Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.04.2010:
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Ludwig: "Das Rote Wien der 1. Republik ist das Fundament, auf dem wir die Zukunft bauen"

Wiener Vizebürgermeister erinnerte bei Ausstellungseröffnung im Karl-Marx-Hof an die historischen Errungenschaften und ihre Bedeutung für die Wiener Lebensqualität heute

"Das Rote Wien der ersten Republik stellt auch heute noch die zentrale Basis für die ausgesprochen hohe Lebensqualität in unserer Stadt dar. Es bildet nicht zuletzt auch in der Wiener Wohnbaupolitik das tragende Fundament, auf das wir noch heute aufbauen", unterstrich der Wiener Vizebürgermeister Dr. Michael Ludwig heute, Freitag, im Rahmen der Eröffnung der neuen Dauerausstellung "Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof". Die hohe internationale Anerkennung - gerade etwa für den sozialen Wohnbau - und die konsequente Fortführung dieser Politik zeigen eindrucksvoll die große Bedeutung des Roten Wiens der Zwischenkriegszeit. "Vor 90 Jahren wurden die Grundlagen einer Kommunalpolitik geschaffen, die noch heute weltweit als vorbildlich und beispielgebend gilt. Das betrifft nicht nur den sozialen Wohnbau, sondern auch andere wichtige Bereiche wie etwa die Bildungs- oder Gesundheitspolitik.", betonte Vizebürgermeister Wohnbaustadtrat Dr. Michael Ludwig.

Eine zentrale Säule des Wiener Wohnungsmarktes stellen heute die rund 2.000 Städtischen Wohnhausanlagen dar, die ohne die sozialpolitische Überzeugung und Anstrengung des Roten Wien nicht möglich gewesen wären. "Der Wiener Gemeindebau ist weltweit einzigartig - hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte, der architektonischen Vielfalt, aber vor allem auch seiner gesellschaftspolitischen und sozialen Bedeutung. Mit rund 220.000 Wohnungen und knapp 500.000 Bewohnerinnen und Bewohner ist die Stadt Wien die größte Hauseigentümerin der Welt. Was 1919 mit dem Bau des ersten Wiener Gemeindebaus begann, hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einem wohnbaupolitischen Vorzeigemodell für ganz Europa entwickelt", erklärte Wohnbaustadtrat Vizebürgermeister Dr. Michael Ludwig.

Die politischen Prinzipien des Roten Wien hätten auch heute noch in vollem Umfang Gültigkeit, so Ludwig. "Das Rote Wien ist bis heute lebendig. Die moderne Wiener Wohnbaupolitik baut in hohem Maße auf den Errungenschaften von damals auf. Obwohl im Laufe der Jahrzehnte viele neue Ansätze, sowohl in der Architektur als auch hinsichtlich bedarfsgerechten Wohnens, entwickelt und realisiert wurden, gelten viele Prämissen des Roten Wien noch heute. Dazu zählen vor allem Aspekte der Leistbarkeit, der hohen Qualität und einer ausgewogenen sozialen Durchmischung", unterstrich Ludwig. Vor allem aber sei gerade auch die Frage des sozialen Zusammenhaltes - heute, wie damals - ein ganz wesentlicher und bestimmender Schwerpunkt in der sozialdemokratischen Stadtregierung und der Wiener Wohnbaupolitik.

"Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen"

Schon in der Planungsphase wird von der Stadt Wien besonderes Augenmerk auf die Schaffung von Gemeinschaftsräumen gelegt. Durch die ergänzende Ausstattung der Gemeindebauten mit Kindergärten, Versammlungsräumen, Waschküchen oder Bibliotheken sollten von Beginn an die Nachbarschaft und die Kommunikation in der Wohnhausanlage angeregt und gefördert werden. Daneben stellt diese bewusste Gestaltung auch den demokratiepolitischen, egalitären Ansatz des Roten Wien unter Beweis: Da anstelle dunkler Hinterhöfe nun begrünte Höfe entstanden, entfiel auch der Gegensatz von "guten" Straßen- und "schlechten" Hofwohnungen. Als eines der bekannteste Beispiele aus der Zeit des Roten Wien gilt hierbei auch der Karl-Marx-Hof.

Der monumentale Wohnbau, der in den Jahren 1926 bis 1933 nach Plänen von Karl Ehn mit 1.272 Wohnungen errichtet wurde, beherbergte etwa 5.000 Menschen. Darüber hinaus verfügte der Karl- Marx-Hof über zwei Zentralwäschereien mit 62 Waschständen, zwei Bäder mit 20 Wannen und 30 Brausen, zwei Kindergärten, eine Zahnklinik, eine Mutterberatungsstelle, eine Bibliothek und ein Jugendheim, ferner über ein eigenes Postamt, eine Krankenkasse mit Ambulatorium, eine Apotheke und 25 weitere Geschäftslokale.

"An selber Stelle sagte der große Karl Seitz im Oktober 1930 den Satz 'Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen', zitierte Vizebürgermeister Michael Ludwig heute den ehemaligen Bürgermeister von Wien im Rahmen der Ausstellungseröffnung "Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof". Und so dokumentieren heute noch die rund 2.000 Wiener Gemeindebauten die jahrzehntelange Tradition des sozialen Wiener Wohnbaus in den unterschiedlichsten Epochen, deren Fundament das Rote Wien der ersten Republik darstellt. Zudem sei nun auch in einer umfassenden und informativen Schau, die der Verein "Sammlung Rotes Wien" zusammengetragen und gestaltet hat, diese Geschichte nachgezeichnet und dokumentiert.

Die Geschichte der Wiener Gemeindebauten

Die Geschichte der Wiener Gemeindebauten begann mit dem Zusammenbruch der Monarchie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aufgrund des sprunghaften Anstieges der Bevölkerungszahlen vor 1918 und der schlechten Wohnsituation in der Stadt konzentrierte die Politik alle Bemühungen auf die Schaffung und Umsetzung einer kommunalen Wohnpolitik. 1919 wurde mit dem Metzleinthalerhof am Margaretengürtel der erste Gemeindebau Wiens gebaut. Bereits 15 Jahre später hatte die Stadt Wien fast 65.000 Wohnungen in insgesamt 380 Wohnhausanlagen errichtet. Im Jahr 1934 betrug der Anteil der Gemeindebaumieterinnen und -mieter bereits rund ein Zehntel der Gesamtbevölkerung. Zwei faschistische Systeme bereiteten der Demokratie und dem kommunalen Aufbauwerk des Roten Wien ein Ende, das erst nach dem 2. Weltkrieg ungebrochen fortgesetzt werden konnte. Erst nach 1945 nahm die kriegsgeschädigte Stadt den Wohnungsbau wieder aktiv auf und legte im Zuge einer Enquete für den Wiederaufbau die wichtigsten kommunalpolitischen Ziele fest. Dazu zählten neben der Schaffung eines ausreichenden Wohnungsangebots auch die Auflockerung des dicht bebauten Stadtgebietes, die Errichtung von Gartensiedlungen in den Randgebieten und die Durchführung von Architekturwettbewerben.

Der Wohnbau der Zukunft

Wie wichtig diese kommunalen Leistungen seien, zeige sich besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. "Die Bedeutung des sozialen Wohnbaus für die Sicherung leistbaren und hochwertigen Wohnraums tritt klar zutage. Gerade das klare Bekenntnis der Stadt Wien zum sozialen Wohnbau und die über Jahrzehnte konsequent verfolgte, soziale Wohnbaupolitik sind heute für die hohe Wohn- und Lebensqualität in Wien und das im europäischen Vergleich sehr günstige Mietpreisniveau verantwortlich. Wien investiert jährlich hunderte Millionen Euro, die über die Wohnbauförderung für die Errichtung geförderter Wohnungen und die Sanierung von Altbauten sowie für die Direktunterstützung von Mieterinnen und Mietern bereitgestellt werden", unterstrich Ludwig.

Die Stellung der Stadt Wien als Europas Nummer eins im sozialen Wohnbau ist bis heute unübertroffen. Durch die Errichtung der Wiener Gemeindebauten schuf das Rote Wien nicht nur leistbare Wohnungen mit hoher Wohnqualität, sondern durch die Einbeziehung von Gemeinschaftsanlagen auch Lebensräume, die ihre Qualität bis heute erhalten haben. Diesen erfolgreichen Weg in Zukunft fortzuführen und den Wienerinnen und Wienern auch weiterhin bedarfsgerechte, hochwertige aber dennoch erschwingliche Wohnungen anbieten zu können, ist und bleibt das oberste Ziel der Wiener Wohnbaupolitik", so Ludwig. (Schluss) csi

Informationen zur Ausstellung "Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof":

  • Karl-Marx-Hof, Waschsalon Nr. 2, Halteraugasse 7, 1190 Wien
    Geöffnet am 30. April 2010, 11 bis 18 Uhr und am 1. Mai, 13 bis 18 Uhr
    Öffnungszeiten ab 2. Mai:
    Donnerstag: 13 bis 18 Uhr,
    Sonntag: 12 bis 16 Uhr

  • Weitere Informationen: www.dasrotewien-waschsalon.at

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