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Landtag, 7. Sitzung vom 23.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 62

 

nach der Wahlausschreibung das nicht mehr möglich ist. Ich glaube, das Wichtigste habe ich ausgeführt, also es ist wirklich eine ganze Fülle von Fortschritten, die wir geleistet haben. Es wird um vieles demokratischer, viel mehr Kontrolle wird möglich. Ich danke allen, die mitgewirkt haben, ganz herzlich, ganz besonders natürlich den NEOS, den Grünen und meiner Fraktion. Eigentlich sehe ich zumindest bei der ÖVP keine objektiv ausreichenden Gründe, dass sie dagegen stimmen, aber wir haben jedenfalls sehr viel weitergebracht. - Danke schön.

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Auer-Stüger. Ich erteile ihm das Wort.

 

13.42.02

Abg. Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich bin ja persönlich sehr stolz darauf, Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft zu sein, ich bin auch sehr dankbar dafür, dass ich an dem heute vorliegenden Gesetzentwurf mitwirken durfte. Aus meiner Sicht gibt es zwei Gründe, warum die Reform heute so vorliegt, wie wir sie quasi im Initiativantrag eingebracht haben. Das eine sind demokratiepolitische Gründe und das andere sind pragmatische Gründe. Lassen Sie mich das ganz kurz ausführen.

 

Die Kontrolle von Regierenden oder der Regierung ist grundlegender Bestandteil des demokratischen Prinzips, also ohne Kontrolle der Regierung gibt’s keine Demokratie, daher ist die Kontrolle der Regierung zentrale Aufgabe jedes Parlaments. Untersuchungsausschüsse, Untersuchungskommissionen sind die wichtigsten Kontrollinstrumente, die vorliegen, sie haben einen großen Unterschied zu allen anderen Kontrollinstrumenten, die Abgeordneten vorliegen. Im Zuge eines Untersuchungsausschusses oder einer Untersuchungskommission können Parlamentarierinnen und Parlamentarier, also wir, selber Informationen anfordern. Wir brauchen als Abgeordnete nicht Informationen von Regierenden einholen, wir können sie selber anfordern und können selber die gewünschten Auskünfte beschaffen. Daher ist der Reformschritt, den wir heute hier beschließen, dass in Zukunft eine Minderheit Zeuginnen und Zeugen in die Untersuchungskommission laden kann, dass eine Minderheit Anträge auf Beweisstücke, auf Akten stellen kann, ein zentraler Bestandteil dieser Reform. Allein diese Maßnahme stärkt das Instrument der Untersuchungskommission immens.

 

Wir haben das auch oft in der Arbeitsgruppe diskutiert, dass eine Untersuchungskommission rechtlich gesehen, das hat Kollege Stürzenbecher gerade ausgeführt, ja im Zuge der Verwaltung stattfindet, aber grundsätzlich ist auch die Arbeit in der Kommission oder im Ausschuss immer eine politische Bewertung. Es geht um die Kontrolle des politischen Handelns, daher ist die heutige Reform eine Aufwertung des Landtags, unseres Parlaments, und damit wird auch die Regierungstätigkeit in Wien transparenter.

 

Ich habe aber auch gesagt, es gibt auch pragmatische Gründe. Ich durfte für meine Fraktion in der letzten Untersuchungskommission, eingesetzt von der FPÖ, dabei sein, es gibt auch Berichte aus der vorletzten Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord, und in beiden gab es Streitfälle. Es gab Streitfälle, was Ladung von Zeuginnen und Zeugen oder bestimmte Akten betrifft. Diese Diskussionen, ob jetzt Ladungen oder Anforderungen von Akten zulässig sind oder nicht, endet dann schnell in einer parteipolitischen Diskussion. Daher finde ich es extrem wichtig und gut, dass in dieser Reform ein Schiedsgremium vorgesehen ist, übrigens ein Schiedsgremium, das in dieser Form sehr schnell und unabhängig urteilen wird. Dieses Urteil wird von unabhängigen Richterinnen und Richtern gefällt, unter anderem vom Verwaltungsgericht Wien. Es ist mir schon wichtig, das zu betonen, genau so steht es im vorliegenden Gesetz.

 

Weil heute öfters der Vergleich mit dem Bund gefallen ist: Es gibt wesentliche Punkte, bei denen wir bereits jetzt, noch vor der Reform, viele Schritte weiter als der Bund sind, ein wesentlicher ist, dass unsere Sitzungen öffentlich sind. Das war - zugegeben - in der Corona-Zeit etwas schwieriger, aber grundsätzlich sind die Sitzungen von Untersuchungskommissionen öffentlich und können von jedem Mann und jeder Frau besucht werden. Die Zeugenladungen sind unbegrenzt, auch die Redezeit in unserer Untersuchungskommission ist unbegrenzt - da unterscheiden wir uns sehr wohl vom Bund, und das finde ich gut.

 

Aber eigentlich, abgesehen von den rechtlichen Dingen, die wir heute beschließen, ist ja die politische Frage beim Untersuchungsausschuss oder der Untersuchungskommission: Was machen wir daraus? Was ist denn jetzt eigentlich ein Untersuchungsausschuss? Ich habe nicht vergessen, dass der Bundeskanzler den Untersuchungsausschuss im Parlament als Tribunal bezeichnet hat, eine Bundesministerin hat ihn gleich als Löwinger Bühne bezeichnet und ein Abgeordneter der ÖVP im Nationalrat hat daraus den Unterstellungsausschuss gemacht. Also, liebe ÖVP, bevor Sie sich hier herstellen und sagen, wir verhindern Reformen oder wir gehen nicht weit genug, wertschätzen Sie die Arbeit von Abgeordneten dort, wo Sie die Macht haben. Im Nationalrat haben Sie es nicht gemacht.

 

Weil ich vorher angesprochen habe, dass es jetzt ein Schiedsgremium geben wird, das schnell und unabhängig handeln wird: Ich glaube nicht, dass es hier im Rathaus Fälle geben wird, wo Abgeordnete um Akten ersuchen, Abgeordnete dann den Verfassungsgerichtshof anrufen, weil die Akten nicht kommen, der Verfassungsgerichtshof stellt fest, ja, das ist zulässig, aber sie kommen noch immer nicht. Dann braucht es den Bundespräsidenten, dann werden die Akten 5 Minuten vor 12 und in Papierform übermittelt. Das wird es im Wiener Rathaus, im Magistrat sicher nicht geben.

 

Daher bin ich, vielleicht im Gegensatz zu Kurt Stürzenbecher, jetzt nicht so überrascht, dass die ÖVP heute nicht zustimmt. Ich glaube auch, dass es von vorhinein nicht geplant war, aber das kann ich nicht beurteilen. Ich finde es schade, ich habe die Diskussionen in der Arbeitsgruppe zu dieser heutigen Reform sehr konstruktiv und sehr gut gefunden, daher möchte ich mich auch bei den Abgeordneten von Grünen und NEOS bedanken.

 

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