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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 35

 

sonal, von einer guten Basis ausgehen und diese Leute aufnehmen, wie gut sie dastehen. Diese Mentalität wie bei den Saisonarbeitern: In der Landwirtschaft holen wir die Saisoniers, die sollen dann nach Hause gehen, wenn es geht. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Wir müssen nicht alle gleich einbürgern!) Wir brauchen sie nur, wenn sie arbeiten, und dann gibt es plötzlich die große Krise durch Corona, plötzlich können die nicht herkommen, und dann schauen wir, wie wir weiterkommen. Eine Nation oder ein Land wird gemessen nach der Anzahl der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Das, was ich zum Beispiel jetzt an vielen dieser Länder … (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Wollen wir jetzt jedem automatisch die Staatsbürgerschaft geben?!) - Wenn jemand hier geboren ist. Und damit es keinen Tourismus gibt, indem ich nach Österreich fahre und sage, ich gebäre jetzt, wie es früher in England oder in Amerika war, dass es das nicht automatisch nur durch die Geburt gibt, ist unser Vorschlag, dass, wenn die Eltern fünf Jahre legal hier in Österreich wohnen und arbeiten, es keine Zufallsschwangerschaft und keine gezielte Tourismusstaatsbürgerschaft ist. Dann möchte ich sie für alle Kinder, die hier geboren sind, egal, welcher Hautfarbe, welcher Nation, welcher Religion, welcher ethnischen Zugehörigkeit. Die sind für mich ein Kind wie jedes andere, alle werden von mir gleich behandelt und für alle gilt das Gleiche. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die finanziellen Hürden sind wirklich für manche unüberwindbar. Es ist auch interessant, wenn wir wissen, dass 1,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher auf Grund dieser Einkommensgrenzen es auch nicht schaffen würden. Es gibt auch die Strafregistergeschichte - die Kollegin Bakos hat es erwähnt - wegen kleiner Delikte. Ich sage Ihnen zum Beispiel ein Geheimnis: Taxifahrer haben fast null Chance, eingebürgert zu werden. Wer Taxi fährt, hat im Rahmen seines Berufes in fünf oder zehn Jahren wahrscheinlich mindestens zwei Mal zum Beispiel eine Sperrlinie überfahren oder sich vielleicht kurz am Gehsteig eingeparkt. (StR Dominik Nepp, MA: Na geh, bitte!) - Es ist so, Dominik, die Leute kommen und sagen, wegen zwei Verwaltungsübertretungen ist es so. Du wirst ausgeschlossen, du kannst nicht eingebürgert werden. Und wer darüber nachdenkt, kann das nicht einfach so stehen lassen.

 

Aber um noch einmal auf die „Nation building“-Geschichte zurückzukommen. Länder werden nach der Anzahl ihrer Bürgerinnen und Bürger beurteilt. Deutschland, Italien, Frankreich spielen auf Grund der Anzahl der Bürgerinnen und Bürger in der EU eine Rolle. Staaten wie Malta, die Slowakei … (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Auch wirtschaftlich!) - Ja, natürlich auch wirtschaftlich, aber das geht damit einher. Aber wenn Sie sich jetzt heute Länder im Arabischen Golf ansehen, wo es 5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner gibt, machen die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nur 5 Prozent davon aus. Das sind Menschen, die man nach dem System des Saisoniers hergeholt hat: Ihr könnt arbeiten, gut verdienen, in dem Moment, wo ihr 60 Jahre alt geworden seid, sagen wir, das war es, danke vielmals, Wiederschauen, keine Pension, keine Absicherung! Die Kinder, die dort geboren werden, bekommen nichts, die können nicht einmal studieren. Mich hat einmal ein pakistanischer Taxifahrer zu einem Fernsehsender geführt und ich habe ihn dann gefragt, wo er geboren ist. Und er sagt, er ist hier geboren. Er ist schon eigentlich die 3. Generation. Sein Großvater ist als Polizist hergekommen, sein Vater war ein Polizist, er ist jetzt auch da. Und dann sage ich: „Wieso sprichst du noch immer kein Wort Arabisch?“ Sagt er: „Warum soll ich, ich brauche es nicht. Mein Vater wurde, obwohl er bei der Polizei war, nicht eingebürgert, mein Großvater wurde nicht eingebürgert, ich habe da auch keine Zukunft.“

 

Ich will damit nur sagen, wir warten auf eine Integration und man beherrscht die Sprache, das ist eine Ausrede. Meine Mutter war Ärztin, die hat die arabische Sprache alles andere als gut beherrscht und ich habe mich manchmal als Kind geniert, wenn sie Arabisch geredet hat: „Bitte Mama, lass das lieber, die Leute machen sich vielleicht lustig über deinen Akzent und wie das ist!“

 

Wir müssen auch davon wegkommen, zu glauben, alles muss perfekt sein und bis auf den letzten Punkt stimmen. Arbeiten wir ein bisschen menschlich, humanistisch, gehen wir auf die Menschen zu. Es geht hier um Menschen, es geht hier nicht um Mythologie und es geht hier nicht darum, wer dem anderen eines auswischt und ob man etwas entwertet oder nicht entwertet. Ich sage Ihnen eines: Kein Mensch, den man eingebürgert hat, hat Österreich oder unsere Staatsbürgerschaft entwertet. Im Gegenteil, auf viele von denen sind wir stolz, und ich würde sagen, wir bedanken uns bei denen, dass sie da sind und dass sie auch ihren Beitrag und ihre Anerkennung für Österreich gezollt haben. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir endlich einmal eine entspanntere Debatte führen, in der die Empathie und die Menschlichkeit im Vordergrund stehen, und nicht diese herablassende Debatte. - Ich danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster ist Herr Abg. Berger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.28.37

Abg. Stefan Berger (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Sitzungssaal und zu Hause vor den Bildschirmen!

 

Ich möchte mit meinem Vorredner beginnen. Offenbar ist ja irgendwie der Bildungsauftrag im SPÖ-Klub in den letzten Monaten oder Jahren etwas vernachlässigt worden. Der Kollege Stürzenbecher kritisiert hier einen Fragenkatalog, wo man irgendwie daran scheitert, Seen oder Berge in Österreich benennen zu müssen, aus Ihrem Umfeld oder wo auch immer. Ich habe auch für Sie einen kleinen Literaturtipp, Herr Kollege Al-Rawi, wenn sie hier mehrfach in den Mund nehmen, Länder werden ausschließlich daran gemessen, wie viele Einwohner sie haben. Es gibt da ein sehr interessantes Buch, das nennt sich „Die Macht der Geographie“ von Tim Marshall. Vielleicht führen Sie sich das einmal zu Gemüte, dann werden Sie auch erkennen, dass es hier durchaus einige Faktoren für unterschiedlichste Staaten und durchaus auch Großmächte gibt, die weltpolitisch eine Rolle spielen.

 

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