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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 35

 

Für die Gnade der Geburt, die man gehabt hat, dass man zufällig in Wien geboren wurde und nicht im Irak oder derzeit in der Ukraine, kann niemand etwas. Das sollten wir uns alle auch manchmal klar machen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, und möchte im Ceterum Censeo sagen: Ich finde es besonders bedauerlich, dass Herr Bgm Ludwig bei seiner letzten Auslandsreise ausgerechnet mit Herrn Erdogan, nicht aber zumindest mit dem CHP- und daher Schwesterpartei-Bürgermeister von Istanbul, Herrn Imamoglu zusammengetroffen ist (StR Dominik Nepp, MA: Er war wegen der Befehlsausgabe dort!), oder gar andere HDP-BürgermeisterInnen im Gefängnis besucht hat. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Ernst Woller: Danke. Die Redezeit hat 15 Minuten betragen, es besteht eine Restredezeit von 5 Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Stürzenbecher. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.12.22

Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen!

 

Als ich gehört habe, dass die ÖVP diesen Sonderlandtag beantragt, war ich am Anfang von diesem Vorhaben durchaus positiv beeindruckt, weil ich mir gedacht habe: Ja, das ist ein Thema, das durchaus aktuell diskutiert werden sollte - ich habe natürlich gehofft, auf sachlicher Basis. Ich bin auch der Auffassung, dass man aus demokratiepolitischen, aber auch aus integrationspolitischen Gründen ganz dringend ein modernes, progressives Staatsbürgerschaftsrecht in diesem Land braucht, und deshalb ist es gut, dass wir darüber diskutieren.

 

Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, weil es einfach untragbar ist, dass es vielen Menschen, die hier legal leben und positiv zum Gemeinwesen beitragen, unnötig schwer gemacht wird, die Staatsbürgerschaft zu erlangen und voll am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Deshalb bin ich dafür, dass wir da etwas machen sollten, und zwar wirklich zügig, und wir fordern deshalb den Bundesgesetzgeber auf, etwas zu machen. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Geht es einmal an!)

 

Damit wir auch wissen, wovon wir im Großen und Ganzen reden, weil ja von Kollegen Mahrer auch sehr viele Sachen als Beispiel gebracht worden sind, die überhaupt nicht zur Debatte stehen. Wenn er sagt, Leute, die straffällig werden, sollen die Staatsbürgerschaft nicht bekommen: Ja, hat das irgendjemand verlangt? Hat irgendjemand von GRÜNEN, NEOS, SPÖ, was weiß ich, der katholischen Kirche, der Arbeiterkammer (Zwischenruf bei der ÖVP.) verlangt, dass das der Fall sein soll? - Natürlich nicht. Also wenn man das sagt, dann will man einfach eine Debatte auf unsachlicher Ebene führen, die dieses Hauses unwürdig ist. Das muss ich einfach sagen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

Worum es geht, sind sechs Punkte, die zum Beispiel die SPÖ auf Bundesebene für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht schon länger vorschlägt. Ich sage es jetzt einmal am Anfang nur stakkatomäßig: Erstens, sechs Jahre rechtmäßiger Aufenthalt sind genug, zweitens, Anpassung der notwendigen Einkommen für den Erwerb einer Staatsbürgerschaft, drittens, Bundesgebühren abschaffen, Landesgebühren harmonisieren, viertens, ein in Österreich geborenes Kind soll automatisch bei der Geburt zusätzlich die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen, wenn zumindest ein Elternteil fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist, fünftens, Staatsbürgerschaftslehrgang statt der jetzt etwas komischen Staatsbürgerschaftsprüfung, und sechstens, Doppelstaatsbürgerschaften als Ausnahme, aber nach gleichen Kriterien durchaus, was man übrigens jetzt bei den Opfern der NS-Verfolgung ja sehr erfolgreich macht und was ja von allen Parteien durchaus mitgetragen wird.

 

Also das ist es, worüber man nach unserer Auffassung reden sollte und was auch der Bundespräsident in etwa gemacht hat. (Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Millan, MIM.) Wirklich, Herr Kollege Mahrer, Sie waren in Ihrem vorigen Beruf sehr seriös und erfolgreich, und in durchaus wichtigen Sachen. Es tut mir immer weh, wenn Leute dann in die Politik wechseln und automatisch glauben, sie müssen jetzt in der Argumentation zwei Stufen runtergehen. Ich finde, das ist nicht notwendig. Man kann auch als Politiker seriös argumentieren, und darum würde ich Sie bitten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Warum tun Sie es dann nicht?) - Ja, Herr Kollege Juraczka, was man sagt, ist man selber, haben Kinder oft gesagt, und das würde ich Ihnen jetzt auch zurücksagen.

 

Kollege Mahrer, Sie haben gesagt, es darf keine Gefahr für die Sicherheit in Österreich geben - natürlich nicht, keiner von diesen sechs Punkten, die ich jetzt vorgelesen habe, bringt weniger Sicherheit -, und wir tragen eine Verantwortung für andere Staaten der Europäischen Union. Das stimmt auch, nur haben die meisten anderen Staaten in der Europäischen Union diese sechs Punkte, die ich aufgezählt habe, überwiegend erfüllt, infolgedessen ist das dort kein Problem. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wir sind als Österreich restriktiv, das ist von einem Institut auch erforscht worden. Noch restriktiver - das hat der Migrant Integration Policy Index ergeben, wo eben ExpertInnen andere Staatsbürgerschaftsrechte untersucht haben - sind im Wesentlichen die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, und das sollten wirklich nicht unsere Vorbilder sein. Wir sind in Österreich in vielem Vorreiter, da sind wir eher Nachzügler, und wir sollten durchaus darüber nachdenken, warum Deutschland es besser kann, warum es überall in Skandinavien ein besseres Staatsbürgerschaftsrecht gibt.

 

Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich, ich könnte da noch sehr, sehr viele europäische Länder aufzählen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die USA sind wieder etwas anderes, aber in dieser Hinsicht auch liberaler. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Die haben ein Sozialsystem!) Der Linksblock, wer immer das ist, da kommt man auch mit solchen Uraltbegriffen: Der Linksblock waren in den 30er Jahren oder was weiß ich, irgendwelche Parteien. Jetzt da von einem Linksblock zu sprechen, ist (erheitert) eine derartig abstruse Argumentation, die ja längst an den Realitäten vorbeigeht.

 

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