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Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 84

 

Auch die Volksanwaltschaft, die immerhin heute im Haus war und die Sie alle zu Recht sehr gelobt haben, übt deutliche Kritik am Wiener Mindestsicherungsgesetz, und das schon seit Jahren. Und es tut mir als ehemalige Volksanwältin besonders weh, dass man zwar heute wortreich erklärt hat, wie toll die Volksanwaltschaft ist, dass man aber auf die Kritik der Volksanwaltschaft in diesem Zusammenhang absolut keinen Wert legt.

 

Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Stadt ein sehr stabiles Sozialsystem. Die Wienerinnen und Wiener und alle Österreicherinnen und Österreicher haben dieses System im Laufe der letzten Jahrzehnte mit harter Arbeit aufgebaut und finanziert. Und zum Glück für all jene, die sich nicht mehr selbst helfen können, haben wir ein so stabiles System. Dieses muss aber auch finanziert werden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben die Fakten gehört. Das System krankt seit Jahren. Lassen wir das Faktum Verfassungswidrigkeit einmal beiseite, denn alleine diese Kriterien würden die Diskussion bereits im Keim ersticken. Worum geht es aber inhaltlich? Was war und was ist der Sinn der Reform? - Unser Ziel liegt eindeutig darin, dass das jetzige System gerechter wird. Weniger Personen sollen in das Sozialsystem zuwandern, damit es wirklich nur jenen Menschen zu Gute kommt, die diese Hilfe wirklich brauchen.

 

Was Wien allerdings betreibt, ist bewusster Verfassungsbruch in einigen Bereichen, denn subsidiär Schutzberechtigte erhalten weiterhin Leistungen aus der Mindestsicherung, was einfach nicht gerecht ist, da es sich diesfalls um kein Asyl handelt, wofür es eben die Grundversorgung gibt. Eine Senkung der Mindeststandards für Lebenspartner wird ebenfalls nicht umgesetzt. Es ist in Wien immer noch nicht explizit festgeschrieben, dass Leistungen aus der Sozialhilfe auf zwölf Monate zu befristen sind. Und der Forderung nach einer Beschränkung des Bezieherkreises ist Wien ebenfalls nicht nachgekommen. In Wien erhalten ausreisepflichtige Personen oder bestimmte Straftäter weiterhin Leistungen.

 

Weiters - und das geht jetzt in die andere Richtung, weil wir natürlich beide Bereiche sehen - sind zum Beispiel Bestimmungen betreffend ein erhöhtes Schonvermögen, einen Bonus für Alleinerzieher oder den längeren Zeitraum bis zum Zugriff auf unbewegliches Vermögen in Wien allesamt noch immer nicht umgesetzt. - Wir respektieren die Verfassung zu 100 Prozent, und wir stehen für echte Reformen. Wir wollen keine Abhängigkeiten schaffen, sondern Unabhängigkeiten ermöglichen. SPÖ, NEOS und Grüne treten allerdings einerseits die Verfassung mit Füßen und sehen es andererseits inhaltlich anders und wünschen offenbar mehr Abhängigkeit vom Staat, was wir nicht wollen. (Beifall bei der ÖVP.) Bei SPÖ und Grünen war nichts anderes zu erwarten, und die NEOS entwickeln sich leider immer mehr zur SPÖ-Sektion.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen für ein gerechtes soziales Netz, das jenen hilft, die Hilfe brauchen. Wir stehen für eine Mindestsicherung, die den Betroffenen als Sprungbrett dient, jedoch keine soziale Hängematte ist. Insbesondere stehen wir aber zu den demokratischen Werten und Prinzipien in unserem Land und in unserer Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrter Herr Landesrat! Wir erwarten, dass Sie dieses antidemokratische Verhalten beenden. Herr Landesrat! Bitte setzen Sie einfach um, und zwar, bevor der Verfassungsgerichtshof entscheidet. Dieser prüft ja jetzt von Amts wegen, und das Ergebnis wird keine große Überraschung sein. (Abg. Kurt Wagner: Schauen Sie sich das an!) Tun Sie daher vorher den Schritt, und setzen Sie das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz endlich um! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Wagner. Ich erteile ihm das Wort.

 

16.40.52

Abg. Kurt Wagner (SPÖ)|: Frau Kollegin! Sie haben etwas vergessen. Bitte nehmen Sie die Unterlagen an sich, sonst muss ich daraus zitieren, und das mag ich nicht! (Heiterkeit.)

 

Geschätzter Herr Präsident! Herr Landesrat! Geschätzte Damen und Herren!

 

Ich möchte mit meinem ersten Satz ein bisschen humoristisch einleiten und sagen: Frau Kollegin Korosec! Wenn der Verfassungsgerichtshof jetzt prüft, dann ist das gut so. Er wird zu einem Ergebnis kommen, und frei nach Karl Farkas sage ich Ihnen: Schauen Sie sich das an! Wir werden ja sehen, was diesbezüglich herauskommt!

 

Geschätzte Damen und Herren! Ein von mir sehr geschätzter und manchmal auch von der Opposition zitierter verstorbener Bundeskanzler, nämlich Bruno Kreisky, sagte sehr oft und auch in einer seiner bekannten Reden: „Man muss die Leute gern haben, wenn man in die Politik geht.“ - Und ich glaube, das gilt für alle, unbeschadet welcher Herkunft, welcher Religion und welchen Geschlechts. Bei der FPÖ hat man allerdings manchmal den Eindruck, dass bei ihnen nicht ganz zutrifft, dass sie alle Menschen gern haben, sondern dass Sie eben eine bestimmte Klientel gern haben, nämlich eine Klientel, die besonders ausländerfeindlich ist, und diese hält dann natürlich für alles her. (StR Dominik Nepp, MA: Haben Sie den Vergewaltiger vom Praterstern gern?) Sie rühmen sich hier oft, dass sie viele Möglichkeiten für die Lösung eines Problems aufzeigen. Ich meine: Sie bringen keine Beiträge zur Lösung eines Problems, sondern Sie selbst sind meist das Problem. Und wenn man Ihre Anträge liest und inhaltlich ein bisschen näher analysiert, dann wird man manches Mal frei nach Johann Nepomuk Nestroy und Ferdinand Raimund feststellen: Es ist alles nicht wahr! Es ist alles nicht wahr, was sie da als Begründung hineinschreiben.

 

Geschätzte Damen und Herren! Die Wiener Mindestsicherung ist die Basis der sozialen Sicherheit in unserer Stadt und dient zur Existenzsicherung sowie zur Vermeidung von Armut und sozialer Ausschließung. Vor allem in einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten stark steigen, wird diese Aufgabe der Mindestsicherung wichtiger denn je. Laut Statistik Austria lag die Armutsgefährdungsquote in Wien 2021 bei 21,4 Prozent, in Österreich bei 14,7 Prozent. Wie auch in Rest-Österreich sind vor allem Kinder, Personen, die maximal einen Pflichtschulabschluss haben, Mehrpersonenhaushalte, Nicht-Österreicherinnen

 

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