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Landtag, 14. Sitzung vom 23.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 83

 

wie lange das dauert und wie oft Kinder auch immer wieder einen Ort brauchen, um zurückzukommen, um sich Hilfe zu holen, auch wenn sie schon draußen sind. Und genau das ist im Moment in Wien für Kinder, die aus der Alternativbetreuung kommen, nicht möglich. Mit 18 werden sie sozusagen auf den freien Markt geworfen. Es gibt ein paar Möglichkeiten, einzelne, die besonders betroffen sind, melden sich dann bei euch in der Kinder- und Jugendanwaltschaft, ihr stellt im Bericht auch Projekte vor. Aber tendenziell ist der Wunsch, warum Kinder überhaupt in die Betreuung oder in die WGs der MA 10 kommen, die Armutsspirale und auch die Gewaltspirale zu durchbrechen. Und wenn wir es nicht schaffen, die Care Leavers besser zu behandeln, wenn wir es nicht schaffen, die zu begleiten, bis sie wirklich selbstständig geworden sind, dann werden wir diese Armutsspirale, diese Gewaltspirale nicht brechen können. Deshalb ist es wirklich, wirklich wichtig, da Geld in die Hand zu nehmen. Danke, dass ihr so viele Vorschläge gebracht habt, wir werden auch im Lauf des Jahres immer weiter darauf eingehen. Aber es ist wichtig, Wien muss hier investieren und Wien muss hier strukturell Veränderung schaffen, sonst schaffen wir uns mit den Kindern, die jetzt in WGs aufwachsen, die Armut von morgen, und das darf nicht passieren in dieser Stadt, das halte ich für extrem unsolidarisch. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein anderes Thema, das auch sehr unangenehm ist, sind die Übergriffe und Missbräuche beziehungsweise ein Problem, das uns alle mit viel Emotionalität betrifft. Es macht uns betroffen, es wird leider immer wieder als Einzelfälle wahrgenommen. Es sind natürlich Einzelfälle, aber in der großen Struktur hat es einen Grund, warum die Einzelfälle so auftauchen, wie sie auftauchen, und warum viele so unsicher sind, wie sie sich dann verhalten sollen. Was es hier braucht, auch in der Elementarpädagogik, ist ein nachhaltiges Kinderschutzkonzept. Ich weiß, dass ihr daran arbeitet, aber was ich bis jetzt höre, ist das, was es noch nicht ist, sagen wir, mutig genug. Mutig genug heißt, die Struktur wirklich von unten anzupacken, mutig heißt, das umfassend zu bearbeiten, im Sinne von in der Ausbildung eine Awareness schaffen. In dem Moment, wenn Leute eingestellt werden, braucht es schon eine Sensibilisierung für das Thema Kinderschutz. Es braucht eine regemäßige Sensibilisierung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, es braucht eine regelmäßige Auseinandersetzung auch für Eltern, die Kinder in Elementareinrichtungen haben, eine Chance, eine Anlaufstelle, und es braucht auch fixe Anlaufstellen in jeder Institution. Ich weiß, dass das schwierig ist, und ich weiß, dass es teuer ist, und ich weiß, dass es lange dauern wird. Aber wir müssen es jetzt angehen, und es gibt auch ein paar Interventionen, die nicht so kompliziert sind. Wir könnten einmal in allen Institutionen und Vereinen und Bildungseinrichtungen Plakate mit Kontaktadressen aufhängen, die sagen, wo man sich hinwenden kann, wenn man etwas spürt, etwas bemerkt oder wenn gar was mit einem selbst passiert ist. Das wäre möglich, auch an Stellen, wo es nicht ganz öffentlich ist, sondern ein bisschen privater, damit Leute, die betroffen sind, auch unbeobachtet an solche Informationen kommen.

 

Leider wissen noch immer nicht alle Leute in Wien, dass es eine Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt. Das ist das Ziel, dass das passiert, aber wir sollten daran arbeiten, dass die Institutionen, die von der Stadt finanziert werden, die eigenen Kindergärten und Schulen, aber auch die Vereine, die finanziert werden, auch im Sport unbedingt diese erste Maßnahme haben, und dann langfristige Kinderschutzkonzepte in Zusammenarbeit mit Eltern, in Zusammenarbeit mit den Kollegen, mit Expertinnen und Experten von der Kinder- und Jugendanwaltschaft oder auch von anderen Kinderschutzvereinen implementieren. Diesen Appell sage ich deshalb so und immer wieder und immer lauter, weil ich ihn in diesem Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft in einer Tiefe wahrnehme, wie ich es in den letzten Berichten nicht wahrgenommen habe. Ich habe das Gefühl, es ist verstärkt worden. Ja, ihr habt euch schon früher darum gekümmert, aber es kommt an mehreren Stellen in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen vor und es gibt sogar ein eigenes Kapitel zu Kinderschutzkonzepten und wie notwendig es ist, das jetzt in der Stadt zu etablieren. Wir wissen es, wir haben die Missbrauchsverdachtsfälle in Penzing im Kopf, wir haben die Missbrauchsverdachtsfälle in Schulen im Kopf, und auch in Sportvereinen. Das sind keine schönen Dinge, und wir müssen uns dem wirklich stellen und rechtzeitig arbeiten, um etwas besser zu machen in dem Bereich.

 

Ihr habt dann darauf hingewiesen, das möchte ich herausstreichen, es gibt zumindest für den Sportbereich ein E-Learning-Tool, das für alle Menschen, die im Sport tätig sind, erreichbar ist. Da können sie sich online weiterbilden und sensibilisieren für, was könnte als Übergriff gewertet werden, wie kann ich umgehen, wenn ich Gewalt, wenn ich Übergriffe erfahre oder wenn ich selbst nicht mehr sicher bin, wie ich handeln soll. Ich finde das toll, dass es das jetzt gibt, danke für den Hinweis darauf. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Und jetzt möchte ich zu dem traurigen Punkt kommen, ein Punkt, der mich wirklich einerseits beschämt und andererseits betroffen macht, weil er in einer solchen Regelmäßigkeit auftaucht, in allen Berichten des Rechnungshofes, in allen Berichten des Stadtrechnungshofs und auch in einigen Berichten der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Es geht darum, wie sind Krisenzentren, wie sind WGs ausgestattet und welcher Personalmangel tritt dort auf. Und wir müssen sagen - ein Kurzbefund -, es ist schrecklich, es ist kurz vor dem Zusammenbruch, und Corona hat es nicht besser gemacht. Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle besonders bei den beiden Ombudsmenschen noch einmal spezifisch bedanken, bei Claudia Grasl und Peter Sarto, die 68 Monitorbesuche im letzten Jahr gemacht haben, trotz Corona, und in 53 WGs gegangen sind, um sich vor Ort anzuschauen, wie die Kinder dort leben, was verbessert gehört. Sie haben auch einen wirklich langen ausführlichen Katalog an Maßnahmen zusammengeschrieben, was die Stadt machen könnte, um das Leben für die Kinder dort zu erleichtern, aber auch, um das Leben für das Personal dort zu erleichtern, denn wie wir alle wissen, es gibt zu wenig Personal und es gibt auch schlechte Arbeitsbe

 

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