Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.10.1989:
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Wiener Gemeinderat (11)

Utl.: Polenhilfe =Wien, 30.10. (RK-KOMMUNAL) VizebürgermeisterFinanzstadtrat MAYR (SPÖ) stellte den Antrag zur Genehmigung dersogenannten "Polenhilfe". Zur Förderung von Exporten WienerUnternehmungen nach Polen wird die Stadt Wien gegenüber einemFinanzierungskonsortium, bestehend aus Zentralsparkasse und Kommerzialbankund Creditanstalt-Bankverein, für Exportfinanzierungen nach Polen fürjeweils 70 Prozent des Finanzierungserfordernisses im Gesamthaftungsrahmenvon einer Milliarde Schilling die Haftung übernehmen. Die Exportunternehmenmüssen ihren Sitz in Wien haben und mindestens 50 Prozent derLohnsummensteuer in Wien aufbringen, der Anteil der österreichischenWertschöpfung muß 60 Prozent betragen. Mayr verwies darauf, daß dieEntwicklung im Osten und speziell in Polen diese Hilfe erfordere. SolcheKredithaftungen seien zwar mit Risken verbunden, das größte politischeRisiko sei aber das Scheitern der Auflockerungsbemühungen im Osten. FPÖ-Klubobmann Dr. HIRNSCHALL meinte, Aufgabe des Westens sei es, diedemokratische Entwicklung im Osten durch Wirtschaftshilfe zu fördern.Insoferne habe die FPÖ die gleiche Zielsetzung. Die gegenwärtige Polenhilfeder Stadt Wien sei aber ein Muster dafür, wie man es nicht machen sollte.Derartige Aktionen müßten in Zusammenarbeit mit der Kontrollbank und demFinanzministerium durchgeführt werden. Hirnschall stellte den ANTRAG,derartige Förderungen auch auf Ungarn und bei Fortschreiten der politischenEntwicklung auch auf die CSSR und die DDR auszudehnen. Der Bund müsse sichan der Aktion beteiligen, ebenso wie die anderen Bundesländer. Den Bankenwäre ein höheres Risiko, 50 Prozent statt 30 Prozent, zuzumuten. Bei derExportförderung müßten auch Klein- und Mittelbetriebe berücksichtigtwerden. GR Dr. Ferdinand MAIER (ÖVP) gab bekannt, daß die Volksparteider Polenhilfe zustimmen werde. Die Entwicklung im Ostblock, das Scheiternvon kommunistischen Regierungen und die erste nichtkommunistische Regierungin Polen verdienen diese Unterstützung. Derartige Entwicklungen seien voreinigen Jahren nicht vorhersehbar gewesen. Viele haben nicht darangeglaubt, als ÖVP-Mandatare vor Jahren Kontakte zu Polen und zurSolidarnosc aufgenommen haben. Maier forderte die SPÖ auf, dafür zu sorgen,daß auch der Gewerkschaftsbund endlich die Solidarnosc anerkenne. GRMargarete DUMSER (SPÖ) meinte, man müsse das hohe Tempo derAufbruchstimmung positiv beurteilen. Daher begrüße sie die Initiative vonBürgermeister Dr. Zilk und verstehe die Kritik der Freiheitlichen überhauptnicht, da die Hilfe derzeit rasch nötig sei. Die Polenhilfe der Stadt Wienschließe überhaupt nicht aus, daß sich die anderen Bundesländer und derBund künftig daran beteiligen. Vizebürgermeister MAYR begrüßte denAntrag der FPÖ, Bund und Länder in die Polenhilfe miteinzubeziehen. Wienhat zunächst ein Signal gesetzt. ABSTIMMUNG: Die Polenhilfe wurde mitden Stimmen von SPÖ und ÖVP angenommen, der FPÖ-Antrag einstimmig demFinanzausschuß zugewiesen. (Forts.) fk/rr nnnn

OTS136 1989-10-30/17:50 0054/0382/3057