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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 93

 

Gesetzesverstöße, das sind keine Dinge, wo man zur Tagesordnung übergehen kann. Das sind Dinge, wo dringend gehandelt werden müsste. Diese Gesetzesverstöße wurden dadurch definiert, dass Kaufpreisbindungen verletzt wurden, dass Genehmigungspflichten durch die Landesregierung umgangen wurden, dass der neue Eigentümer vom Gesetz her unzulässig war, da er als Angehöriger des Baugewerbes anzusehen ist, und dass es im Management zu groben Versagen gekommen ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Causa ist seit 2017 bekannt, diese Causa ist seit 2017 anhängig und in den letzten vier Jahren hat man in Wien, obwohl es auf Bundesebene eine Novelle des WGG-Gesetzes gegeben hat, nicht nachgeschärft, hat keine Konsequenzen gezogen. Bis heute ist dieser im wahrsten Sinne des Wortes gesetzlose Zustand nicht gelöst, und das ist politisch verwerflich.

 

Die Liste der Versagen der Aufsicht im gemeinnützigen Wohnbau könnte man aber sehr lange fortsetzen. Ich möchte einige Beispiele bringen, beispielsweise aus Wien-Donaustadt das Bauprojekt Dittelgasse. Dort haben wir die Situation, dass die WBV-GÖD, die SPÖ-nahe WBV-GPA und die ebenfalls sehr, sehr SPÖ-nahe Siedlungsunion - wir kennen sie in der Person Frau Schuberts -, 360 Wohnungen, Heimplätze, Geschäftslokale und einen Kindergarten vor der Lobau errichten wollen.

 

Obwohl Flächenwidmungen und Bebauungsbestimmungen bereits rechtskräftig sind, war man sich offenbar doch nicht so sicher, ob man dieses Projekt jetzt wirklich machen möchte oder nicht wirklich machen möchte. Man ist dann zu dem Ergebnis gekommen, ob man es durchziehen möchte oder nicht, das wird man einer Firma namens 2move übertragen. Diese soll das Ganze noch einmal evaluieren, mit Anrainern besprechen, schauen, ob man das Projekt wirklich durchziehen möchte, obwohl bereits im Vorfeld alle gesetzlichen Bestimmungen gegeben waren.

 

Zufälligerweise gehört diese Firma 2move der Tochter einer SPÖ-Gemeinderätin, zufälligerweise wird über eine Umgehungskonstruktion diese Firma beauftragt, und zufälligerweise kann nach dieser Abwicklung das Projekt dann auch durchgezogen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen da ganz genau, wie hier Gelder verwendet werden, wie hier Wohnbaugelder in SPÖ-nahe Kreise verschoben werden, und wie hier ein Denken und ein Handeln an der Tagesordnung stehen, was mehr als hinterfragenswürdig ist.

 

Oder auch, aktuell im letzten Jahr hochgekommen, die Causa Commerzialbank: Man könnte sie auch Causa Sozialbau beziehungsweise Causa Gesiba nennen. Die Commerzialbank ist eine kleine Regionalbank gewesen, eine kleine Regionalbank aus dem Burgenland, die wir alle aus der medialen Berichterstattung der letzten Monate kennen. Ausgerechnet in diesem kleinen lokalen Bankinstitut im Burgenland hat der Sozialbau-Verbund die Hälfte seiner Bankguthaben gebunkert. Diese Gelder sind bis auf Minimalzahlungen der Einlagensicherung weg.

 

Tausende leistbare Wohnungen hätten mit diesem Geld errichtet werden können. Dieses Geld ist verschwunden. Diese Wohnungen, die wir in Wien so dringend gebraucht hätten, werden nicht gebaut werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wiederum verharrt die MA 50 in einer weitgehenden Lethargie. Obwohl diese Vorgänge seit Monaten bekannt sind, gibt es wiederum keine Sonderprüfung des Revisionsverbandes, und wiederum gibt es auch keinen Druck seitens der Stadtregierung, diese Sonderprüfung endlich vorzunehmen. Nein, ganz im Gegenteil, seitens der Stadtregierung, seitens der Stadt rät man sogar davon ab. Das ist politisch nicht nachvollziehbar, wenn man diese Hintergründe kennt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so kommen wir auch zur Gesiba. Sie verlor über 17 Millionen EUR in Mattersburg. Ihre Bauleistung ist gleichzeitig auf einem sehr, sehr niedrigem Niveau. Eine Wohnbaugenossenschaft sollte jedoch eigentlich kein Sparverein sein, der in den letzten Jahren seinen Sinn offenbar mehr darin gesehen hat, seine Gelder, warum auch immer, in dieser kleinen Bank in Mattersburg anzulegen, anstatt bautechnisch tätig zu werden.

 

Das Management der Gesiba hätte übrigens die Situation der Commerzialbank Mattersburg im Bild haben können. Man hätte entsprechende Unterlagen anfordern können, man hat es nur nicht getan. Ein Gutachten zweier Universitätsprofessoren belegt übrigens, dass bereits die Bilanz der Bank ein Warnsignal war. Hätten die Finanzvorstände der Gesiba und der Sozialbau nicht auch erkennen müssen, dass es da Risiken für die Guthaben gibt?

 

Man erkennt, warum es keine Sonderprüfung geben soll. Was wussten die Aufsichtsräte, was sie nicht sagen? Wie handelte der Prüfungsausschuss der Gesiba? Das alles sind Fragen, denen die SPÖ bis heute nicht nachgehen möchte. Das alles sind aber Fragen, denen die SPÖ und die Stadtregierung bis heute auf den Grund hätten gehen müssen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum politischen Fazit. Es braucht eine unabhängige Aufsicht über Wiens gemeinnützigen Wohnbau. Es müssen endlich die Interessen der Wiener, der Bewohner und vor allem der Wohnnutzungsgemeinnützigkeit gewahrt werden, und nicht nur jene der SPÖ, nicht nur jene von SPÖ-Politikern, die entweder selbst in Siedlungsunionen tätig sind und selbst profitieren oder Vergaben an Familienmitglieder vornehmen oder vornehmen lassen. Vielen Dank.

 

Präsident Ing. Christian Meidlinger: Ich danke dem Herrn Abgeordneten für die Begründung. Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Landeshauptmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

16.44.20

Lhptm Dr. Michael Ludwig|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hochgeschätzte Mitglieder des Wiener Landtages!

 

Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage möchte ich vielleicht einleitend darauf hinweisen, dass der geförderte, der gemeinnützige Wohnbau in Wien eine wirkliche Erfolgsgeschichte ist. Das sage nicht nur ich als Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann, sondern das ist in vielen internationalen Rankings bewiesen.

 

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