Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.05.1997:
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Internationales Presseecho auf die Wiener Festwochen 1997

Wien, 23.5. (RK-AUSLAND) Nicht nur die österreichischen Medien, sondern auch mehrere internationale Tageszeitungen und Wochenmagazine widmeten den Wiener Festwochen 1997 breiten Raum. Hier eine Auswahl: Wovon die Wiener im Biedermeier nur träumten "Vor zwei Jahren hatten Harnoncourt und Flimm gemeinsam Schuberts ...

Wien, 23.5. (RK-AUSLAND) Nicht nur die österreichischen Medien, sondern auch mehrere internationale Tageszeitungen und Wochenmagazine widmeten den Wiener Festwochen 1997 breiten Raum. Hier eine Auswahl:

Über Schuberts "Alfonso und Estrella" im Theater an der Wien:

  • Wovon die Wiener im Biedermeier nur träumten
"Vor zwei Jahren hatten Harnoncourt und Flimm gemeinsam Schuberts `Des Teufels Lustschloß' realisiert, jetzt haben sie in einer Koproduktion der Wiener Festwochen mit der Züricher Oper `Alfonso und Estrella' aus der Versenkung geholt...

...Es ist wunderbar zu beobachten, wie Nikolaus Harnoncourt mit dem Chamber Orchestra of Europa Schuberts Musik modelliert, innig, berührend, aber auch hochdramatisch effektvoll...

...Indem Flimm mit seinem Ausstattungsteam das Biedermeierliche eine Spur überzogen herausarbeitet, ohne freilich die Figuren auch nur im Geringsten zu denunzieren erzielt er eine hochromantische Ironie, die so spannend ist, daß sie auch die dürftige Handlung wettmacht. großer Jubel für alle".

Paul Kruntorad, Die Welt am Sonntag, 11. Mai

  • Spiele des Krieges und des Liedes
"...Krieg zeugt sich eben in Krieg fort. Aber mußten die Wiener Festwochen für solche Vordergründigkeit ernstlich Schubert bemühen, der sich mit `Alfonso und Estrella' zwischen Singspiel und Ritteroper ein `Stück nach Maß' (Gülke) zimmern wollte, eines, das überdies die politische Zensur willig inhalierte und sich im utopischen Entwurf brav an gängige Gebrauchsanweisungen hielt, (nämlich an Ignaz von Mosels `Ästethik der dramatischen Tonkunst' von 1813)?...

...`Nicht wir deuten die Kunst...' - das hieße doch auch: Nicht wir hätten hier über eine mißachtete, mißkannte, vergessene und verfemte Schubert-Oper zu richten, sondern diese Oper säße über uns zu Gericht....Um Anklage zu erheben gegen unseren hoffnungslos verkalkten, infarktgefährdeten Begriff der deutschen romantischen Oper.

Daß dies letztlich gelingt, ja, daß einem zeitweise gar die Ohren und Sinne übergehen wollen, das ist das große intensive Verdienst Erich Wonders und Nicolaus Harnoncourts."

Christine Lemmke-Matwey, Süddeutsche Zeitung, 12. Mai

  • Lieder von Krieg und Liebe
"...Die Wiener Festwochen bieten (in einer Gemeinschaftsproduktion mit dem Opernhaus Zürich) ein erlesenes Quintett von `Lied'-Sängern auf, um dieses reichhaltige Gebinde zu präsentrieren...

...Nein, er hatte kein Glück mit der Oper, der Franz Schubert. Und er wird es auch kaum haben außer in solchen Jahren wie diesen, da wir seinen 200. Geburtstag feiern - und gelegentlich will ja auch die Oper einmal in alten Bildern stöbern, die, verwackelt oder falsch belichtet, doch eines festhalten: Die Geschichte und ihre vielfältigen Bedingungen."

Heinz Josef Herbort, Die Zeit, 16. Mai -

Über Cyril Tourneurs "Die Tragödie der Rächer" im Schauspielhaus:

  • Fast Food, Low Motion
"...Nach Goethes `Triumph der Empfindsamkeit' (Berlin) und Corneilles `Triumpf der Illusionen' (Hamburg) versucht sich Bachmann bei den Wiener Festwochen an einer selten aufgeführten Kostprobe elisabethanisch-jakobäischer Dramatik...

...Gleichwohl: Unter die Haut soll das schröckliche Spektakel offensichtlich niemandem gehen, und so ist der Hunger auf Substanz nach knapp zwei Stunden theatralischer Dauerironisierung ungestillt. Um zehn Uhr sind in Wien die Wurstbuden noch offen."

Barbara Villiger Heilig, Neue Zürcher Zeitung, 20. Mai

  • Im Schatten der Käsekrainer"
"...Keine Frage, die in jeder Hinsicht überdimensionale `Tragödie der Rächer' wird von Stefan Bachmann ziemlich zerkleinert serviert. Die moralische Gruselgeschichte ist voll großer Worte und von der komplizierten Dämlichkeit eines Librettos. Bachmann löst sie in ironischen Witz auf, in Slapstick und Musik-Clownerie. Mit Fug und Recht mag man solche Interpretation als allzu bescheiden bemängeln. Doch hat der Interpret, mit Verlaub des angeblichen Tourneur gesagt, `ein Werk vollbracht, das andere gar nicht angefangen hätten'. Ich bin dafür."

Ulrich Weinzierl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Mai

Für die Auswahl verantwortlich: Dr. Christian Röttinger (Schluß) rö/rr

(RK vom 23.05.1997)