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Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 79

 

durch das Projekt „Werkstadt Junges Wien“ eine neue Dimension erhalten. Erstmals wurden mehr als 20.000 Kinder und Jugendliche von der Stadt ganz konkret um ihre eigene Meinung und Einschätzung, aber auch um ihre Ideen gefragt. Die sich daraus abgeleiteten Handlungsfelder bieten den Rahmen der Wiener Kinder- und Jugendstrategie. Es freut uns ganz besonders, dass dieses Projekt nach Einschätzung der Kinder und Jugendlichen so erfolgreich gelaufen ist und seine Fortsetzung in der Umsetzung der Maßnahmen finden wird. 30 Jahre Kinderrechte wurden im ganzen Berichtsjahr als Marke von der Stadt Wien gefeiert und hat das Bewusstsein der Bevölkerung auf Achtsamkeit und Wichtigkeit des Themas erheblich erhöht. Die Feierlichkeiten zum Internationalen Tag der Kinderrechte im Wiener Rathaus sehen wir als gelungenes und erfolgreiches Projekt durch die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Abteilungen unter der Leitung des Wiener Menschenrechtsbüros, seiner MitarbeiterInnen und den Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Abteilungen und auch der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Ihnen allen gebühren mein Dank und meine Anerkennung für ihr Engagement um die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt.

 

Mit dem Theaterstück „Kinderfressen leicht gemacht“, das vorhin schon erwähnt wurde, ist es der Kinder- und Jugendanwaltschaft gelungen, den Stimmen der Kinder, ihrer Wahrnehmung von Kinderrechtsverletzungen eine Bühne zu geben und uns Erwachsene ein Stück weit in Bedrängnis zu bringen. Im letzten Lied der Inszenierung singen die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler sinngemäß: „Wir wünschten, wir wären Tiere, dann würdet ihr uns lieben.“ Diese künstlerische Ausdrucksweise schmälert keineswegs den Vorwurf der Kinder an die Erwachsenengesellschaft, sie nicht ausreichend als subjektive Rechtsträgerinnen und Rechtsträger wahrzunehmen. Kinderrechte sind systemrelevant. Sie sind unverhandelbar und werden auch von der Kinder- und Jugendanwaltschaft vehement verteidigt und eingefordert. Ob in der stationären Unterbringung oder den vorhergehenden Abklärungsverfahren, den sich lange hinziehenden Gerichtsverfahren rund um Obsorge oder Kontaktrecht, Kindergesundheit oder Kinderarmut, in der Einzelfallarbeit gelingt es der Kinder- und Jugendanwaltschaft seit vielen Jahren, im Sinne der Kinder gute Lösungen zu finden, um eine heilsame Zukunft auf den Weg zu bringen. Auf der Ebene der Behörden und Institutionen vernehmen wir großes Interesse, aus diesen Einzelfällen auch strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Seit der Etablierung der sozialpädagogischen Ombudsstelle 2012 ist das Monitoring von Wohngemeinschaften und Schutzwohnungen, den sogenannten Krisenzentren, eine spezielle Kernaufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaft geworden. Ich sage, Schutzwohnungen, weil es ein Ort der Entlastung und Ruhe sein soll. Worte haben oftmals eine unterschätzte Macht, denn es macht einen Unterschied, ob ich einem Kind sage, wir gehen jetzt gemeinsam in eine Schutzwohnung und nehmen uns dort eine gute Zeit, eine Lösung mit dir für dich und deine Familie zu finden, oder ob ich die ohnedies schon brisante Situation sprachlich anheize und den Kindern und Jugendlichen ein Krisenzentrum anbiete. Ein zwölfjähriges Mädchen hat einmal zu mir gesagt: „Habe ich jetzt eine Krise? Ist das was Schlimmes?“ Ja, Worte sind mächtig und müssen achtsam gewählt werden, wenn wir respektvoll und anerkennend miteinander kommunizieren.

 

Mit der Veröffentlichung der Qualitätsstandards für die stationäre Kinder- und Jugendhilfe gelang es, ein Konzept vorzulegen, wie Verbesserungen in diesem Bereich nicht nur sprachlich möglich sind. Hervorzuheben ist, dass Kolleginnen und Kollegen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe genauso an der Entstehung und Etablierung dieser Standards beteiligt waren wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendanwaltschaft, privater Träger, aber auch VertreterInnen der Länder. Unter der Schirmherrschaft der Volksanwaltschaft wurden diese Standards 2019 vorgestellt und als Buch veröffentlicht. Sie bieten auch uns eine hervorragende Grundlage für unsere Monitoringtätigkeit und zeigen, dass nur im gemeinsamen Wirken Veränderungen im Kinderschutz möglich sind. Kinderschutz geht nur gemeinsam. Kinderschutz geht uns alle was an, denn Kinder sind unschlagbar. Die Etablierung von Kinderschutzkonzepten, die heute auch schon angesprochen wurden, ist ein Puzzlestein, um die Arbeitsqualität aller Berufsgruppen und Einrichtungen, die mit und für Kinder arbeiten, zu verbessern. So werden wir den heutigen Erkenntnissen kinderschutzgerecht.

 

Vor über zehn Jahren hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft bereits die Arbeitsgruppe „Gewalt und Missbrauch im Sport“ gegründet. Gemeinsam mit Organisationen, die beispielsweise in der Prozessbegleitung von Kindern und Jugendlichen tätig sind, werden mögliche Verdachtsfälle geprüft und Angebote entwickelt, die insbesondere im Sport, in Vereinen Sicherheit und Handlungskompetenz geben sollen, denn so heben sie den Kinderschutz an erste Stelle. Wir freuen uns, dass es gemeinsam mit dem Wiener Basketballverband gelungen ist, die Etablierung eines solchen Kinderschutzkonzeptes im Sport anzustoßen und wünschen uns viele weitere interessierte Dach- und Fachverbände, die diesem Beispiel folgen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Liste der Kooperationen und Vernetzungen der Kinder- und Jugendanwaltschaft ist lang und erlaubt uns einen mutigen und zuversichtlichen Blick in die Zukunft. Junge Menschen, Jugendliche und Kinder leben in einer komplexen Gesellschaft, die auch uns Erwachsene ohne entsprechende Kommunikationsstrukturen oft vor unmögliche Herausforderungen stellt. Diese vielen Schnittstellen zwischen Organisationen, Abteilungen, Behörden, Vereinen, Privatpersonen und vieles mehr erfordert beachtliche Aufmerksamkeit und hat unsere Arbeitswelt rund um Kinder und Jugendliche bereits verändert und geprägt. Es gilt daher, darauf unseren Fokus zu legen und mit den Stimmen der Kinder und Jugendlichen, also dem Kindeswillen im Einklang mit dem Kindeswohl unter Wahrung der Kinderrechte abzustimmen und zusammenzuführen.

 

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