Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.09.2008:
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Häupl/Wehsely: Neustart in der Gesundheitspolitik auf Bundesebene

Wien (RK). "Die WienerInnen wissen, dass ihr Gesundheitssystem im internationalen und nationalen Vergleich die Goldmedaille trägt. Die Stadt Wien bekennt sich zum öffentlich organisierten Gesundheitswesen auf höchstem Niveau. Wir stehen für die Sicherstellung der besten gesundheitlichen Versorgung für alle Menschen ...

Wien (RK). "Die WienerInnen wissen, dass ihr Gesundheitssystem im internationalen und nationalen Vergleich die Goldmedaille trägt. Die Stadt Wien bekennt sich zum öffentlich organisierten Gesundheitswesen auf höchstem Niveau. Wir stehen für die Sicherstellung der besten gesundheitlichen Versorgung für alle Menschen in Österreich, unabhängig von Einkommen, Alter, Herkunft oder Geschlecht", erklärten Bürgermeister Dr. Michael Häupl und Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag.a Sonja Wehsely am Dienstag im Rahmen des Mediengesprächs des Bürgermeisters. "In den vergangenen Jahren wurden dringend notwendige Verbesserungen in der Gesundheitspolitik auf Bundesebene zum Teil verschlafen und zum anderen Teil blockiert. Nun besteht seit langem erstmals die Chance, auf Bundesebene mit einer neuen Politik zu beginnen."****

Ganz oben auf der Agenda steht die Sanierung der Wiener Gebietskrankenkasse, die zwischen 2000 und 2007 durch gesetzliche Maßnahmen ihrer Handlungsfähigkeit beraubt wurde. Betroffen sind aber nicht nur Wien, sondern alle Bundesländer. Außer der oberösterreichischen Krankenkasse, die im Jahr 2007 eine knapp positive Gebarung hatte, verzeichnen die übrigen Kassen ein Minus zwischen rund sieben und 167 Mio. Euro. Noch am Tag vor der Verkündung von Neuwahlen gab es eine weitgehende Einigung zur Entschuldung der Kassen in der Höhe von 450 Mio. Euro. Am Tag darauf war alles anders und die Sanierung sollte auf die lange Bank geschoben werden. "Einige politische Kräfte wollen unsere hervorragende Gesundheitsversorgung, die auf einem starken öffentlichen Engagement fußt, schlecht reden, zerschlagen und privatisieren. Sie wollen Stück für Stück neue Selbstbehalte einführen. Das wird es mit uns nicht spielen", so Wehsely weiter.

"Ein an den Menschen orientiertes Gesundheitssystem bedeutet mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Systems. Zur Sicherstellung des gleichen Zugangs brauchen wir österreichweit ein transparentes Wartezeitensystem", betonte die Wiener Gesundheitsstadträtin. Ein solches gibt es in Wien seit Anfang des Jahres in den Fachbereichen Orthopädie, Augen- und Neurochirurgie - und es wird kontinuierlich ausgebaut. Die stufenweise Ausdehnung über alle chirurgischen Fächer ist im Donauspital, in der Krankenanstalt Rudolfstiftung, im Orthopädischen Krankenhaus Gersthof, im Floridsdorfer Krankenhaus, im Otto-Wagner-Spital, im Kaiserin-Elisabeth-Spital sowie im Kaiser-Franz-Josef-Spital mit Gottfried von Preyer'schen Kinderspital bereits abgeschlossen. Die Anmeldezeiten für Operationen in diesen Fächern konnten dadurch beträchtlich reduziert werden. So dauert die Anmeldezeit in der Neurochirurgie für eine Bandscheibenoperation maximal 50 Tage. Im Frühjahr dieses Jahres betrug die Wartezeit noch bis zu zwei Monate. Und der Trend nach unten setzt sich weiter fort: So beträgt die Zeit von der Anmeldung bis zur orthopädischen Hüftoperation im Otto-Wagner-Spital heute nur mehr bis zu 107 Tage, im Orthopädischen Krankenhaus Gersthof sogar nur mehr bis zu 78 Tage. Wehsely: "Eine verantwortungsbewusste Gesundheitspolitik auf Bundesebene muss dafür sorgen, dass diese Qualität auch österreichweit zum Standard wird."

Wiener Qualität hat im Gesundheitswesen Vorreiterrolle in Österreich

Wien verfügt mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund über eine der größten Gesundheitseinrichtungen in Europa. Ca. 400.000 stationär behandelte PatientInnen im Jahr bedeuten etwa 1.100 am Tag oder 46 pro Stunde. 152.000 Operationen werden jährlich in den KAV-Spitälern durchgeführt, was einer Zahl von 415 pro Tag oder 17 pro Stunde entspricht. 73 Prozent der Krankenhaus-Aufenthalte in Wien werden vom Wiener Krankenanstaltenverbund übernommen, 79 Prozent aller Krankenhaus-Leistungen. Dabei versorgt Wien PatientInnen aus allen Bundesländern, natürlich am meisten aus Niederösterreich und dem Burgenland: Im langjährigen Durchschnitt kommen 20 Prozent der PatientInnen im KAV nicht aus Wien. Bei Transplantationen erhöht sich der Anteil sogar auf 59 Prozent, bei Augen-OP's liegt er bei 28 Prozent.

"Wie wichtig ein starkes öffentliches Engagement im Gesundheitswesen ist, zeigt der Anteil jener PatientInnen in KAV- Spitälern, die ausschließlich pflichtversichert sind. 95 Prozent der PatientInnen können oder wollen sich keine private Zusatzversicherung leisten. Ein privatisiertes Gesundheitswesen führt dazu, dass Gesundheitsleistungen nur jenen angeboten werden, die es sich leisten können. Eine solidarische Gesellschaft braucht ein starkes öffentliches Spitalswesen", konstatierte Wehsely. Wie es nicht funktionieren soll, zeigt sich etwa jenseits des Ärmelkanals. In Großbritannien wird die Bezahlung vieler Medikamente aus finanziellen und anderen Überlegungen verweigert. Dort heißt es: "Wer sich keine private Klinik leisten kann, ist verurteilt zu Krebs, Blindheit, Alzheimer, Parkinson und anderen lebensmindernden oder gar tödlich fortschreitenden Krankheiten." Gegen solche Verhältnisse müsse "mit aller Kraft" angekämpft werden, so Wehsely.

Qualitätsarbeit im KAV

Der Wiener Krankenanstaltenverbund verpflichtet sich in seiner Leitlinie zur ständigen Verbesserung der Qualität seiner Leistungen. Der KAV sieht kranke und pflegebedürftige Menschen als PartnerInnen, denen er mit Wertschätzung begegnet. PatientInnensicherheit ist deshalb ein selbstverständliches Anliegen aller MitarbeiterInnen. Ihre Umsetzung im Krankenhausalltag spiegelt sich in den verschiedenen Bereichen der Qualitätsarbeit wider: im Risk- oder Krisenmanagement, im Beschwerdemanagement, in der TurnusärztInnenausbildung oder im Diversitätsmanagement.

Bereits 1993 hat sich der KAV als erster Rechtsträger Österreichs den Grundsätzen des Qualitätsmanagements verpflichtet. Das Ergebnis dieser kontinuierlichen Arbeit sind viele Preise und Auszeichnungen in Sachen Qualitätsarbeit für den KAV. So wurde etwa der Golden Helix Award, der "Oskar" für Qualitätsarbeit im Gesundheitswesen, bereits sechsmal an Einrichtungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes vergeben und auch heuer steht mit dem Krankenhaus Hietzing wieder eine Einrichtung im Finale.

Diese Qualitätsarbeit macht der KAV transparent: Seit 1998 legt er einen jährlichen Qualitätsbericht vor, womit auch hier Pionierarbeit geleistet wurde. Die 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens schreibt eine Qualitätsberichterstattung erst seit 2005 vor.

Ergebnisqualitätsmessung im KAV

Die Messung der Ergebnisqualität ist ein Kernthema der Qualitätsarbeit. Sie beurteilt die medizinische Leistung sowohl nach klinischen Ergebnissen als auch nach dem Gesamt-Outcome. Transparente Ergebnisqualität bietet sowohl für PatientInnen und deren Angehörige als auch für andere Leistungsanbieter aus dem Gesundheitswesen eine wesentliche Orientierungsgrundlage. Dem Wiener Krankenanstaltenverbund ist es deshalb sehr wichtig, die den Ergebnisdaten zugrunde liegenden Einflussfaktoren sichtbar zu machen. Beispiele ergebnisorientierter Qualitätsarbeit sind im aktuellen Qualitätsbericht für den Wiener Krankenanstaltenverbund unter anderem am Beispiel Schlaganfall (Stroke-Unit- Qualitätsregister), Geburtshilfe und Gynäkologie (PIA Fetal- Database) und des Wiener Modells der Therapie des akuten Herzinfarkts veröffentlicht.

Ergebnisqualitätsmessung am Beispiel "Geburt"

Im Bereich der Geburtshilfe und der Pränatalmedizin ist eine umfassende und professionelle Dokumentation von immenser Bedeutung. Im KAV kommt das international anerkannte Programm "PIA - Fetal Database" zur Anwendung. Die Software dient der Dokumentation der gesamten Geburtshilfe sowie der Gynäkologie und der Speicherung von Bilddaten, etwa bei Operationen. Mit derartigen Systemen können Schwangerschaften, Operationen oder Therapien so dokumentiert werden, dass diese auch bei etwaigen späteren juristischen Auseinandersetzungen nachvollziehbar sind. Sie erleichtern weiters Beobachtungen zur Qualitätssicherung, ermöglichen Benchmarking gegenüber anderen Abteilungen und verbessern auch die Durchführung wissenschaftlicher Auswertungen.

Die Qualität einer geburtshilflichen-gynäkologischen Abteilung hängt von vielerlei Faktoren ab und kann anhand unterschiedlichster Kriterien gemessen werden - etwa am Anteil an Neugeborenen mit Kreislaufschwäche oder Atemdepression oder auch an der Rate sekundärer Wundinfektionen nach Kaiserschnitten. Verglichen werden können auch die Sterblichkeit von Müttern oder der Anteil an Kaiserschnitten. So hat etwa das Donauspital verglichen mit vergleichbaren Zentren oder auch kleineren Spitälern eine deutlich geringere Kaiserschnitt-Rate (20,7 Prozent zu 27 Prozent österreichweit) - bei häufigerer geburtsüberwachender Durchführung von pH-Messungen des kindlichen Bluts (8,2 Prozent zu 2,3 Prozent österreichweit).

Zusätzlich zur medizinischen Leistung wird auch die Sicht der Patientin mittels Fragebogen in die Auswertungen einbezogen. Es wird beispielsweise der "respektvolle Umgang", das "Erleben von Unterstützung" oder auch der Informations- und Wissensstand der Mutter erhoben.

Das Beispiel macht deutlich: Die Messung von Ergebnisqualität ist schon selbst ein Qualitätsmerkmal, macht sie doch Ergebnisse vergleichbar und ermöglicht somit eine fundierte Steuerung.

Aus Fehlern strukturiert lernen - Beschwerde- und Riskmanagement im KAV

Der KAV steht für eine offene und transparente Fehlerkultur. PatientInnen werden nach der Entlassung aus einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt postalisch befragt. Im Verlauf der vergangenen fünf Jahre liegt die Zufriedenheit in den Kernbereichen "Ärztliche Behandlung" und "Pflege" konstant bei 80 Prozent.

"Wir haben ein offenes Ohr für Sie" lautet auch das Credo in den Wiener KAV-Spitälern und Geriatriezentren. Seit 2005 hat der Wiener Krankenanstaltenverbund das Beschwerdemanagement auf neue Beine gestellt: Sämtliche Anliegen, Beschwerden aber auch Lob und positives Feedback werden seither systematisch erfasst und ausgewertet. "Uns geht es darum, Schwachstellen rasch zu erkennen, um gezielt Verbesserungsmaßnahmen zu treffen. Fehler passieren in jedem Unternehmen. Fehler zu sehen, aus ihnen zu lernen und sie in Zukunft zu vermeiden, das macht eine moderne und zukunftsfähige Unternehmenskultur aus", so KAV-Generaldirektor Dr. Wilhelm Marhold.

Folgerichtig gibt es in allen Spitälern und Geriatriezentren eigene Ombudsstellen, an die sich PatientInnen und Angehörige wenden können. Beim Umgang mit Fehlern wird Augenmerk darauf gelegt, aus "Beinahe-Fehlern" Optimales zu lernen und so Fehler mit Schadensfolge für PatientInnen zu vermeiden. Standardisiert setzt der KAV "Riskmanagement" in der unmittelbaren Arbeit mit und an PatientInnen ein.

Marhold: "Riskmanagement wird bei uns strukturiert betrieben, Lernerfahrungen werden EDV-unterstützt allen Menschen in der Organisation zugänglich gemacht. So kann eine gefundene Sicherheitslücke nicht nur dort, wo sie erkannt wurde, sondern in allen Einrichtungen geschlossen werden." Für erkannte Sicherheitslücken, die für das Gesamtunternehmen generalisierbaren Charakter haben, werden von multiprofessionellen Arbeitsgruppen KAV-weite Maßnahmen zur Schließung derselben erarbeitet. In Form von Leitlinien werden diese durch die Generaldirektion als verbindliche Vorgabe zusammengefasst und treten damit unternehmensweit in Kraft. Zwei Leitlinien sind bereits in Kraft gesetzt ("Richtiges Verhalten und sicherer Umgang bei Sauerstofftherapie", "Maßnahmen zur Vermeidung von Eingriffsverwechslungen").

Schulung und Training der MitarbeiterInnen

Um Schaden für die PatientInnen zu vermeiden, müssen Risken frühestmöglich erkannt werden. Dafür sind sensibilisierte MitarbeiterInnen nötig, die in Realsituationen trainiert werden. Im vergangenen Jahr gab es sechs mehrtägige Schulungen in Sachen Qualitäts- und Riskmanagement. 94 MitarbeiterInnen konnten dabei ihre Kenntnisse fundiert erweitern.

Beispielhafte Projekte für Qualitätsmanagement im KAV

  • Zertifizierung von Blutbanken

Die flächendeckende ISO-Zertifizierung von Blutbanken (Blutdepots) wird mit der Zertifizierung von vier Einrichtungen fortgesetzt. Die Blutbank des AKH ist seit 2005 zertifiziert. Die Blutbanken des Kaiser-Franz-Josef-Spitals, der Krankenanstalt Rudolfstiftung, des Otto-Wagner-Spitals und des Krankenhauses Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel haben den Zertifizierungsprozess gemeinsam gestartet, um möglichst viele Synergien durch gemeinsames Bearbeiten von Schnittstellen erreichen zu können. Im Frühjahr 2009 werden dann alle Blutbanken im Wiener KAV zertifiziert sein.

  • Höchste Sicherheit für PatientInnendaten

Erst Ende Mai wurde der Informationstechnik des Wiener Krankenanstaltenverbunds höchste Sicherheit für PatientInnendaten und Medizintechnik durch das ISO-27001 Zertifikat bescheinigt. Der KAV hat hiermit nicht nur österreichweit, sondern auch europaweit einen Meilenstein in der Sicherheit im Gesundheitswesen gesetzt: Die staatlich anerkannte Zertifizierungsorganisation CIS bescheinigte dem KAV somit höchste Sicherheit in der Verwaltung von Millionen PatientInnendaten sowie Ausfallssicherheit seiner IT-Infrastruktur.

  • AKH lässt sich komplett zertifizieren

Das AKH verfolgt seinen Weg der Gesamtzertifizierung kontinuierlich: Im April dieses Jahres wurde die Verwaltungsdirektion ISO-zertifiziert, im Juli die Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation. Im Rahmen der ISO- Zertifizierung ist auch ein umfassendes Qualitätsmanagementhandbuch ausgearbeitet worden. Insgesamt sind mittlerweile 27 von 72 Organisationseinheiten zertifiziert, weitere 45 Bereiche haben mit der Implementierung begonnen. Demnächst soll das ganze Haus zertifiziert sein. (Schluss) me

  • Rückfragehinweis für Medien:
    Mag. Michael Eipeldauer
    Mediensprecher StRin Mag.a Sonja Wehsely
    Tel.: 4000/81 231
    Handy: 0676/8118 69522
    E-Mail: michael.eipeldauer@wien.gv.at

(RK vom 09.09.2008)