Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 06.12.1989:
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Ergebnisse der Wiener Entwicklungsstudie

Utl.: Jedes sechste Neugeborene ein Risikokind =Wien, 6.12.(RK-KOMMUNAL) In Wien kommen jährlich rund 14.500 Kinder zur Welt. Jedessechste Kind davon ist aufgrund von Störungen in der Schwangerschaft oderwährend der Geburt ein sogenanntes "Risikokind". Im Rahmen eines seit 1979bestehenden Risikokinder- programmes werden diese Kinder seitens desGesundheitsamtes regelmäßig zu entwicklungsdiagnostischen Kontrolleneingeladen. Diese Kontrolluntersuchungen werden im 4., 7. und 17.Lebensmonat von speziell geschulten Ärzten, Physikotherapeuten undLogopäden durchgeführt, wofür zwei spezielle Ambulanzen im 10. Bezirk,Gellertgasse 42-48, und im 18. Bezirk, Währinger Gürtel 141, zur Verfügungstehen. Darüberhinaus wurde 1984 durch Unterstützung des"Medizinisch-wissenschaftichen Fonds des Bürgermeisters derBundeshauptstadt Wien" mit der Durchführung einer "WienerEntwicklungsstudie" begonnen.**** Dienstag abend berichteteGesundheitsstadtrat Univ.-Prof. Dr. Alois STACHER gemeinsam mit Hofrat Dr.Helene KAPAUN, Leiterin des Gesundheitsamtes, bei einem Pressegespräch überdie neuesten Ergebnisse dieser Studie bzw. des "WienerRisikokinderprogrammes".

Zwtl.: Entwicklungsstörungen bei 31 Prozent Im Rahmen des "WienerRisikoprogrammes" wurden von 1979 bis Herbst 1989 insgesamt 6.986Risikokinder untersucht, von denen 2.026 (das sind 29 Prozent) auffälligwaren. Im vergangenen Jahr wurden 958 Kinder zur Untersuchung eingeladen,wovon 749 dieser Einladung gefolgt sind. Von diesen 749 Risikokindern waren232 (das sind 31 Prozent) leicht bis schwer auffällig.

Zwtl.: Kontrolluntersuchungen der Dreieinhalb- und Fünfjährigen ImRahmen der "Wiener Studie", deren wissenschaftliche Leiterin Dr. HeleneKapaun ist, wurden in einem ersten Teil insgesamt rund 300 Risikokinder undebensoviele "normale" Kinder im 6. und 17. Lebensmonat untersucht. Dabeistellte sich heraus, daß die Meinung nicht stimmt, das Risikokind habe "biszum ersten Lebensjahr alles aufgeholt". In einem zweiten Teil der Studiewurden diese Kinder vom März 1987 bis August 1989 im Alter von dreieinhalbund fünf Jahren erneut zu Untersuchungen durch einen Arzt und einePsychologin eingeladen. Rund 60 Prozent davon - 137 Risikokinder und 780Kontrollkinder - kamen dieser Einladung nach. Es zeigte sich, daß etwa einDrittel der Risikokinder noch immer leichte Auffälligkeiten aufzuweisenhatte.

Zwtl.: "Tolpatschig und ungeschickt" So wurden etwaTeilleistungsschwächen im motorischen Bereich - "tolpatschig undungeschickt" -, Wahrnehmungsstörungen von Raum und Zeit,Sprachentwicklungsstörungen und visuelle Wahrnehmungsstörungenfestgestellt. Ferner zeigte es sich, daß Risikokinder eher zu chronischenbronchialen Erkrankungen sowie Darminfektionen neigen. Reine Frühgeburtenwaren auch mit diesem Alter nicht nur leichter im Gewicht, sondern auchkleiner als die übrigen Risikokinder.

Zwtl.: Intensivierte Schwangerenvorsorge, Frühförderung Aufgrund derErgebnisse dieser Untersuchungen im Rahmen des zweiten Teils der "WienerEntwicklungsstudie" sprach sich Dr. Kapaun für eine Intensivierung derbereits angebotenen Schwangerenvorsorge - und hier im besonderen für eineAusweitung der Aktion "Familienhebammen" aus. Gegenwärtig stehen neunmobile Familienhebammen des Gesundheitsamtes dafür im Einsatz. Nur beibester Betreuung (auch psychisch) könnte es zu einer weiteren Reduzierungder Frühgeburtenrate kommen. Ferner müßte auch die Frühförderung beiRisikokindern so rasch wie möglich einsetzee. Nur so könnte es zu einerReduktion vorhandener Teilleistungsschwächen kommen. Bedauerlicherweisekommen jedoch derzeit nur rund zwei Drittel der Eltern den Einladungen desGesundheitsamtes zu entwicklungsdiagnostischen Kontrolluntersuchungen nach.(Schluß) zi/rr nnnn

OTS031 1989-12-06/10:31 0065/0475/3805