Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.11.2012:
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Gedenktafel für Aron Menczer enthüllt

Stadt Wien fördert umfassendes Erinnern

"Er war ein Ausnahme-Mensch, ein Altruist, der die eigenen Interessen hinter die seiner Nächsten stellte", erklärte Kulturstadtrat Andreas Mailath Pokorny heute, Freitag, bei der Enthüllung einer Gedenktafel für Aron Menczer in der Marc-Aurel-Straße 5 in Wien. "Der leidenschaftliche Erzieher und Schuldirektor ist uns auch heute noch ein Vorbild. Menczer rettete mit seinem Engagement zahlreiche jüdische Kinder und verhalf ihnen zur Flucht nach Palästina, vielen gab er bis zuletzt Hoffnung. Menschen wie Aron Menczer und die Geschehnisse von damals sollten nicht in Vergessenheit geraten. Darum ist die Stadt Wien bemüht und unterstützt auch zahlreiche private Initiativen in den Bezirken wie hier das Theater Nestroyhof Hamakom und Ari Rath, die sich für das Gedenken an Aron Menczer einsetzten", so Mailath.

Die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Hannah Lessing, erinnerte in ihrer Rede an die Vorbildwirkung von Aron Menczer: "Sein Leben und sein Sterben hat Aron Menczer den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen gewidmet. Er hat sich seine Ideale nicht nehmen lassen. Er ist geblieben, als die meisten anderen gegangen sind. Er hat sich um andere gesorgt, obwohl er jeden Grund hatte, sich um sich selbst zu sorgen. Eine solche Stärke ist es wert, dass man ihrer in Respekt und Dankbarkeit gedenkt." Wien sei eine Stadt mit vielen Denkmälern, die an "Großes" erinnern, so Lessing, vielleicht sei aber gerade "der Sieg eines einzelnen Menschen über seine eigene Angst angesichts eines grausamen Unrechtsregimes etwas, das besonders zählt."

Auch der Publizist Ari Rath, der sich seit vielen Jahren für den bewussten Umgang mit der Vergangenheit engagiert, war als Mit-Initiator des Projekts bei der Enthüllung der Gedenktafel anwesend. Besonders berührend war die Rede von Martin Vogel, einem ehemals engen Mitarbeiter Aron Menczers, der aus der Zeit der Aliyahschule berichtete: "Hier konnten Kinder noch Kinder sein".

Lebensretter, Erzieher, Zionist

Aron Menczer war ein charismatischer Erzieher, Pädagoge und Zionist der von 1939 bis zu deren erzwungener Schließung 1942 der mutige Leiter einer jüdischen Schule in der Marc Aurel Straße 5, die Jugendliche auf die Auswanderung nach Palästina vorbereitet (Aliyah). Als sofort nach dem "Anschluss" die Judenverfolgung in Österreich vom Wiener Mob mit einer Heftigkeit geführt wurde, welche sogar der nationalsozialistischen Führung in Berlin auffiel, wurde der Zionismus oft zur einzigen Hoffnung für viele verzweifelte Menschen. Vor dem Palästinaamt in der Marc Aurel Straße 5 warteten zwischen 1938 und 1942 unendlich lange Schlangen jüdischer Österreicher auf die Genehmigung für die lebensrettende Auswanderung nach Palästina.

Jüdische Kinder und Jugendliche durften seit 1939 keine öffentlichen Schulen mehr betreten und waren auf die Fürsorge der jüdischen Gemeinde angewiesen. Zwischen 1938 und 1942 war die Schule in der Marc Aurel Straße 5 der einzige Ort, wo sich jüdische Kinder frei bewegen konnten. Aron Menczer verstand es in besonderer Weise den jüdischen Kindern Hoffnung zu geben - vielen dieser Kinder rettete er mit der Ausreise nach Palästina das Leben. Obwohl er selbst mehrmals die Chance gehabt hätte, nach Palästina zu fliehen, setzte er seine Jugendarbeit fort und sagte zu seinem Bruder: "Solange noch ein jüdisches Kind in Wien ist, muss ich zurückkehren."

Am 24. September 1942 wurde er selbst in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo er weiterhin für Kinder sorgte. 1943 begleitete er freiwillig eine Gruppe von Waisenkindern aus dem Ghetto Bialystok nach Auschwitz, wo er gleich nach der Ankunft, am 7. Oktober 1943, zusammen mit diesen Kindern ermordet wurde.

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