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Landtag, 20. Sitzung vom 24.02.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 35

 

früher zu erkennen, um wachsam zu sein und genau hinzuschauen, mit wem man in Zukunft paktiert und zusammenarbeitet und mit wem sicher nicht.

 

Anlässlich des Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine waren mein Kollege Peter Kraus und ich beim ukrainischen Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, zu Gast. Das war in vielerlei Hinsicht ein sehr ergreifender und beeindruckender Termin. Vasyl Khymynets hat bei diesem Besuch einfach auch noch einmal ganz klar betont, wie wichtig es für die Ukraine ist, dass Wien solidarisch an der Seite der Ukraine steht und dass Österreich solidarisch an der Seite der Ukraine steht. Er hat uns gesagt und uns alle hier daran erinnert: Es ist weiter wichtig für die Ukraine, dass ihr humanitär, wirtschaftlich und finanziell geholfen wird. Deshalb dürfen wir auch nicht aufhören, solidarisch zu sein, und nicht aufhören, unsere Stimme zu erheben und auch weiter zu helfen. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS sowie von Abg. Hannes Taborsky.)

 

Ja, auch deshalb, weil die Ukrainerinnen und Ukrainer für und um ihr Land kämpfen und auch für uns um das kämpfen, was uns mit den Ukrainerinnen und Ukrainern vereint und eint: Sie kämpfen nämlich für die europäischen Werte. Sie kämpfen für die Menschenrechte. Sie kämpfen für die Rechte von Minderheiten. Sie kämpfen für den internationalen Zusammenhalt. Sie kämpfen für die Aussicht auf den Frieden. Insofern betreffen die russischen Angriffe auch nicht nur die Ukraine. Sie betreffen Europa, und sie betreffen die ganze Welt. Gestern hat UNO-Generalsekretär Guterres den Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine auch sehr bezeichnend als dunklen Meilenstein bezeichnet.

 

Noch ein Wort zur Neutralität, Kollege Krauss: Auch Alexander Van der Bellen hat den Angriffskrieg wieder aufs Schärfste verurteilt und wieder betont, dass die Haltung Österreichs politisch natürlich keineswegs neutral ist. Sie ist militärisch neutral, aber sicher nicht politisch neutral. Wir sind nicht neutral gegenüber dem eklatanten Bruch des Völkerrechts, und wir sind nicht neutral gegenüber Kriegsverbrechern. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ, NEOS und ÖVP.)

 

Kollegin Bakos von den NEOS hat es erwähnt: Auch für mich war es ein sehr ergreifender Moment, dass die ukrainische Community und die Caritas zu diesem kleinen Lichtermeer am Stephansplatz eingeladen haben. Insofern auch von mir ein Wort zu den Kindern. Klar ist: Auch wenn sich diese Kinder im Moment in Wien in Sicherheit befinden, nehmen die Kleinen diese Zeit als blutigen Ausgangspunkt ihres Lebens. Später werden sie sagen: Es herrschte Krieg, als ich ein Kind war.

 

Insofern sind wir alle aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Kinder in Wien in Zukunft - egal, ob sie in Wien bleiben, ob sie in die Ukraine zurückgehen oder anderswo auf der Welt leben - auch das erzählen und sagen werden: Es herrschte Krieg ...

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka (unterbrechend): Bitte um den Schlusssatz.

 

StRin Mag. Judith Pühringer (fortsetzend): Wir haben unser Zuhause verloren, doch es gab auch echte Hilfe. Es gab Freundlichkeit, es gab Solidarität und echte Unterstützung. Deshalb haben wir den Glauben an das Leben und an die Menschen nicht verloren. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS sowie von Abg. Hannes Taborsky.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Herr Abg. Gstöttner zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

10.56.06

Abg. Markus Gstöttner, MSc (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir unterstützen es aus Überzeugung, dass am ersten Jahrestag des Angriffskrieges der Russischen Föderation auf die Ukraine der Wiener Landtag und die Stadt Wien geschlossen an der Seite der Ukraine stehen, genauso wie die Republik Österreich gemeinsam mit unseren europäischen Partnern an der Seite der Ukraine steht: Militärisch neutral, aber nicht politisch und auch nicht moralisch neutral.

 

Auch wenn wir uns das Leid und die Not in der Ukraine nach einem Jahr Krieg hier in Österreich, hier in Wien wahrscheinlich kaum vorstellen können, so sehen wir doch, dass dieser 24. Februar auch unsere politische Realität nachhaltig verändert hat. In der Energiepolitik - es wurde schon angesprochen - musste dafür gesorgt werden, dass die Gasspeicher voll sind für den Winter. Es mussten auch die Weichen gelegt werden, dass die Energieversorgung künftig weniger von Russland abhängig ist. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Das war vorher!) Wir sehen natürlich, dass es da Fluktuationen gibt, aber genauso wie Sie sehen können, dass im Dezember 70 Prozent russische Energieträger waren, so waren es davor noch 20. Das ist schon ein Fortschritt. (StR Dominik Nepp, MA: Da haben wir keine Energie gebraucht!)

 

In der Verteidigungspolitik hat mit dem größten Verteidigungsbudget der Zweiten Republik und einer nachhaltigen Absicherung auf zumindest zehn Jahre eine neue Ära begonnen. Auf europäischer Ebene hat die Bundesregierung von der ersten Stunde an das europäische Sanktionsregime mitgetragen und mitgestaltet.

 

Über alldem steht natürlich noch die humanitäre Hilfe, im Zuge derer mehr als 90.000 ukrainische Flüchtlinge in Österreich aufgenommen, versorgt und integriert wurden - auch in Wien, auch im Bildungssystem, wo einiges gelungen ist. Die meisten dieser Veränderungen wurden gemeinsam über Parteigrenzen hinweg - Bund und Land - beschlossen und mitgetragen. Das ist auch gut so, denn eine so ernste Stunde sagt schon sehr viel über die Qualität unserer Politik und auch über die Qualität unserer Zivilgesellschaft aus. Wann, wenn nicht jetzt sollten wir ideologische Unterschiede und politisches Kleingeld hintanstellen? Wann, wenn nicht jetzt sollten wir grundlegende Veränderungen und schwerwiegende Entscheidungen treffen und dann auch gemeinsam dazu stehen, weil die Menschen in der Ukraine unsere aktive Solidarität verdienen? (Beifall bei ÖVP, GRÜNEN und NEOS.)

 

Österreich ist natürlich ein Land mit einer Geschichte, die uns mahnt, dass keine Euphorie für den Krieg ausbrechen sollte, die uns mahnt, dass Eskalation alleine noch keine Lösung ist, und die uns auch mahnt, dass nicht ein ganzes Volk - sei es in Russland oder sonst wo - unser

 

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