Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 05.07.2011:
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Ausstellung: "Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer Sport - Maccabi-Games"

Ausstellung: "Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer Sport - Maccabi-Games"

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6. Juli bis 28. September 2011 im Museum Judenplatz


Anlässlich der 13. Europäischen Makkabispiele von 5. bis 13. Juli 2011 in Wien setzt sich das Jüdische Museum Wien, ein Unternehmen der Wien Holding, mit dem Thema Juden und Sport auseinander. Die Maccabi Games werden erstmals auf deutschsprachigem Boden abgehalten. Die Ausstellung "Achtung! Fertig!! Los!!!" findet von 6. Juli bis 28. September 2011 im Museum Judenplatz statt.

Vom Talmudjuden zum Muskeljuden

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Sport zum Massenphänomen und gesellschaftlichem Ereignis, nicht zuletzt durch die Neubelebung des olympischen Gedankens. Diese Entwicklung fand auch in der jüdischen Welt ihren Niederschlag - junge Jüdinnen und Juden drängten in die bestehenden Turn- und Sportvereine. Der Antisemitismus schränkte jedoch den Zugang stark ein, denn die meisten Turn-Vereine waren national eingestellt. In den neu etablierten Sportvereinen gab es sogar oft (in)offizielle "Arierparagraphen".

Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis der erste jüdische Turnverein gegründet wurde- 1895 in Konstantinopel. Besondere Signalwirkung hatte dann Max Nordaus Postulat des "Muskeljudentums" beim 2. Zionistenkongress 1898, ein Aufruf zur körperlichen und geistigen Erneuerung des Judentums. Ziel war die Heranbildung einer geistig und körperlich aktiven Jugend, die als Pioniere nach Palästina gehen sollte. Daher waren besonders Kraftsportarten wie Ringen und Boxen, aber auch Schwimmen und Laufen weit verbreitet. In Deutschland und Österreich-Ungarn bildeten sich in der Folge im zionistischen Umfeld Sportvereine, benannt nach dem jüdischen Helden "Bar Kochba", "Makkabi" oder mit kämpferischen Namen wie "Hakoah" (hebr. Kraft).

Die Maccabi World Games als Pendant zu den Olympischen Spielen

Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Deutschland die Idee von Weltspielen für die jüdische Jugend diskutiert. Maccabi Eretz-Israel wurde 1912 gegründet. Ihr Funktionär Yoseph Yekutieli gilt als eigentlicher Erfinder der Maccabi Games. Als stolze Leitfigur aus der Antike diente den jüdischen Sportlern Judas Makkabäus, der Anführer des Aufstands gegen die Griechen. 1921 wurde in Karlsbad die Maccabi World Union gegründet, die sich damit von jüdischen Sportvereinen anderer politischer Orientierung abgrenzte. Die Teilnahme als "Jüdischer Nationalverband" bei Olympischen Spielen blieb den Mitgliedern jedoch verwehrt. Das war der letzte Anstoß zur Begründung eines jüdischen Pendants zu den Olympischen Spielen und damit die Geburtsstunde der Maccabi Games.

In Anlehnung an den olympischen Gedanken fanden 1932 die ersten Maccabi World Games in Tel Aviv statt. Sie waren von der Unterstützung der britischen Mandatsmacht in Palästina abhängig und fanden in Sir Arthur Wauchope, der 1931 neuer High Commissioner im britischen Mandatsgebiet Palästina wurde, einen maßgeblichen Unterstützer. Die Spiele von 1932 und auch die nachfolgenden im Jahr 1935 hätten nicht ohne die Unterstützung hunderter Freiwilliger realisiert werden können. Trotz der wirtschaftlichen Depression und des Fehlens eines lokalen Makkabi-Ablegers gelang es, in den USA Spendengelder für den Bau von Sportanlagen zu sammeln. Die Sportler und Sportlerinnen kamen aus Europa, den USA, aber auch aus arabischen Ländern wie Ägypten, Syrien, dem Libanon und Tunesien.

Bei den zweiten Maccabi World Games 1935 gewann die aus 83 Mitgliedern bestehende österreichische Delegation überlegen die Mannschaftswertung. Aufgrund der politischen Lage in Europa verzichteten viele Sportler auf eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer, so etwa eine komplette Blasmusik-Kapelle aus Bulgarien. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden zusätzlich noch zwei Maccabi Winter Games in Europa ausgetragen, diese Tradition wurde danach nicht weiter geführt. Die für 1938 geplanten Maccabi Games mussten aufgrund der politischen Weltlage abgesagt werden.

Einen Wendepunkt in der jüdischen Sportbewegung stellen die Olympischen Spiele 1936 in Berlin dar, die von etlichen jüdischen Sportlern wie der österreichischen Schwimmerin Judith Deutsch boykottiert wurden. Nach Siegen bei den Maccabi Games 1935 zählte sie auch für Berlin zu den Favoritinnen. Da sie nicht bereit war, vor Hitler zu defilieren, verweigerte sie zusammen mit Ruth Langer und Lucie Goldner die Teilnahme. Daraufhin wurde Deutsch vom Österreichischen Schwimmverband lebenslang gesperrt, bereits erzielte Titel wurden ihr aberkannt. Dieses Unrecht wurde erst 1995 rückgängig gemacht.

Nach der Shoah und der Gründung des Staates Israel 1948 konnte die Tradition wieder aufgenommen werden, zuerst 1950 und 1953, danach im Vierjahresrhythmus. In Israel bilden die Maccabi Games seither ein Symbol des Selbstbewusstseins und ein Signal des Friedens in alle Welt. Die jüdischen Gemeinden empfinden eine Teilnahme als Prestigesache, Sportler aus aller Welt nehmen daran teil.

Die Ausstellung

Die Ausstellung "Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer Sport - Maccabi-Games" dokumentiert anhand von Videofilmen, Interviews, Fotos und Memorabilia die Begründung und Höhepunkte der Maccabi Games. Außerdem stehen die Olympischen Spiele von 1936 und 1972 sowie zahlreiche Wiener Sportlerpersönlichkeiten im Fokus der Ausstellung. Das Phänomen des "Muskeljudentums" wird anhand des Varietékünstlers Siegmund Breitbart dargestellt, der Anfang des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa und den USA für Furore sorgte. Breitbart bog dicke Eisenstangen, mit der Faust schlug er Nägel in Balken, mit den Zähnen hielt er ein Pferdegespann, auf seiner Brust konnte er sogar ein Karussell oder eine Motorrad-Bahn tragen.

Siegmund Zishe Breitbart (1893-1925) wuchs als Sohn eines Schmieds in Lodz auf. Trotz großer Armut bestand seine Mutter darauf, dass er eine Schule besuchte. Nach Auftritten im Varieté gelang ihm 1920 der Durchbruch im Berliner Zirkus Busch, zu dessen Hauptattraktion er bald avancierte. 1923 gastierte Breitbart im Wiener Ronacher. Mit seinen Tätigkeiten widerlegte Breitbart das Klischee des kränklichen und wehrlosen Juden. Er stiftete Preisgelder für soziale Zwecke und verkörperte neben physischer Kraft und sozialem Gewissen auch gesellschaftlichen Aufstieg und jüdisches Selbstbewusstsein. Es gab aber auch etliche Wiener "Muskeljuden" wie zum Beispiel Micki Hirschl. Er war der erfolgreichste Hakoah-Sportler überhaupt. Der Ringer im Schwergewicht gewann bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1932 zwei Bronze-Medaillen und bei den Maccabi Games 1935 eine Gold-Medaille.

Auch die Fußball-Väter des österreichischen "Wunderteams" der frühen 1930er Jahre um Hugo Meisl dürfen in unserer Ausstellung nicht fehlen. Unter Meisls Kommando errang das österreichische "Wunderteam" zu Beginn der 1930er Jahre eine sensationelle Siegesserie. Hugo Meisl war von 1913 bis zu seinem Tod 1937 "Verbandskapitän" der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft. Ihm zur Seite standen andere Funktionäre wie Emanuel Michael Schwarz, Arthur Baar und Willy Meisl.

Die von Marcus G. Patka kuratierte Ausstellung "Achtung! Fertig!! Los!!! Jüdischer Sport - Maccabi-Games" ist von 6. Juli bis 28. September 2011 im Museum Judenplatz zu sehen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (ISBN-Nummer: 978-3-901398-60-5) mit DVD, der zum Preis von 19,90 Euro erhältlich ist. Das zu den Kulturbetrieben der Wien Holding zählende Museum Judenplatz (Misrachi-Haus, 1., Judenplatz) ist von Sonntag bis Donnerstag von 10.00 bis 18.00 Uhr, an Freitagen von 10.00 bis 14.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 4 Euro/2,50 Euro ermäßigt. Schulklassen haben freien Eintritt. Führungen und pädagogische Programme: Telefon: 01 535 04 31-130, 131 bzw. kids.school@jmw.at. Weitere Informationen unter www.jmw.at.

Namhafte Sponsoren

Das Jüdische Museum Wien dankt folgenden Sponsoren für die großzügige finanzielle Unterstützung: Raiffeisen, Raiffeisen Capital Management, Uniqa, Raiffeisen Centrobank, Kapsch, A1, Wiener Zeitung.

Foto- und Pressematerial zu den aktuellen Ausstellungen finden Sie auf der Homepage des Medienbüros unter: www.stalzerundpartner.com, Benutzername: presse@stalzerundpartner.com, Passwort: presse

Rückfragehinweis für Medien

  • Medienbüro des Jüdischen Museums Wien
    Alfred Stalzer, Mediensprecher
    Astrid Meixner, Medienbetreuung
    Telefon: 01 505 31 00
    Mobil: 0664 506 49 00
    E-Mail: pr@stalzerundpartner.com
  • Wolfgang Gatschnegg
    Wien Holding - Konzernsprecher
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    E-Mail: w.gatschnegg@wienholding.at