Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 09.09.1991:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

"Wem gehört der öffentliche Raum"

Utl.: Ausstellung im Messepalast/Halle P =Wien, 9.9. (RK-KOMMUNAL)"Wem gehört der öffentliche Raum? - Frauenalltag in der Stadt" ist derTitel einer Ausstellung, die sich mit den weiblichen Ansprüchen an dieStadt und die Stadtplanung beschäftigt. Die Ausstellung, die vonMitarbeiterinnen der Stadtverwaltung gestaltet wurde, ist von 10. Septemberbis ein- schließlich 18. Oktober jeweils Dienstag bis Sonntag von 10 bis 19Uhr bei freiem Eintritt im Messepalast, Halle P, zu sehen. Die Expositionbeschäftigt sich mit dem Alltag der Frauen - acht Frauen wurden einen Taglang auf ihren Wegen begleitet. Es geht in der Ausstellung auch umöffentliche Verkehrsmittel und Parks, Freiräume, Nahversorgung,Lastentransport als tägliche Frauenarbeit und um die Beteiligung von Frauenan der Stadtplanung. Videos, Dias, Informationstafeln und praktischeBeispiele "zum Angreifen" dokumentieren das Alltagsleben und die täglicheBelastung der Frauen in der Stadt. Die Ausstellung wurde alsWanderausstellung konzipiert. Frauenstadträtin Christine SCHIRMER undPlanungsstadtrat Dr. Hannes SWOBODA stellten sie Montag am erstenAusstellungsort, dem Messepalast, vor.

Zwtl.: Der weibliche Alltag Acht Frauen wurden für die Ausstellungjeweils einen Tag lang durch Wien begleitet - Frauen aller Altersstufen undaller Schichten: ein achtjähriges Mädchen, ein 16jähriger weiblicherFotografenlehrling, eine Hausfrau mit drei Kindern, eine türkische Hausfraumit zwei Kindern, eine alleinverdienende Krankenschwester, geschieden, mitzwei Kindern, eine im Rollstuhl sitzende halbtags berufstätige Studentin,eine ältere freiberuflich tätige Frau und eine Pensionistin. DerTagesablauf und die zurückgelegten Wege dieser Frauen werden in derAusstellung dokumentiert. Das Ergebnis von Beobachtungen, eigenenUntersuchungen und Befragungen (z.B. zum Thema Angst- und Wohlfühlräume)sowie die Auswertung vorhandenen Datenmaterials über die unterschiedlicheWahl von Verkehrsmitteln bei Frauen und Männern wurde für die Ausstellungauf rund 30 Tafeln dargestellt und durch Fotos von Barbara KROBATH und DidiSATTMANN illustriert. Inhalte von "Wem gehört der öffentliche Raum -Frauenalltag in der Stadt" sind u.a. o die unterschiedliche Raumnutzung vonFrauen und Männern o die unterschiedliche Wahl der Verkehrsmittel - rundzwei Drittel der Personen, die zu Fuß gehen, sind Frauen, dafür sind zwei Drittel der AutofahrerInnen (zumindest laut Stand 1986) in Wien männlichen Geschlechts. Die Ausstellung beschäftigt sich aber auch mitden Ansprüchen an den öffentlichen Verkehr und dem Unbehagen, das mancheFrauen in Unterführungen, bei Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel usw.empfinden. Außerdem geht's auch um die einfachsten Dinge des täglichenBedarfs, die Nahversorgung etwa. "Erledigen Sie doch einmal einentypischen, alltäglichen familiären Kleineinkauf: eine Schachtel Pampers,eine Packung Klopapier, eine Flasche Milch, ein Kilo Brot und ein KiloMehl. Einziges "Erschwernis": das Kleinkind im Kinderwagen und dessendreijährige Schwester an der Hand...." beginnt die Schilderung dertäglichen Einkaufserlebnisse. Räume, in denen sich Frauen wohlfühlen,und als Gegensatz dazu Angsträume sind weitere Themen des "Frauenalltags inder Stadt". Der Park als "funktionelles Ghetto" und die Frage, wie Parksaussehen müßten, damit sie von Frauen besser genutzt werden können, sindweitere Schwerpunkte der Ausstellung. Oder die Frage "Wessen Straßeist die Straße?" und ein Rechenbeispiel: Normalerweise sind Gehsteige imdichtbebauten Stadtgebiet bis 2 m breit. Verkehrsschilder müssen mindestens30 cm vom Fahrbahnbereich entfernt auf dem Gehsteig aufgestellt werden,schreibt die StVO vor - und wer sich ausrechnet, wie "breit" eine Frau mitKinderwagen, Windelkarton, Einkaufskorb und Kleinkind an der Hand ist, kannsich die weiteren Schwierigkeiten schon selbst ausmalen.... Ergänztwird die Ausstellung durch Videos, u.a. eines vom Institut fürVerkehrsplanung und -technik an der TU Wien/Prof. Knoflacher, undDiaserien, u.a. über Angsträume und "Orte des Spiels", sowie durchInformationen zum Mitnehmen. In der Ausstellung ist auch eine"wachsende Ausstellung" untergebracht: ein Angebot an Frauen undFraueninitiativen, ihre eigenen Vorschläge, Fotos, Reflexionen usw. zupräsentieren - eine Art "Wandzeitung", die hoffentlich im Laufe derAusstellung entstehen wird. Die Ausstellungsgestalterinnen - eineGruppe engagierter Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung und andere Frauen -zeigen deutlich, wie sehr Stadtplanung und Gestaltung von männlicher Sichtdominiert wird, wo und wie Frauen davon betroffen sind. Die logischeKonsequenz daraus: Frauen müssen stärker als bisher in Planung,Architektur, Gestaltung der Wohnumgebung (Infrastruktur, Nahversorgung,Verkehr,...) einbezogen werden - eine Forderung, die nach den Wünschen vonFrauenstadträtin Schirmer und anderen mit eigenen Frauenbeiräten erfülltwerden soll. Die Ausstellung "Wem gehört der öffentliche Raum -Frauenalltag in der Stadt" wurde im Auftrag der MA 18 als Wanderausstellungkonzipiert. Sie ist bis 18. Oktober im Messepalast zu sehen und sollanschließend in Wiener Volkshochschulen, aber auch in den Bundesländern,gezeigt werden. Zur Ausstellung gibt es auch einen Katalog mit Beiträgenvon 33 AutorInnen, darunter StadtplanerInnen, LandschaftsgestalterInnen,StudentInnen, ProfessorInnen, PolitikerInnen usw., der zum Preis von 180Schilling in der Ausstellung erhältlich ist, sowie das Buch "Wem gehört deröffentliche Raum - Frauenalltag in der Stadt" (sozusagen der Katalog inBuchform), das im Böhlau-Verlag erschienen ist (Herausgeberinnen: Eva KAILund Jutta KLEEDORFER) und um 220 Schilling im Buchhandel zu erwerben ist.(Forts. mgl.) hrs/mk nnnn

OTS034 1991-09-09/10:58