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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 35

 

haben. Es gibt in der Praxis tatsächlich Beispiele, dass nach dem Sozialhilfebezug des WG-Mitbewohners, mit dem man für drei Monate vor sechs Jahren zusammengelebt hat, an dessen Nachnamen man sich eigentlich kaum mehr erinnert, gefragt wird und beweisen muss, dass man nicht von dieser Sozialhilfe gelebt hat. Was genau hat das mit Integration zu tun? (Beifall bei den NEOS.)

 

Genauso kann man sich eigentlich nur verwundert fragen, was es mit Integration zu tun hat, wenn es im Staatsbürgerschaftsrecht etwa die Voraussetzung gibt, dass man sich maximal 20 Prozent der für die Einbürgerung nötigen Wartezeit im Ausland befunden haben darf. Diese 20 Prozent dürfen um keinen einzigen Tag überschritten werden, weil der Antrag sonst abzuweisen ist, da gibt es keinen Spielraum.

 

Ich gebe Ihnen wieder ein Beispiel: Junge Studierende, die ins Ausland gehen, ein Auslandsjahr machen - Sie kennen Erasmus, ich glaube, auch da sind wir uns alle einig, dass das ein wahnsinnig tolles Austauschprogramm ist -, Erasmus machen. Sie kommen zurück, stellen einen Antrag auf Staatsbürgerschaft und fallen aus allen Wolken, weil ihnen Erasmus zum Verhängnis wird. Wie und was hat das mit Integration zu tun, kann man sich nur fragen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Genauso kann man sich verwundert fragen, was es mit Integration zu tun hat, wenn eine einzige Verwaltungsstrafe oder wenige Verwaltungsstrafen (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Beim Autofahren!) - da reden wir jetzt nicht von Straftätern oder Straftäterinnen, Herr StR Mahrer, sondern von einmal falsch geparkt, einmal ein bisschen zu schnell unterwegs gewesen - tatsächlich eine Hürde, ja, ein Hindernis sein können, dass man die Staatsbürgerschaft auch bekommt. Was das mit Integration zu tun hat, das muss man mir noch erklären. Vielleicht tut das ja noch ein Nachredner oder eine Nachrednerin von der ÖVP.

 

All diese bürokratischen Hürden, die mit einer schier endlosen Komplexität der Bestimmungen einhergehen, müssen, davon sind wir zutiefst überzeugt, von jenen, die auch im Bund in Verantwortung sind - da sehe ich jetzt die GRÜNEN, aber natürlich auch die ÖVP an -, dringend einem zeitgemäßen Realitäts-Check unterzogen werden, und bitte nicht einem Realitäts-Check aus dem Jahr 1890, sondern einem Realitäts-Check der den Anforderungen unserer Zeit - vereintes Europa, 21. Jahrhundert, diese Faktoren meine ich - tatsächlich entspricht. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Nachdem hier natürlich auch die MA 35 angesprochen wurde: Ich möchte keines der Probleme, und ich nenne sie auch wirklich Probleme, schönreden, aber gerade weil die Bestimmungen im Staatsbürgerschaftsgesetz, weil die Vorgaben an den Vollzug so komplex sind, ist in der Folge auch der Vollzug komplex. (StR Dominik Nepp, MA: Geh, bitte! - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Andere Bundesländer schaffen ...) Ganz klar, er ist langwierig und geht infolge mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand, ergo auch mit einem erhöhten Zeitaufwand einher. (Weitere Zwischenrufe von Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Ich möchte ein paar Zahlen nennen: Die MA 35 hat jährlich mit 150.000 Anträgen zu tun, Tendenz steigend. Das hat unterschiedlichste Gründe. Wien ist die am stärksten wachsende Gemeinde in Österreich, der internationale Zuzug, EU-Bürger und -Bürgerinnen, Stichwort Anmeldebestätigung, Stichwort Auswirkungen der internationalen Mobilität ganz grundsätzlich, der Zuzug von Migranten, Migrantinnen. All das sind Zahlen, die uns zeigen, die MA 35 hat mit diesen Herausforderungen zu tun.

 

Gerade deshalb aber müsste auch auf Bundesebene einiges passieren, um die Vorgaben an den Vollzug auch noch einmal zu überdenken und um diese Behörde zu erneuern. (Zwischenrufe von StR Dominik Nepp, MA und Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Ja, sie ist dringend zu erneuern, das wollen wir hier überhaupt nicht schönreden, aber um diese Behörde zu erneuern, drehen wir in Wien auch an allen Schrauben, von den kleinen bis zu den großen. (StR Dominik Nepp, MA: Aber an den falschen! - Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Ich möchte ein paar Beispiele nennen. Neben der Aufstockung des Personals - weil hier auch erwähnt wurde, dass bei der MA 35 niemand abhebt - haben wir letztes Jahr das telefonische Servicecenter in Betrieb genommen. Da hebt sehr wohl jemand ab, Herr StR Mahrer. Wissen Sie, wie viele Anrufe seit Oktober letzten Jahres getätigt wurden, wollen Sie es wissen? Wissen Sie die Zahl? - Es waren seitdem insgesamt 200.000 Anrufe. Das muss man sich noch einmal ins Bewusstsein rufen: 200.000 Anrufe. (StR Dominik Nepp, MA: Das gibt Ihnen nicht zu denken?) Heruntergebrochen sind das 1.200 Anrufe pro Tag. (StR Dominik Nepp, MA: Wo ist das Callcenter?)

 

Dass dieses telefonische Servicecenter ein wichtiger und richtiger Schritt war, zeigen alleine schon diese Zahlen. Dabei handelt es sich vor allen Dingen um Anrufe, die sofort erledigt werden können, mehr als die Hälfte aller Anrufe kann sofort erledigt werden. Das sind also Fragen wie: Was kann ich einreichen, oder welche Dokumente brauche ich für die Einreichung? Bei komplizierten Anfragen wird seit Oktober ein Ticket erstellt und auch ein Rückruf innerhalb von sieben Tagen garantiert.

 

Wir haben das Business Immigration Office als zentrale Servicestelle etabliert, also einen attraktiven, zentral gelegenen One Stop Shop zu aufenthaltsrechtlichen Fragen aller Art für Schlüsselkräfte. Machen wir es einmal so, dass ich sehr bescheiden bin: Das sind die kleinen Schrauben. Wir drehen aber auch an den großen Schrauben und haben gesagt, wir geben uns damit nicht zufrieden, sondern wir wollen einen auf Nachhaltigkeit basierenden, mehrstufigen Organisationsentwicklungsprozess auf Schiene bringen - und das haben wir getan -, der die Leistungen und das Service der MA 35 deutlich verbessert, und zwar nicht mit dem Ziel ein bisschen besser hier, ein bisschen besser da, sondern mit einer kompletten Neuausrichtung dieser Behörde, weil das notwendig ist.

 

Derzeit laufen 21 Teilreformen. Die jeweiligen Sprecher, Sprecherinnen der Fraktionen konnten sich letzte

 

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