Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.02.2008:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Frauenberger, Brandsteidl Sprachförderung

Wien (RK). "Das Wiener Schulwesen leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration. Ziel ist die Teilhabe aller Menschen - egal welcher Herkunft - an unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass alle Menschen auch eine gemeinsame Sprache sprechen können. Deshalb ...

Wien (RK). "Das Wiener Schulwesen leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration. Ziel ist die Teilhabe aller Menschen - egal welcher Herkunft - an unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben. Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass alle Menschen auch eine gemeinsame Sprache sprechen können. Deshalb trägt die Schule Sorge dafür, dass alle Kinder Deutsch verstehen und sprechen lernen. Mit dem "Wiener Spracherwerbskonzept" für die Volksschule wurde hier bereits in der Vergangenheit Pionierarbeit geleistet. Nun geht Wien noch einen Schritt weiter und bietet diese intensive Sprachförderung auch Kindern in der Sekundarstufe 1, in den KMS/Hauptschulen, an", stellten Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger und Wiens Amtsführende Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl am Montag im Rahmen eines Medientermins fest.****

Details zu den SeiteneinsteigerInnen-Kursen

Das mit diesem Schuljahr gestartete Modell der Sprachförderung an den Wiener KMS/Hauptschulen ergänzt bestehende Maßnahmen wie das BegleitlehrerInnen-Modell oder muttersprachlichen Unterricht. Das Besondere am neuen Konzept: Es ist speziell an die derzeit rund 750 Kinder mit einem außerordentlichen Status in dieser Schulart gerichtet. Zumeist handelt es sich hierbei um so genannte SeiteneinsteigerInnen, somit SchülerInnen nicht-deutscher Muttersprache, die ihre Schullaufbahn nicht von Anfang an in Österreich begonnen haben. Ein Großteil dieser Kinder verfügt über ein reines "Survival"- Deutsch und wird auf Basis eines Screenings, das an den Schulen erfolgt, der Sprach-Kompetenzstufe A1 (SeiteneinsteigerInnen Anfänger) oder A2 (SeiteneinsteigerInnen Fortgeschrittene) zugeordnet.

Ziel der Förderkurse ist es, diese Kinder möglichst schnell in die Kompetenzstufe B (Kenntnisse der deutschen Sprache sind vorhanden, noch kann jedoch nicht voll den Anforderungen des Lehrplans entsprochen werden) und letztlich die Kompetenzstufe C (dem Unterricht kann problemlos gefolgt werden) zu führen. Um dies zu erreichen, werden Sprach-Förderkursen von eigens geschulten LehrerInnen abgehalten. Die Kinder bekommen hier die Möglichkeit, in Kleingruppen intensiv die Grundlagen der deutschen Sprache zu erarbeiten. Sie werden dabei genau dort abgeholt, wo sie stehen und so rasch wie möglich fit für den normalen Unterricht gemacht.

Zielgruppe sind SchülerInnen mit außerordentlichem Status in der KMS/Hauptschule. Derzeit werden ca. 750 Kinder, die auf Grundlage eines "Screenings" der (Sprach)-Kompetenzstufe A zugeordnet werden, in diesen Kursen betreut.

LehrerInnen, die im Rahmen dieser speziellen Sprachförderung Kinder nicht-deutscher Muttersprache unterrichten, bekommen auf das Konzept abgestimmte zusätzliche Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Insgesamt werden für die SeiteneinsteigerInnenkurse derzeit 54 LehrerInnen eingesetzt. Diese umgerechnet 30 vollwertigen Dienstposten stellt der Stadtschulrat für Wien zur Verfügung.

Methodisch orientieren sich Sprachförderkurse an der Tatsache, dass Schulanfänger der Kompetenzstufe A in der Regel noch nicht in der deutschen Sprache literarisiert sind und der Spracherwerb somit durch eine lebendige Methodik aus Sprechen und Hören zu erfolgen hat. Die Gestaltung des Unterrichts basiert auf den konkreten Lebensrealitäten der Kinder. Durch geringe Gruppengröße von maximal 15 Kindern (Minimumzahl 8) ist diese Form des Unterrichtens auch tatsächlich verwirklichbar.

Ziel der Förderkurse ist es, die SchülerInnen der Kompetenzstufe A darin zu unterstützen, rasch die Kompetenzstufe B (und somit in weiterer Folge die Kompetenzstufe C) zu erreichen.

Positives Feedback gibt es bereits jetzt nach den Erfahrungen des ersten halben Jahres. So wird seitens der Schulen gemeldet, dass Kinder, die diese Sprachförderkurse besuchen, deutlich bessere Lernfortschritte erzielen. Eine detaillierte Auswertung erfolgt am Ende des laufenden Schuljahres und wird durch eine laufende exakte Dokumentation über die individuellen Lernfortschritte jedes/jeder SchülerIn im Kurs erleichtert.

"Keine Frage: Mit der speziellen Sprachförderung für SeiteneinsteigerInnen setzt Wien österreichweit Standards. Nachdem Integration ganz wesentlich auf der Fähigkeit, miteinander zu kommunizieren und eine 'gemeinsame Sprache' zu sprechen, basiert, bedeutet diese neue Maßnahme auch einen wichtigen Beitrag zur städtischen Integrationspolitik überhaupt", so Brandsteidl.

Frauenberger: "Gute Kenntnis der Muttersprache ist beste Basis für Erlernen der neuen Sprache"

Für Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger leistet das Sprachfördermodell in der Hauptschule einen ganz wesentlichen Beitrag, um die sogenannten SeiteneinsteigerInnen nicht nur sprachlich so rasch als möglich fit zu machen, sondern sie auch optimal in den laufenden Unterricht zu integrieren. Frauenberger: "Es ist ganz wichtig, dass alle, die hier leben, Deutsch möglichst gut beherrschen, das ist eine Schlüsselqualifikation. Das gilt insbesondere auch für Kinder und Jugendliche, die mitten im Schuljahr, also quer einstiegen. Es darf dabei allerdings nicht auf die Muttersprache vergessen werden. Denn je besser jemand die Muttersprache beherrscht, umso besser wird er eine zweite Sprache erlernen und sie auch sprechen. Das wird auch immer wieder von SprachexpertInnen bestätigt. Neben dem erfolgreichen Sprachfördermodell in Volks- und Hauptschule muss daher der muttersprachige Unterricht insgesamt stärker gefördert werden und es braucht auch mehr muttersprachige PädagogInnen." Abgesehen davon sei die gute Kenntnis der Muttersprache auch eine wichtige Qualifikation für die spätere Ausbildung und den Beruf, unterstrich die Integrationsstadträtin.

Freizeit und Deutsch lernen in einem - spezielle Unterstützung für jugendliche SeiteneinsteigerInnen

Für jugendliche SeiteneinsteigerInnen mit Schulpflicht gibt es aber noch weitere Unterstützungsmaßnahmen, um im österreichischen Schulsystem Fuß zu fassen. Für SeiteneinsteigerInnen zwischen 10 und 14 Jahren ist die Ferienzeit eine ideale Gelegenheit, um Sprachkenntnisse zu verbessern: So sind auch im heurigen Sommer zahlreiche Aktivitäten geplant, in denen Kindern und Jugendlichen altersadäquat und mit Spaß die deutsche Sprache vermittelt wird. Dazu zählt u.a. sprich:[sport], das schon zum dritten Mal stattfinden wird, Sprachkultur Miteinander (Kooperation von Verein Zeitraum und verschiedenen Moscheenvereinen), das bereits 2007 erfolgreich gelaufen ist und neu das Projekt "Wir spielen Deutsch" speziell für Migrantenkinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Maßnahmen für jugendliche SeiteneinsteigerInnen werden jedenfalls kontinuierlich weiter entwickelt und ausgebaut. Ein wesentlicher Ansatz dabei ist es, die bereits bestehenden Sprachmaßnahmen für Kinder und Jugendliche durch offensive Vermittlung der Angebote vor allem an PädagogInnen und DirektorInnen noch besser zu etablieren.

Elternarbeit verstärken - Bildungschancen der Kinder sind abhängig von den Eltern

Als weiteren zentralen Aspekt zur Herstellung von Chancengleichheit bei Bildung nannte Frauenberger die Elternarbeit. Der Stellenwert von Bildung müsse verstärkt und deutlich den zugewanderten Eltern vermittelt werden: "Mit "Mama lernt Deutsch" und den Elternseminaren gibt es hier bereits hervorragende Ansätze. Die Benachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund in punkto Schulausbildung und beruflicher Qualifizierung steht nämlich in engem Zusammenhang mit der sozialen Situation und dem Bildungsstatus der Eltern." Auch hier gibt es eine Reihe von Projekte, die zum Ziel haben die Kommunikation zwischen Eltern, Schule und Kinder zu verbessern, um dadurch den Kindern eine erfolgreiche Bildungslaufbahn zu ermöglichen.

"Schule & Eltern" - wie kann ich mein Kind für bessere Zukunftschancen optimal unterstützen

Von der MA 17 im Jahr 2006 als "Pilot" initiiert, wird das Projekt "Schule & Eltern" nun systematisch auf- und ausgebaut. Im Mittelpunkt stehen spezielle Infoveranstaltungen mit und von ExpertenInnen im Dreieck Eltern - Kinder - Schule über die wichtigsten Fragen, die die Eltern interessieren. Themen, die behandelt werden sind u.a. das Schulsystem in Österreich, Rechte und Pflichten der Eltern, Erziehung in der Migration ("soll ich mein Kind anders als z.B. in der Türkei erziehen?"), Bedeutung der Bilingualität, Kreativförderung ("wie kann ich mein Kind mit Spielen fördern?"; "wie gestalte ich die Freizeit meines Kindes?") bis hin zu Gesundheitsfragen, Ernährung und Umgang mit Pubertätsproblemen.

Ausgewählte, von der MA 17 geförderte Vereine organisieren und führen die Infoveranstaltungen in (MigrantInnen-)Vereinen und Schulen durch und vermitteln die ExpertInnen. Alle Veranstaltungen sind muttersprachlich bzw. gedolmetscht, kostenlos und werden bei Bedarf mit Kinderbetreuung angeboten. . Derzeit sind für 2008 insgesamt 200 Veranstaltungen geplant. Damit können über 2000 Eltern erreicht werden. Darüber hinaus gibt es spezielle Angebote für bestimmte Gruppen wie z.B. türkische Eltern. Weiters laufen zwei Pilotprojekte "aufsuchende Elternarbeit". Dabei gehen HausbesucherInnen zu den Eltern, klären sie auf und arbeiten mit ihnen und ihren Kindern zuhause. An diesem Projekt nehmen dzt. insgesamt 50 Familien teil.

Mama lernt Deutsch - empowerment der Frauen empowert auch Kinder

Auch das Projekt "Mama lernt Deutsch" zählt zum Bereich der Elternarbeit, da es die Kommunikation zwischen Schule und Müttern fördert und den Informations- und Wissensstand beider Seiten erhöht. Bei "Mama lernt deutsch" geht es aber auch um Empowerment für Migrantinnen, das sich ebenfalls positiv auf das Schulverhalten der Kinder auswirkt. Insgesamt ist das "Hinwenden" zur deutschen Sprache und die aktive Beschäftigung damit jedenfalls ein wichtiger Schritt in ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben. Das hat auch eine vom Institut für Sprachwissenschaften der Universität Wien durchgeführte Evaluierung des Projekts jetzt bestätigt.

(RK vom 18.02.2008)