Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 22.06.2011:
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Mailath ehrt Theaterpioniere Conny Hannes Meyer und Hubert "Hubsi" Kramar

Zwei Theaterhaudegen wurden heute, Mittwoch, im Wiener Rathaus geehrt: Hubert "Hubsi" Kramar und Conny Hannes Meyer erhielten das "Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien". Der Stadtsenatssitzungssaal war bis auf den letzten Platz besetzt, die Stimmung dem Anlass entsprechend ausgelassen: Zahlreiche VertreterInnen der Politik und der Künstlerschaft haben sich eingefunden, um der Feierstunde beizuwohnen, darunter Hilde Hawlicek, Elisabeth Vitouch, Klaus Werner-Lobo, Bernhard Dworak, Drahdiwaberl-Chef Stefan Weber, Musiker Peter Paul Skrepek, Topsy Küppers, Stefano Bernadin, Posch und Abdullah von der Garage X und viele mehr. Die passenden Jazz-Klänge lieferte das Boglarka Baiczki Quintett.

"Die Theaterlandschaft lebt im wesentlichen von Leuten wie Conny Hannes Meyer und Hubsi Kramar. Beide haben wichtige Theaterräume in Wien gegründet und erkämpft, beide sind unbeirrbar, haben Courage bewiesen und sich gesellschaftskritischer Themen angenommen", würdigte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny die beiden Theatermenschen. "Conny Hannes Meyer hat große Bedeutung für die heutige Off-Theater-Szene und viele Theatermacher beeinflusst. Er hat als einer der ersten in Österreich den damals vorherrschenden Brecht-Boykott durchbrochen, damit hat er Theatergeschichte geschrieben". Hubsi Kramar habe neue Orte und neue KünstlerInnen entdeckt. Er engagiere sich sozial und politisch; seine ungeheure Popularität setze er für seine Kolleginnen und Kollegen im Theater ein.

Diseuse Lucy Mc Evel bezeichnete Hubis Kramar in der Laudatio als "aufmüpfigen und unbequemen Freigeist": Hubsi Kramar habe bleibende und wichtige Spuren in Wien hinterlassen, indem er Theaterräume urbar gemacht hat. "Er ist ein feinfühliger Regisseur mit einer ungeheuren Bandbreite von Stücken. Für seine engagierte Theaterarbeit hat er viele Preise bekommen, den Nestroy, die Kainz-Medaille und den Gustav Gründgens-Preis. Besonders stolz ist er aber auf den Ersten Vernaderer-Stein in Gold".

"Die Begegnungen mit Bertold Brecht und seine Theorie des epischen Theaters war prägend für Conny Hannes Meyers eigene Theaterarbeit", konstatierte Kulturwissenschaftler Dieter Schrage in seiner Laudatio auf den Theaterleiter, Lyriker und Regisseur. Sein Theater am Börseplatz war eine wesentliche Bühne in Wien, "da ist jeder hingegangen".

Biographie Hubert "Hubsi" Kramar

Hubert Kramar "Hubsi" wurde in Scheibbs geboren. Kramar ist österreichischer Schauspieler, Regisseur, Produzent und Aktionist. Nach der Matura 1969 besuchte 1970 bis 1973 das Max Reinhardt Seminar Wien, dann studierte er bei Lee Stasberg in New York, 1974 ging er an die Wiener Filmakademie, 1975 an die Musikhochschule, wo er Kulturelles Management studierte und in Harvard (USA) abschloss. Ab 1980 gründete er eigene Theatergruppen, die Gruppe "Showinisten" -freies Theater für Satirische Revue, das "Theater Direkt", TAT-Teata, WEARD t.atr. 1993 bis 1996 war Kramar am Theater der Jugend für Buch und Regie engagiert.

Heute leitet er das 3raum-Anatomietheater, er inszenierte Oscar Wildes "Lady Windermeres Fächer" (u.a. mit Lucy Evil), 2009 Wildes "Ein idealer Gatte" sowie "Hawaii im Nichts" und "Pension F." - die Produktionen wurde zu verschiedenen internationalen Theaterfestivals eingeladen.

Ab 1975 war er in ca. 60 Rollen in Kino and TV Filmen vertreten, etwa in Axel Cortis "Jakob der letzte", in Dieter Berners "Alpensaga", Franz Novotnys "Spitzen der Gesellschaft", in Steven Spielbergs "Schindlers Liste", den "Kaisermühlen Blues", in mehreren "Tatort"-Folgen usw.

In den letzten Jahren wurde Kramar mit seinen politischen Aktionen einer breiten Öffentlichkeit bekannt, so etwa mit seinem "Hitler"-Auftritt beim Wiener Opernball, als er im Jahr 2000 im Zuge einer Protestaktion gegen die blau-schwarze Regierung mit NS-Uniform und Schnurrbart den Opernball besuchen wollte und festgenommen wurde. Im Jahr 2003 setzte er sich für den Erhalt des Ernst-Kirchweger-Hauses ein, 2004 kandidierte er bei der Europawahl symbolisch an zwanzigster Stelle für die Linke Liste. Kramar erhielt zahlreiche Auszeichnungen, etwa die 1985 den Förderpreis der Stadt Wien, die Kainz Medaille, 1989 den deutschen Kleinkunstpreis, 2000 den Gustaf Gründgens Preis und im Jahr 2003 den Nestroy-Theaterpreis für die beste Off-Produktion.

Biographie Conny Hannes Meyer

Conny Hannes Meyer wurde 1931 in Wien geboren. Er war von 1938 bis 1945 aus rassischen Gründen interniert. Nach einer Schriftsetzerlehre lernte er im damaligen Wiener Avantgardetheater "Scala" Bert Brecht und seine Arbeit kennen. Dadurch erhielt er seine wahrscheinlich wesentlichste stilistische und inhaltliche Prägung. 1956 gehörte Meyer zu den Gründungsmitgliedern des Theaters "Experiment". 1958 gründete er ein eigenes Ensemble "Die Komödianten". Die kleine Bühne entwickelte sich in diesen Jahren zu einem Avantgardetheater, das die anderen Kellertheater hinter sich ließ. Meyer hat eine Reihe von beachtlichen Aufführungen herausgebracht, meist handelte es sich um Stücke, an die sich andere nicht heranwagten.

1974 erfolgte der Umzug der Komödianten ins Theater im Künstlerhaus. Der Umbau erfolgte in erster Linie nach den Vorstellungen Conny Hannes Meyers.

1958 wurde die Theaterarbeit von Conny Hannes Meyer mit dem 1. Preis des internationalen Theaterfestivals in Nancy ausgezeichnet. 1970 hatte Meyer für die Inszenierung von Brechts "Die Ausnahme und die Regel" die Kainz-Medaille erhalten. Meyer hat aber auch noch am Akademietheater (z.B. Handkes "Ritt über den Bodensee" mit beachtlichen Kritiken) im Kleinen Theater in der Josefstadt, im Theater am Kärntnertor, am Volkstheater (eine ausgezeichnete "Rose Bernd") und an anderen Bühnen inszeniert. Sein Theater war immer politisch engagiert und couragiert, stilistisch an Brecht orientiert.

2005 veröffentlichte er seine Autobiografie, in der er über seine Internierung im KZ Mauthausen schreibt.

2010 wurde Conny Hannes Meyer im Österreichischen Theatermuseum mit der Ehrenmedaille der Internationalen Nestroy-Gesellschaft ausgezeichnet.

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    Mediensprecherin StR. Dr. Andreas Mailath-Pokorny
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