Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 07.05.2002:
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Häupl: 8. Mai kein Tag der Trauer, ein Tag der Freude!

Wien (RK). Im Zusammenhang mit dem heftig diskutierten Veranstaltungen am 8. Mai fand Dienstag Vormittag am Judenplatz unter dem Titel "Toleranz und Demokratie" eine Kundgebung statt, die auf Initiative von Bürgermeister Dr. Michael Häupl vom Verein "Niemals Vergessen" organisiert worden war. Es gehe nicht um die ...

Wien (RK). Im Zusammenhang mit dem heftig diskutierten Veranstaltungen am 8. Mai fand Dienstag Vormittag am Judenplatz unter dem Titel "Toleranz und Demokratie" eine Kundgebung statt, die auf Initiative von Bürgermeister Dr. Michael Häupl vom Verein "Niemals Vergessen" organisiert worden war.

Es gehe nicht um die Frage, ob Kränze auf Gräber von Soldaten gelegt werden, stellte Bürgermeister Häupl in seiner Rede einleitend fest. Dieser 57. Jahrestag der Befreiung von der NS- Barbarei sei ein Tag der Freude für Alle, es war die Wiedergeburt Österreichs. Er erinnerte an die jüdischen Opfer, die Roma und Sinti, die Kriegsgefangenen, die Homosexuellen und nicht zuletzt an die Widerstandskämpfer und Millionen Gefallenen und zivilen Opfer. Häupl hob hervor, wie wichtig ein Blick in die Geschichte sei. Er führe zum Erkennen und zur Erkenntnis "Nie wieder". Am Vortag der Befreiung gelte es nicht nur, sich vor den Opfern zu verneigen, sondern auch alles zu tun, um das "Nie wieder" zu gewährleisten. Daher sprach er sich deutlich dafür aus, den 8. Mai als Freudentag zu begehen und nicht als Tag gewalttätiger Auseinandersetzungen.****

In einer kurzen Rede hob der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Dr. Ariel Muzicant, die Wichtigkeit des Klimas der Demokratie, des Verständnisses und des aufeinander Zugehens hervor. Zu den Diskussionen um den 8. Mai stellte er klar, dass er von den in der Vergangenheit erfolgten Kranzniederlegungen nichts gewusst habe. Es sei aber ein großer Unterschied, ob Burschen einen Kranz niederlegen würden, oder ob Politiker dieses Landes daran teilnehmen. Für ihn, sein Volk, sei es ein Tag der Wiedergeburt, an dem für hunderttausende Juden das Leben neu begonnen habe - und dann gebe es österreichische Politiker, die von einem Tag der Trauer sprechen würden.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Prof. Anas Schakfeh, stellte unmissverständlich klar, dass es keine wie immer geartete Interessensgemeinschaft mit Ewig Gestrigen gebe. Wer sich schuldig gemacht habe, bleibe schuldig. Seine Religion bekenne sich uneingeschränkt zur Rechtsstaatlichkeit. "Wir verlangen den Dialog nicht, wir praktizieren ihn", sagte Schakfeh wörtlich. Man rede miteinander, habe gemeinsame Anliegen und betrachte dies als selbstverständlichen Bestandteil dieser Gesellschaft.

Der Evangelische Landessuperintendent Hofrat Peter Karner meinte, Judenhass und Ausländerfeindlichkeit seien auch eine Verblödungserscheinung. Dazu gehörten auch die vielfach gebrauchten Argumente seiner Generation, die sich hinter der Ausrede "Wenn wir gewusst hätten..." verschanzen würden. Die Parole "Nie wieder" habe er als Kind erlebt und sie gelte für ihn bis heute.

Als Vertreter der Katholischen Kirche gedachte Wiens Weihbischof Dr. Helmut Krätzl im Rahmen der Kundgebung der Millionen Opfer des Krieges und des furchtbaren Verbrechens an den Juden. Er erinnerte auch an die unzähligen Opfer im Widerstand. Jene, die überlebt haben, hätten die Wurzeln zu einem neuen Österreich gelegt. Österreich dürfe kein Land sein, wo Menschen gering geschätzt oder verachtet würden. Er setze stark auf die Jugend, diese solle nicht ideologisch missbraucht werden.

An der Veranstaltung nahmen neben zahlreichen Ehrengästen auch Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder, Stadträtin Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker, Stadträtin Mag. Renate Brauner, Landtagspräsidentin Prof. Erika Stubenvoll und der Vorsitzende des Wiener Gemeinderates, Rudolf Hundstorfer, teil. (Schluss) ull/bs

(RK vom 07.05.2002)