenden.

Wenn das Finanzierungsminimum von 250.000 € bis Januar 2018 erreicht wird, kann noyb noch im selben Jahr in der operativen Rechtsdurchsetzung mit den neuen EU-Regeln tätig werden. Schrems: „Es hat keinen Sinn gegen globale Unternehmen ohne solide Basis vorzugehen. Wir wollen das entweder ordentlich oder gar nicht machen.“ Das Ziel hält er für realistisch: „Wenn nur 5.000 Menschen europaweit noyb mit je 5 € im Monat unterstützen, dann können wir loslegen.“ Der Grundstein ist gelegt: Mit der Stadt Wien, StartPage und epic liegt noyb schon zum Start bei einer Finanzierungszusage von gut 20% der Startkosten des Projekts.

Spenden und beitreten auf www.noyb.eu

Rückfragehinweis für Medien

  • Allgemeiner Kontakt noyb:
    E-Mail: media@noyb.eu
    Telefon: +43 660 2678622 und +43 677 61358077
  • Rückfragehinweis Stadt Wien
    Mario Dujakovic
    Mediensprecher Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner
    Tel.: +43 1 4000 81218
    E-Mail: mario.dujakovic@wien.gv.at