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Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 101

 

Aber da kann man sich jetzt leider, wie so oft, nicht mehr daran erinnern, was man früher einmal gesagt hat. Diese Amnesie ist wirklich etwas ganz Schlimmes, das passiert denen wirklich oft, auch was jetzt wieder im Hinblick auf den Frieden in der Europäischen Union gesagt wurde - ah, da sind Sie wieder, das war ein kurzer Kaffee -, dass jetzt plötzlich doch in der Europäischen Union auf einmal die Fraktionen der Rechten die großen Pazifisten sind, die sagen, ach, wir können doch nicht, und die Waffen, und die NATO! Das ist natürlich alles auch ein bisschen diese Verschwörung, die da mitschwingt. Aber es gibt halt auch keinen Frieden ohne Freiheit. Und gerade auf Grund unserer Vergangenheit haben wir die Verpflichtung, uns dafür einzusetzen, dass so viele Menschen wie möglich auf dieser Welt in Freiheit leben können.

 

Was die FPÖ will, ist, die Ukrainerinnen und Ukrainer der russischen Diktatur zum Fraß vorzuwerfen. Das wollen Sie machen! Sie wollen nämlich, dass dort alles weiter so passiert, soll die Ukraine halt etwas hergeben. Was würden wir denn als Erstes hergeben? Das Burgenland? Worauf könnten wir denn verzichten, wenn plötzlich jemand vor der Tür steht, unsere Freiheit bedroht? Und Sie sagen, da sollte man jetzt aber dringend Friedensverhandlungen starten und einfach schauen, dass sie sich bitte ergeben. Ja, dann ist es halt das nächste Mal das Burgenland. Aber so ist halt die FPÖ, wieder einmal hat man vergessen, was man in der Vergangenheit gesagt hat.

 

Ich denke, dass es aber viele hier auch können, dass man im Endeffekt schon vorhersagen kann, was denn wahrscheinlich zur Europäischen Union gesagt wird, was sie denn leisten soll und wie sie sich weiterentwickeln soll. Wir haben das ja alles schon etliche Male gehört, aber was von rechter Seite nie kommt, sind Antworten, Antworten und Lösungen auf die großen Herausforderungen, vor denen wir nun einmal in der Europäischen Union stehen. Auch wenn man manchmal d'accord ist, was manche Analysen betrifft, wo die Probleme liegen, Herausforderungen, die wir haben, müssen wir doch gemeinsam daran arbeiten, die Europäische Union besser zu machen, sie weiterzuentwickeln, damit sie für ihre Bürgerinnen und Bürger besser funktionieren kann. Dann müssen wir aber auch ernsthaft darüber reden, wie wir das tun können. Und das ist doch gerade diese Zeit, in der es so dringlich geworden ist. Wir müssen vor allem jetzt handeln und Europa weiterentwickeln, weil ich denke, dass das auch das ist, was die Bürgerinnen und Bürger von der Politik erwarten. Es würde meiner Meinung nach vollkommen zu Recht zu einer enormen Politikverdrossenheit und zu einer weiteren Europaskepsis führen, wenn wir jetzt nicht auch einmal liefern und sagen, wie wir die Europäische Union besser machen können.

 

Wir sehen das natürlich, dass wir im Moment trotzdem in vielen Belangen sehr weit von einem wirklich handlungsfähigen, souveränen Europa entfernt sind, wenn wir uns zum Beispiel die Energiefrage anschauen. Jahrzehntelange fehlgeleitete Energiepolitik, vor allem auch in Österreich, hat uns sehr stark abhängig von billigem russischem Gas gemacht - na, billig war es früher -, und anders als viele andere Länder in der Europäischen Union haben wir das auch nie als Problem gesehen. Anstatt dass wir weiter diversifiziert hätten, unser Risiko ein wenig gestreut hätten, was sehr viele andere Staaten in der Europäischen Union gemacht haben, haben wir uns weiter abhängig gemacht.

 

Ich möchte hier aber vielleicht auch kurz ein wenig einen Exkurs machen, was Wien als Stadt im europäischen Kontext leisten kann, und das ist, weiter in der Energiepolitik voranzugehen, zum Beispiel in der Weiterentwicklung der Fernwärme in Wien. Das ist wirklich ein Projekt, auf das sehr viele auch im Europäischen Parlament schauen, wie die Stadt Wien in der Energiepolitik weiter vorangeht. Gerade die Städte haben dabei eine sehr besondere und wichtige Rolle in der europäischen Energiepolitik. Die Städte werden immer wichtiger werden, weil man dort auch am besten, am effektivsten, am effizientesten Klimaschutz und Klimapolitik gut vorleben kann. Das ist enorm wichtig.

 

Ich hoffe und bin mir natürlich sicher, dass die Stadtregierung schon sehr hart daran arbeitet, wie man auch hier noch einmal doch auf die Beschleunigung drücken kann und das auch ein wenig schneller auf den Weg bringt, denn es wird natürlich notwendig sein. Der Herr Landeshauptmann hat es ja in seiner Mitteilung schon ein wenig ausgeführt, dass wir ein gemeinsames Ziel in der Europäischen Union vor Augen haben. Wir wollen ein sicheres und starkes Europa, das seine BürgerInnen schützt und die gemeinsamen Grundwerte verteidigen kann. Aber das werden wir natürlich nur erreichen, wenn wir das auch mit vereinten Kräften angehen.

 

Für mich und für NEOS ist das ganz klar, wohin wir als Ziel möchten. Mir ist klar, dass das vielleicht noch nicht alle teilen, aber vielleicht im Geiste doch auch die Idee verstehen, was wir meinen, wenn wir sagen, wir wollen in Richtung Vereinigte Staaten von Europa gehen. Denn wir glauben daran, dass Europa gemeinsam mehr sein kann, dass auch ein kleines Land wie Österreich für die Europäische Union in einem starken Europa, in den Vereinigten Staaten von Europa mehr bedeuten kann. Und das gilt natürlich auch für eine europäische Stadt wie Wien.

 

Wenn wir auf die Verteidigungspolitik genauer hinschauen, dann muss sich in der Europäischen Union jetzt etwas tun. Wir müssen jetzt entschlossen vorangehen, um die Entscheidungen zu treffen, die wesentlich für eine echte europäische Verteidigungsunion sind. Ich bin mir sicher, dass wir auch noch viele Debatten darüber führen werden. Es gibt Für und Wider, die absolut legitim sind, wenn es um Fragen der gemeinsamen Verteidigung geht, wie eine eventuelle europäische EU-Armee ausschauen könnte, wie sie funktionieren sollte oder was es für andere Modelle gibt. Ganz wichtig ist aber, dass wir diese Debatte führen. Es soll nicht nur um Schlagzeilen gehen, sondern man soll sich auch die Zeit nehmen, darüber zu reden, wie das ausschauen sollte - nicht allzu viel Zeit, denn wir haben auch nicht mehr alle Zeit der Welt.

 

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