«  1  »

 

Landtag, 48. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 22

 

vor allem auch durch die Polizei und durch die Geheimdienste. Da darf es keinerlei Toleranz geben.

 

Wo wir Integrationsprobleme sehen, das ist vor allem auch - leider! - noch immer bei der 2. und 3. Generation, also auch bei Jugendlichen, die hier aufwachsen. Das finde ich besonders traurig und schade, denn ich möchte, dass jedes Kind in Wien auch die gleichen Chancen hat, auch die gleichen Chancen auf Bildungsaufstieg hat. Aber wenn man sich anschaut, welcher Herkunft jemand ist und wie der Bildungserfolg ist, dann gibt es da in Wien einen sehr, sehr starken Zusammenhang - und das ist schlecht für die Gesellschaft, das ist unfair auch den Kindern gegenüber, die vielleicht nicht Eltern haben, die sie entsprechend fördern.

 

Ich möchte in einer Stadt leben, in der jedes Kind auch gute Chancen hat, in der alle Kinder gute Schulen und gute Kindergärten haben, damit auch ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben möglich ist. Dafür müssen wir endlich die Wiener Schulen verbessern und das Bildungssystem reformieren, denn ein Bildungssystem aus 1950 kann die Herausforderungen von 2020 nicht lösen. Darum müssen wir dringend die Wiener Schulen reformieren.

 

Das, was wir in Favoriten gesehen haben - die Ausschreitungen -, ist auf das Tiefste zu verurteilen und abzulehnen, weil das ein Angriff auf ein weltoffenes, tolerantes Wien ist. Da braucht es volle Aufmerksamkeit und auch Sanktionen durch die Polizei, und es braucht Geheimdienste, die auch effizient arbeiten können. Wenn man sich anschaut, wie die österreichischen Geheimdienste in den letzten Jahren runtergewirtschaftet wurden - vor allem während der Regierungsbeteiligung der FPÖ, gemeinsam mit der ÖVP -, wie das BVT zerschossen wurde, dann sieht man, dass viele Probleme auch im Bereich des Extremismus deshalb nicht genau untersucht werden können, weil das BVT, weil die Geheimdienste in Österreich nicht mehr im Stande sind, solchen Fällen auch nachzugehen, weil sie parteipolitisch instrumentalisiert, kaputtgeschossen worden sind. Und das ist auch Ihre Verantwortung, liebe Freiheitliche Partei.

 

Und was ist an inhaltlichen Punkten von Seiten der Freiheitlichen vorgebracht worden? - Es war Mehrsprachigkeit, weil es ja so böse ist, dass so viele Kinder auch andere Sprachen sprechen. - Mehrsprachigkeit ist, bitte, ein Geschenk! Mehrsprachigkeit ist eine Chance für das Leben! Man muss sie aber auch als Chance begreifen, man muss Mehrsprachigkeit auch fördern. Man muss natürlich Deutsch fördern, aber auch die Muttersprache fördern - und schon früh fördern, schon im Kindergarten fördern, weil Mehrsprachigkeit und die Unterstützung in der Muttersprache auch dazu führen, dass man Deutsch besser lernen kann und sich generell besser artikulieren kann. Darum ist unsere Forderung, auch die Sprachlehrer in den Wiener Kindergärten, an Wiener Schulen zu verdoppeln, weil auch der Sprachunterricht in der Muttersprache ein wichtiger Sprachunterricht ist.

 

Groß gelobt wurden die Deutschklassen. Die Bilanz sehe ich als sehr, sehr mager an, auch vom grundsätzlichen Ansatz, dass man zentral im Ministerium für alle Schulen festlegt, wie sie denn Deutschförderung leben sollen. Ich möchte Schulautonomie, ich möchte, dass der Schulstandort selber entscheiden kann, welche Variante die beste ist. Ich möchte allerdings, dass es genug Unterstützung gibt, und darum geht es, denn: Deutschförderklassen zwangsweise einzuführen ohne entsprechende Mittel, ohne entsprechende Förderung oder sogar bei gleichzeitiger Kürzung der Mittel, wie es ja geschehen ist, ist kontraproduktiv. Daran sieht man, Sie sind nicht an Integration interessiert, sondern an Desintegration. So, wie die Deutschklassen gemacht worden sind, waren sie nicht dienlich.

 

Sie sprechen des Weiteren von den „echten Wienern“, das habe ich ungefähr zehn Mal gehört. Wer sind die echten Wiener? Bin ich ein echter Wiener? Ich bin in Salzburg geboren. Gehöre ich dazu? Wie viele Generationen müssen in Wien aufgewachsen sein? - Ich finde, dass die Definition immer eine sehr, sehr schwierige ist. Wien ist offen, und alle Menschen, die hier leben und ihren Lebensmittelpunkt haben, sind bitte auch Wienerinnen und Wiener. Schaffen wir es, eine gemeinsame Erzählung dieser Stadt zu entwickeln, die inklusiv ist, durch die sich die Menschen zugehörig fühlen und durch die man nicht Menschen abstößt! Die Ausgrenzung führt auch zur Radikalisierung und zu Problemen. Darum brauchen wir mehr Integration und vor allem auch mehr Zusammenhalt und keine Spaltung.

 

Von Seiten der ÖVP war zwar noch kein Redner am Wort, aber ich kann sehr, sehr viel vorwegnehmen. Man versucht ja, in diesen Bereichen die Freiheitlichen zu kopieren. Ich verfolge ja natürlich den aktuellen Wahlkampf der ÖVP. Wenn ich die Augen zumache, dann weiß ich oft nicht mehr, ob das die ÖVP ist oder ob es die Freiheitlichen sind. Hier wird die rechte Politik kopiert, vor allem im Bereich der Integrationspolitik. Wenn eine Integrationsministerin davor warnt, dass in Wien ein Chinatown oder ein Little Italy mit italienischen Restaurants entstehen könnte, dann frage ich mich schon: Was ist ihr Weltbild? Chinatown in London ist beliebt bei Einheimischen und bei Touristen! Italienische Restaurants - ja, schön und gut! Wenn man selbst vor so etwas warnt, dann zeigt das, welches Weltbild die ÖVP mittlerweile vertritt. Daran ist nichts mehr weltoffen, es ist mittlerweile ein Weltbild der Angst, ein rechtes Weltbild auch der Abgrenzung.

 

Eine inhaltliche Forderung, die mich besonders geärgert hat und die auch von der ÖVP kopiert wurde, war, dass man im Gemeindebau nur wohnen darf, wenn man auch Deutsch kann, und das würde ja angeblich der Integration dienlich sein. Wenn man sich anschaut, wozu es führen würde, wenn Menschen, die nicht gut genug Deutsch können, nicht mehr im Gemeindebau wohnen dürfen, dann erkennt man, dass das genau zum Gegenteil führt, nämlich nicht zu mehr Integration, sondern zu Vierteln innerhalb der Stadt, in denen einzelne Bevölkerungsgruppen leben - denn wenn man das Geld nicht hat, dann lebt man natürlich mit vielen Menschen auf engem Raum. Wenn man sagt, im Gemeindebau darf niemand leben, der ein bisschen gebrochen Deutsch spricht, dann werden sich alle diese Menschen in einzel

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular