Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 17.11.2009:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Drachengasse: Uraufführung von "Allegretto" bringt Mozart zum Glühen

Wien (RK). Weiß, kühl, vielleicht vierzig Zentimeter hoch, so steht die Büste des Musikgenies Mozart auf dem weißen Klavier in der imaginären Wohnung des Erfolgspaares Robert (Simon Hatzl) und Anna (Doris Hindinger). Was zuerst der Anbetung dient - das Mediziner-Paar wartet auf das Ehepaar Hohenemser (Susanne ...

Wien (RK). Weiß, kühl, vielleicht vierzig Zentimeter hoch, so steht die Büste des Musikgenies Mozart auf dem weißen Klavier in der imaginären Wohnung des Erfolgspaares Robert (Simon Hatzl) und Anna (Doris Hindinger). Was zuerst der Anbetung dient - das Mediziner-Paar wartet auf das Ehepaar Hohenemser (Susanne Altschul, Ludwig Kaschke) und den Dichter Kriegenstein (David Oberkogler) zwecks gemeinsamen Besuches von "Cosi fan tutte" in der Staatsoper - entpuppt sich zu Ende des kurzweiligen Stückes von Gustav Ernst als probates Schlaginstrument. "Allegretto", welches auf engem Raum ein großes Tableau an Gedanken und Ideen zu Kunst, Mozart-Wirken, Allüren und künstlerischer Freiheit entwirft, kommt im Gewand der Komödie daher. Ist dieses einmal abgelegt, verwandelt sich "Allegretto" zum Zerrspiegel einer erkalteten bürgerlichen Lebensform.

Der Beginn nimmt vielleicht etwas zu viel Zeit in Anspruch, das ändert sich jedoch schlagartig mit dem Auftritt des Dichters Klingenstein, dem bald schon die Hohenemser folgen. Da geht es dann bald sprichwörtlich Schlag auf Schlag: Zwischen bürgerlichem "Vorglühen" mittels Champagner - die gewählten Gläser hätten ruhig einen Deut größer sein dürfen - bröckelt rasch, aber überzeugend gespielt die Fassade ab und die "Happy Hour der Wahrheit" (Klingenstein) beginnt. Frau Hohenemser ist eine verhinderte Opernsängerin, die nur mehr "innerlich singt", während sie äußerlich das Konto ihres verhalten-aggressiven "Hammerzehen"- Ehemannes nutzt - Herr Hohenemser ist Orthopäde - , Anna, die "nur für sich Gedichte schreibt", verweigert sich nicht nur im ehelichen Schlafzimmer konsequent ihrem Robert, was diesen selbstbezeichneten "Lebens-Hauptbühnen-Darsteller" zur rasenden Verzweiflung bringt. "Was wären wir, wenn alle Kunst aus uns entwichen ist?" - diese poetische Frage Klingensteins, der in "Allegretto" erstaunlich ernsthaft die lebenswichtige Position der Kunst verteidigen darf, beschäftigt nicht nur alle anderen "Freunde des Vereins der Wiener Staatsoper" (Ernst), sondern bringt sie fast zur Selbstzerstörung. Wie gesagt: nur fast, am Ende, als alle ihre Mozartbüsten-Schläge abbekommen haben, findet man sich manierlich wieder zusammen, macht sich fertig für den Opernabend, und, ja, teilt sogar die Loge mit einer Freundin Annas, die noch zu Beginn von Robert runter gemacht worden war.

Gustav Ernst, dessen Allegretto sich dem 2006 stattgefundenen Mozartjahr als Auftragswerk verdankt, aktualisiert nicht nur die Faszination des Musikgenies, sondern macht auch die abwegige Gefährlichkeit jeglichen ernst gemeinten Kunstanspruches deutlich. "Allegretto" zeigt ein sehr gutes schauspielerisches Niveau, gleich ob Simon Hatzl als Top-Chirurg Robert in seiner leisen, überheblichen Art oder etwa Susanne Altschul, deren Verzweiflung ob der versagten Opernkarriere deutlich zu spüren ist. Regie führt Johanna Tomek, die es schafft mit drei, vier Requisiten auf engem Raum einen weiteren Raum zu errichten, Bühne und Kostüm steuert Werner Schönolt bei, die Musik Paul Winter.

Theater in der Drachengasse (1., Fleischmarkt 22), "Allegretto" von Gustav Ernst, Spielzeit: bis 22. Dezember (Dienstag bis Samstag jeweils um 20.00 Uhr), www.drachengasse.at , Telefon: 513 14 44, E-Mail: karten@drachengasse.at . (Schluss) hch

Rückfragehinweis für Medien:

  • Mag. Hans-Christian Heintschel
    Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (MA 53)
    Telefon: 01 4000-81082
    Mobil: 0676 8118 81082
    E-Mail: hc.heintschel@wien.gv.at

(RK vom 17.11.2009)