Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.12.2005:
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Wehsely: Bertha von Suttners "Utopien" noch immer aktuell

Wien (RK). Morgen vor 100 Jahren - am 10. Dezember 1905 - wurde der Friedensnobelpreis an Bertha von Suttner und damit erstmals an eine Frau verliehen. Die damals 62-jährige wurde mit diesem Preis für ihr kompromissloses und engagiertes Auftreten gegen jede Form von Krieg und nationalem oder religiösem Fanatismus, ...

Wien (RK). Morgen vor 100 Jahren - am 10. Dezember 1905 - wurde der Friedensnobelpreis an Bertha von Suttner und damit erstmals an eine Frau verliehen. Die damals 62-jährige wurde mit diesem Preis für ihr kompromissloses und engagiertes Auftreten gegen jede Form von Krieg und nationalem oder religiösem Fanatismus, Antisemitismus, soziale Ungerechtigkeit, Menschenrechtsverletzungen und nicht zuletzt für den Kampf gegen die Benachteiligung von Frauen ausgezeichnet. "Die Verleihung des Friedensnobelpreises vor 100 Jahren an eine Frau, die massiv für Menschen- und Frauenrechte eingetreten ist, markiert für uns heute rückblickend einen historischen und politischen Wendepunkt", unterstreicht die Wiener Frauenstadträtin Sonja Wehsely am Freitag gegenüber der Rathauskorrespondenz anlässlich des morgigen Jubiläums.****

"Ihrer humanistisch-aufklärerischen Einstellung entsprechend glaubte Bertha von Suttner bis zu ihrem Tod knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges fest an eine positive Entwicklung der Menschheit hin zur Überwindung von Unterdrückung und Krieg. Ihre damals wahrscheinlich utopisch anmutenden Wünsche und Vorstellungen über Frieden und Gleichberechtigung haben bis heute nichts an Aktualität und Wichtigkeit verloren", so die Frauenstadträtin.

Bertha von Suttners 1889 erschienener Roman "Die Waffen nieder" trug wesentlich zur Verbreitung und Popularisierung der Friedensidee in Europa und Amerika bei. Das Buch galt zu jener Zeit als der wichtigste Antikriegsroman und begeisterte weite Kreise für die Friedensbewegung. Bei ihrem Engagement für den Frieden verwies Bertha von Suttner jedoch nie auf eine biologische, quasi naturgegebene "Friedfertigkeit" der Frau, sondern betonte die Notwendigkeit, soziale Bedingungen hinter dem scheinbar Natürlichem zu erkennen und damit auch die Möglichkeit auf Veränderung einzufordern. "Nur die fortschrittlich gesinnten Frauen, nur solche, die sich zu sozialem Denken erzogen haben, sind es, die die Kraft haben, sich von dem Banne tausendjähriger Institutionen zu befreien, und zugleich die Kraft aufbringen, dieselben zu bekämpfen", so Suttners Überzeugung.

Die hohe Auszeichnung durch die Verleihung des Nobelpreises war auch von Widerständen begleitet: Trotz des Umstandes, dass der Friedensnobelpreis auf die Initiative von Bertha von Suttner selbst zurück zu führen war - sie hatte ihren langjährigen Freund Alfred Nobel zur Stiftung des Friedensnobelpreises für den Völkerfrieden bewegen können - hatte sich die Jury zuvor vier Jahre lang geweigert, einer Frau diese hohe Ehre zuteil werden zu lassen. Die Unterrepräsentation von Frauen hält auch weiterhin an: Bis heute finden sich unter den 92 Personen, die den Friedensnobelpreis verliehen bekamen, nur 12 Preisträgerinnen.

"Das Leben und Werk von Bertha von Suttner verdeutlicht eindringlich, dass die Rechte und Errungenschaften, die wir heute genießen und die es noch auszubauen gilt, Resultate von gesellschaftlichen Kämpfen sind. Sie benötigen auch in Zukunft unseren 100-prozentigen Einsatz sowie unsere völlige Aufmerksamkeit. In diesem Sinne muss unser Engagement dem Entwickeln und Forcieren weiterer weiblicher Utopien gelten", so Wehsely.

Hinweis: "Unter dem Titel "Weibliche Utopien" veranstaltet die Frauenabteilung der Stadt Wien (MA 57) am 18. Jänner 2006 eine international besetzte Diskussionsveranstaltung, auf der - ausgehend von Bertha von Suttners Überlegungen - Perspektiven der europäischen Frauen- und Friedenspolitik debattiert werden.

Es diskutieren:

  • Sonja Wehsely - Wiener Frauenstadträtin
  • Magdalena Sroda - ehemalige polnische Ministerin für
    Gleichbehandlungsfragen
  • Eva Ferrarova - Direktorin der Prager Magistratabteilung für
    Internationale Beziehungen
  • Laurie Cohen - Historikerin, Autorin der neuesten Bertha von
    Suttner-Biografie (angefragt)
  • Bitte merken Sie vor:
    "Weibliche Utopien - Eine andere Welt ist möglich! Ist eine
    andere Welt möglich?"
    Zeit: Mittwoch, 18. Jänner 2006, 18.00 bis 20.30 Uhr
    Ort: Nationalbibliothek, Augustinersaal, 1., Josefsplatz 1

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(RK vom 09.12.2005)