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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 35

 

Woche bei einer Allparteienrunde zur MA 35 darüber auch ein ganz genaues Bild machen, welche Teilreformen das sind: Unter anderem die Verfahrensdauer zu senken, ganz wichtig, die Kunden- und Kundinnenkommunikation zu verbessern, die Serviceangebote zu verbessern, Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen zu entlasten. Bis Ende 2024 soll dieser große Reformprozess abgeschlossen sein.

 

Das heißt, wir tun wirklich alles, was hier in Wien in unserer Macht steht, um die MA 35 zu einer transparenteren, effizienteren, verfahrensbeschleunigteren und vor allen Dingen, das ist mir ganz wichtig zu betonen, serviceorientierteren Behörde zu machen. Damit ist es uns wirklich sehr, sehr ernst (Beifall bei NEOS und SPÖ.), damit die, die ein Recht haben, auch zu ihrem Recht kommen.

 

Dazu muss aber auch der Bund den Vollzug in den gerade ausgeführten Punkten dringend überarbeiten. Nicht eine drohende Entwertung der Staatsbürgerschaft oder die leichtfertige Vergabe von Staatsbürgerschaften ist das Problem. Das Problem sind vielmehr jene, teilweise wirklich europaweit, restriktivsten Bestimmungen, die gut integrierten Menschen - und damit schließe ich den Kreis -, teilweise hier geborenen, hier aufgewachsenen, hier zur Schule gegangenen Menschen die Erlangung der Staatsbürgerschaft entweder unmöglich erschweren oder gar verhindern. Da kommt es zur einzigen Entwertung in meinen Augen, nämlich jener von Integration und vor allen Dingen von Integrationschancen, und das ist in niemandes Interesse. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als nächster Redner ist Herr StR Kraus zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

10.52.10

StR Peter Kraus, BSc|: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren!

 

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe mir am Beginn dieses Sonderlandtages schon die Frage gestellt, was denn jetzt eigentlich das Thema ist, das die ÖVP da jetzt hochziehen will. Ist es Sicherheit? Ist es Integration? Geht es doch um Staatsbürgerschaftsrecht? Geht es um die MA 35? Will man jetzt Erleichterungen, will man Erschwernisse haben oder geht es irgendwie um so einen ÖVP-internen Wettbewerb, wer die NEOS öfter zum Linksblock dazuzählen kann? Also, was ist eigentlich der Sinn dieser Debatte, habe ich mir zu Beginn kurz gedacht. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Der Linksblock klappt! - Heiterkeit des Redners.)

 

Wo ich mir aber sicher bin, und was wirklich sehr schräg in dieser Debatte läuft, vor allem von den Rednern - nur die Männer gemeint -, die hier heraußen stehen, die sich in ihrem Leben noch nie irgendwo integrieren mussten, und ganz, ganz tolle Tipps abgeben, wie Integration funktioniert. Mich erinnert das immer ein bisschen an die Pfarrer, die Eheberatungen machen. Es ist vollkommen absurd, es ist vollkommen absurd. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Insgesamt bleibt dann das Gefühl übrig, dass es ein Versuch der ÖVP ist, jetzt irgendwie zwanghaft ein Thema hochzuziehen. Die Debatten sind aber vollkommen aus der Zeit gefallen. Was wir heute erlebt haben, hätte wahrscheinlich auch 1992 stattfinden können. Ich möchte jetzt ein bisschen aus einer anderen Perspektive reden, nämlich aus der Perspektive der Menschen, die in Wien leben. Um die geht es ja eigentlich, um die Wienerinnen und Wiener, die hier geboren sind, die hier hergezogen sind, und ich beginne bei mir im 15. Bezirk, dort wohne ich.

 

Im 15. Bezirk haben 42 Prozent der Menschen, die dort leben, aktuell kein Wahlrecht. Bleiben wir einmal bei dem Thema Wahlrecht, und nehmen nur das einmal her. Bei einer der nächsten Wahlen werden dort wahrscheinlich 50 Prozent der Menschen kein Wahlrecht haben, und dann müssen wir uns schon irgendwann, aus einer demokratiepolitischen Perspektive heraus, die Frage stellen: Ist das noch richtig und ist das gescheit, wenn 50 Prozent meiner Nachbarinnen und Nachbarn nicht einmal mitentscheiden können, wer hier herinnen in diesem Gemeinderat und in diesem Landtag sitzt?

 

Ist das überhaupt noch demokratiepolitisch richtig (StR Dominik Nepp, MA: Selbstverständlich!) oder haben wir da nicht ein Problem? Aus meiner Sicht sollen meine Nachbarinnen und Nachbarn genauso viel mitreden können (StR Dominik Nepp, MA: Warum?), wie ich mitzureden habe in dieser Stadt, weil das ein gutes Zusammenleben in einer Stadt und eine Demokratie in einer Stadt ausmacht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

 

Dann möchte ich noch über die Jugendlichen und die Kinder reden, weil zuvor auch viel über Bildung, über Schule gesprochen worden ist. Ich möchte hier keine bildungspolitische Debatte anfangen, weil ich glaube, dass das eine ganz andere Debatte ist, die damit verbunden ist, aber ganz andere Fragestellungen dahinterliegen. Viele von uns, die hier im Saal sind, kennen das: Wenn man bei Schuldiskussionen ist, wenn man mit ErstwählerInnen diskutiert, dann kommt irgendwann der Punkt in diesen Schuldiskussionen, wo die Frage gestellt wird: Wer von euch ist denn überhaupt wahlberechtigt?

 

Dann heben die Jugendlichen die Hand. Manchmal ist es die Hälfte, die die Hand hebt, manchmal sind es zwei Drittel, manchmal ist es ein Drittel, natürlich auch je nachdem, wo die Schule in Wien ist. Und dann beginnt die Diskussion. Dann beginnt die Diskussion, warum der eine Schüler das erste Mal wählen darf und die andere Schülerin bei der nächsten Wahl nicht wählen darf, obwohl sie beide in Wien geboren sind, obwohl sie beide in Wien in den Kindergarten gegangen sind, obwohl sie beide in Wien in die Schule gehen, obwohl ihre Eltern vielleicht schon hier geboren sind, obwohl sie eine quasi gleiche Biographie haben. Nur darf der eine, die eine wählen, die andere nicht wählen.

 

Ich frage mich oft, was wir den Jugendlichen eigentlich damit sagen. Was sagen wir den jungen Wienerinnen und Wienern mit dieser Regel? Ich kenne die, weil sie meine NachbarInnen sind. Wir kennen sie auch aus der Arbeit zum Beispiel von den Jugendzentren, die

 

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