Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.09.2016:
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Zusammenfassung des 9. Wiener Landtags vom 30. September 2016

Der Wiener Landtag hat heute, Freitag, seine 9. Sitzung in der laufenden Wahlperiode abgehalten. Das Plenum begann um 9 Uhr mit der Fragestunde, in welcher folgende Themen behandelt wurden: Wiederholung der Bezirksvertretungs-Wahl in der Leopoldstadt; Reform der Gemeindewahlordnung; Wiener Reinhaltegesetz; Abschaffung der Vergnügungssteuer; Staffelung von Mindestsicherungsbeträgen für Minderjährige. Antworten auf die Anfragen gaben die StadträtInnen Andreas Mailath-Pokorny, Ulli Sima, Renate Brauner und Sonja Wehsely.

Aktuelle Stunde zum Thema „Jeder vierte Mensch wird zumindest einmal in seinem Leben psychisch krank oder durchlebt eine psychische Krise, Tendenz steigend. Wien nimmt die Herausforderung an.“

Die SPÖ hatte das Thema eingebracht und verwies auf Studien der WHO, wonach bald jeder dritte Mensch gefährdet sei, an einem seelischen Leiden zu erkranken. Aus Angst vor Jobverlust würden viele Menschen ihre Erkrankungen verschweigen; es gelte, psychische Erkrankungen zu „entstigmatisieren“. Mit dem Psychosozialen Dienst (PSD) und dem „psychiatrischen Versorgungsplan 2030“ sei Wien gut aufgestellt.

Die NEOS kritisierten in dem Zusammenhang den Umgang der Stadt Wien mit dem Personal des Krankenanstaltenverbundes (KAV). Die Spitalsreform und Neuregelung der ÄrztInnen-Arbeitszeiten setze das Personal unter psychischen Druck, führe zu Stress und Burn-Outs.

Während die ÖVP den Psychosozialen Dienst ebenfalls lobte, ortete sie Mängel im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es fehle an stationären Betten und niedergelassenen Fachärzten in dem Bereich; zudem seien Konsultationen kaum noch leistbar, weil die Krankenkassen ihre Behandlungszuschüsse „seit 24 Jahren“ nicht erhöht hätten.

Die Grünen erinnerten an den „Facettenreichtum“ der seelischen Krankheitsbilder. Deren Behandlung koste viel Geld, aber „das ist die richtige Investition“. Das Stigma seelischer Erkrankung müsse fallen; Kriegsflüchtlinge bräuchten Zugang zu psychiatrischer Betreuung, um ihre Traumata zu überwinden.

Die FPÖ meinte, seelisch Erkrankte seien auf die zeitintensive Zuwendung des medizinischen Personals angewiesen. ÄrztInnen hingegen seien aufgrund der „überbordenden Bürokratie zu kostengetriebener Effizienz“ angeleitet. Hier gebe es eine Diskrepanz.

Hauptdebatte: Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2015

Die NEOS lobten den vorgelegten Bericht und bezogen sich inhaltlich auf das Thema der Aktuellen Stunde. Auch die Volksanwaltschaft habe Mängel im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgezeigt.

Die ÖVP bezog sich auf Hinweise des Gerichts, wonach MitarbeiterInnen des Magistrats künftig besser geschult werden müssten hinsichtlich der Behandlung von Fällen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) betreffend.

Die Grünen strichen hervor, dass sich die Volksanwaltschaft seit dem Jahr 2012 auch Menschenrechts-Agenden widme und unterstrichen dies positiv.

Die FPÖ wiederholte das Lob für die Anwaltschaft und ergänzte um die Themen Lift am Stephansplatz sowie AnrainerInnenparken in der Inneren Stadt. Es sei gut zu wissen, dass sich die Volksanwaltschaft diesen Punkten annehme.

Die SPÖ zeigte sich dankbar für die Hinweise der Volksanwaltschaft und betonte gleichzeitig, dass viele der angesprochenen Mängel bereits in Behandlung seien. Das betreffe u.a. das Jugendamt, wo Verfahren kompakter gestaltet würden. Auf Hinweise des Gerichts betreffend die MA 35 habe die Stadtregierung mit einer Aufstockung des Personals reagiert.

Dringliche Anfrage der ÖVP an Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ)

Die ÖVP erkannte eine bundesweite „Schieflage“, die Stadt Wien habe die Hauptlast der EmpfängerInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) zu tragen. Die BMS sei kein „Sprungbrett“ mehr sondern eine „Hängematte“, sie müsse auf Haushalte gedeckelt werden.

Die NEOS forderten von der Stadt Wien gegenüber BMS-BezieherInnen eine Haltung der „Selbstermächtigung statt Versorgung“. Hebel gehörten in Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik angesetzt, und die BMS in Bundeskompetenz überführt.

Die Grünen verglichen die BMS mit Feuerwehr, Polizei und Rettung: Wer in eine soziale Krise schlittere, müsse sich darauf verlassen können, dass ihn das soziale Netz auffange. Ein Ende der BMS hätte „Sozialdumping für die gesamte Gesellschaft“ zur Folge.

Die FPÖ erkannte in der BMS „ein letztes soziales Netz vor der Obdachlosigkeit“ sein, aber nicht eine Leistung für „Tausende, die hierher kommen wollen“.

Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) erinnerte an den „Unterschied zwischen Transferleistung und Sozialleistung“. Die BMS sei „ein letztes soziales Netz, für das es nicht nötig ist, vorher eingezahlt zu haben“. Für die BMS werde verhältnismäßig wenig Geld aufgewendet, etwa im Vergleich zur Landwirtschaftsförderung. Kritik der Opposition, beruhend auf Zeitungsberichten, werde „nicht wahrer, je öfter sie wiederholt wird“.

Weitere Debatten

Der Wiener Landtag beschloss im Zuge der Sitzung u.a. Änderungen von Vergnügungssteuer-, Tourismusförderungs- und Wiener Wettengesetz. Außerdem wurde der Tätigkeitsbericht des Wiener Verwaltungsgerichts bestätigt.

Die 9. Sitzung des Wiener Landtags endete um 18.40 Uhr. Termine der nächsten Sitzungen von Gemeinderat und Landtag auf www.wien.gv.at/rk/ltgr/termine.html.

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat/ können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden, dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten.

(Schluss) ato/esl/hie/sep

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