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Landtag, 16. Sitzung vom 19.10.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 61

 

sind, sagen mir: Wozu habe ich zwei Fächer studiert, wozu habe ich das gemacht? Sie haben aus Interesse zwei Fächer studiert, aus Begabung, aber ganz sicher nicht, damit sie die ganze Zeit fachfremd unterrichten. Vor dem Problem stehen derzeit viele Lehrkräfte. Das Problem müssen wir alle lösen, das ist mir schon klar, aber bitte stehlen Sie sich nicht immer so aus der Verantwortung. Das ist unerträglich, sich ständig auf den Bund auszureden. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

LehrerInnen brauchen Perspektiven, vielleicht brauchen manche tatsächlich Aufstiegsmöglichkeiten, vor allem aber Wertschätzung für ihren Beruf. Ein paar Beispiele, was Wertschätzung betrifft, ich zitiere erstens: Ein paar Kollegen, die ihr erstes Jahr begonnen haben, überlegen schon wieder aufzuhören. In der Zwischenzeit werden sie mit Supplierstunden überhäuft. Es ist das Problem, dass die, die da sind, im System das abfedern müssen, was im System eben nicht klappt, und dann bleiben sie eben nicht so lange.

 

Zweitens: Ich kam 2015 als Lehrkraft nach Wien, ich habe schon damals mein Gehalt und meinen Vertrag erst Monate nach Schulbeginn bekommen. Das wussten auch alle, ich kenne Kolleginnen, die sich da nochmal Geld geliehen haben, nur um die Durststrecke zu überbrücken. Das sind keine Einzelfälle, wir kennen das Problem seit Jahren. Wir kennen auch Vorschläge wie, da könne man sich ja einen Kredit aufnehmen oder im besten Fall auch nicht krank werden, wenn man zufällig gerade nicht versichert ist. So etwas darf einfach nicht passieren.

 

Ich zitiere weiter: Das ist für mich das zusätzlich Schockierende an diesen und ähnlichen Berichten. In der Wiener Bildungsdirektion liegt seit Jahren vieles im Argen und das verbessert sich trotz Kritik scheinbar gar nicht, jedes Jahr vom Schulanfang überrascht, kommt ja dummerweise nach dem Sommer. Ich sage Ihnen, das Problem liegt aber nicht bei den MitarbeiterInnen der Bildungsdirektion, sondern das Problem liegt darin, dass Sie die politische Verantwortung nicht übernehmen, diese personell auch aufzustocken und vielleicht auch umzustrukturieren, was auch immer. Es sind aber nicht die MitarbeiterInnen der Bildungsdirektion, die das Problem machen, denn auch diese sind von dem, was hier passiert, heillos überfordert.

 

Bevor die Zeit abläuft, sagen wir noch ganz kurz, dass wir dem ÖVP-Antrag zustimmen, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass das Parkpickerl das Problem ist, das LehrerInnen vom Unterrichten abhält. Es gibt auch viele gute Vorschläge in dem Antrag, deshalb werden wir ihm zustimmen. Auch dem Antrag der Stadtregierung werden wir zustimmen, auch wenn wir ihn in Teilen unglaublich zynisch finden und wirklich darauf warten, dass die NEOS in der Bildung endlich mal aufwachen. Ihr seid die selbsternannten Experten für das Bildungswesen, ihr seid sehr schnell im Kritisieren von anderen, bitte übernehmt einmal Verantwortung und arbeitet auch an Lösungen. Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Gremel. Ich erteile es ihm.

 

10.46.21

Abg. Mag. Marcus Gremel, MBA (SPÖ)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Über die Bildungsdirektion haben wir am Nachmittag eh noch sehr viel Gelegenheit, uns auszutauschen, daher vielleicht nur ganz kurz: Faktum ist, die Bildungsdirektionen sind Mischbehörden zwischen Bund und Ländern. Wir reden in Wien auch nicht nur, wir sehen tatsächlich auch unsere Verantwortung in diesem Bereich, nämlich da, wo auch die Länder Kompetenzen haben. Deswegen stocken wir auch dort Personal auf, wo es darum geht, die Verwaltung der Lehrenden zu verbessern, zu beschleunigen. Es ist nun aber einmal auch Faktum, dass der Bund für den pädagogischen Bereich zuständig ist. Nur weil man auf die unterschiedlichen Kompetenzen hinweist, bedeutet das nicht, dass man Probleme abschiebt, sondern dass man Verantwortung dort wahrnimmt, wo man tatsächlich auch zuständig ist und dasselbe auch vom Gegenüber einfordert. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Das Grundproblem ist, dass wir in ganz Österreich einen extremen Pädagoginnen- und Pädagogenmangel haben. Jedes Bundesland braucht dringend mehr Personal, und deswegen macht es auch keinen Sinn, werte ÖVP, dass man einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern startet. Das bezieht sich auch auf Teile ihres Zehnpunkteplans. Der Landeshauptmann hat das heute schon ausgeführt. Es macht keinen Sinn, Pädagoginnen und Pädagogen aus Niederösterreich nach Wien abzuziehen, auch nicht von Vorarlberg nach Tirol oder umgekehrt. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Es reicht schon einmal, wenn ihr das Gehalt zahlt! - Abg. Harald Zierfuß: Die laufen euch in Wien davon, weil ...) Das bringt nichts, weil letztlich die Probleme dadurch nur verschoben werden. Wir brauchen insgesamt mehr Pädagoginnen und Pädagogen, und wie das gelingen kann, haben die LandesbildungsreferentInnen am Freitag festgehalten, nämlich mit einer gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern.

 

Da gibt es einen Antrag, der letzten Freitag beschlossen wurde, einstimmig von allen Bundesländern, von allen zuständigen Landesrätinnen und Landesräten der Bundesländer, und den bringen wir eins zu eins auch heute am Nachmittag ein. Ich verstehe nicht ganz, was daran zynisch ist, was die Bundesländer, die zuständigen Referentinnen und Referenten im Wortlaut beschlossen haben, aber ich freue mich dennoch über die angekündigte Zustimmung der GRÜNEN. Es ist nämlich nur konsequent, ehrlich gesagt, und daher wundert mich auch, dass die ÖVP hier davon abrückt, denn wenn man sich ehrlich dafür einsetzt, dass im Bildungsbereich etwas besser wird, dass wir gegen den PädagogInnenmangel effektiv vorgehen können, na ja, dann wird man doch als Landtagsabgeordnete/als Landtagsabgeordneter das tun können, was das Land Wien, was alle anderen Bundesländer brauchen und was auch Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien, aller Bundesländer einstimmig gefordert haben. Das ist nicht zynisch, das ist nur konsequent. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

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