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Landtag, 24. Sitzung vom 23.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 52

 

zehnten gelungen ist, den Anteil der Substandardwohnungen stark zurückzudrängen. Das war ein Phänomen, das es gerade in der historisch gewachsenen Bausubstanz Wiens in einem sehr starken Ausmaß gegeben hat. In den 70er Jahren waren das noch rund 42 Prozent aller Wohnungen in Wien, allerdings sehr ungleich verteilt. Im 15. Bezirk beispielsweise waren mehr als 60 Prozent aller Wohnungen Substandardwohnungen, das heißt, Wasser und WC am Gang, natürlich ohne Zentralheizung, sehr kleinteilige Wohnungen. Im 5., im 16., im 17. und im 20. Bezirk gab es bis zu 60 Prozent Substandardwohnungen. Einen geringeren Anteil hat es in den Bezirken 1, 13, 19, 22 und 23 gegeben, da betrug der Anteil an Substandardwohnungen sogar unter 20 Prozent. Dieses Phänomen war also sehr ungleich über die Stadt verteilt. Ich bin sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, über die vielen Jahre der sanften Stadterneuerung diesen Anteil der Substandardwohnungen auf 2 Prozent zu reduzieren. Das ist ein großer Erfolg einer kontinuierlichen, jahrzehntelangen Wohnbaupolitik, die auch dazu beigetragen hat, dass die soziale Durchmischung in unserer Stadt, im Unterschied zu vielen anderen Metropolen in Europa oder auch weltweit, eine sehr, sehr gute und eine besondere Visitenkarte der Stadt Wien, auch im internationalen Vergleich, ist. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Dipl.-Ing. Dr. Gara. - Bitte, Herr Abgeordneter.

 

9.09.59

Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat!

 

Danke für Ihre Antwort. Ich halte das Thema der Sanierung auch für einen ganz, ganz wesentlichen Punkt, allerdings auch vor dem Hintergrund der Einhaltung beziehungsweise der Erreichung der Klimaschutzziele. Ein ganz wesentliches Thema ist die Erhöhung der Energieeffizienz, das ist auch im Kontext der Betriebskostenreduktion zu sehen. Das trifft natürlich vor allem auch jene Menschen, die sich das nicht leisten können. Das heißt, wir gehen immer den Weg, wir wollen eher die Energieeffizienz steigern, anstatt Energiekostenunterstützung zu bieten.

 

Meine Frage ist: Wie schaffen wir die Sanierung in der Form, dass wir energetische Maßnahmen so umsetzen, um tatsächlich die Klimaschutzziele zu erreichen? Dafür müsste die Sanierungsrate deutlich höher sein, als sie jetzt im Moment eigentlich ist. Das heißt, es erfordert sehr viel mehr Aufkommen im Bereich der Sanierung, um tatsächlich die Energie- und Klimaschutzziele zu erreichen.

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Michael Ludwig: Das ist eine wichtige Frage, nämlich aus zwei Sichtweisen heraus: Zum einen stellt die ökologische Sanierung der Wohn- und Hausbestandszahlen einen wichtigen Teil für die Erreichung der Klimaschutzziele dar, zum anderen ist es eine wichtige Möglichkeit, die Haushaltsbudgets zu entlasten, wenn die Energiekosten reduziert werden können. Beides ist sehr wichtig, und aus diesem Grund haben wir bei der Bewertung dieser Sanierungszielgebiete die Frage zu beachten, inwieweit die Sanierungsinstrumente der sogenannten thermisch-energetischen Wohnhaussanierung, der Thewosan-Sanierung, forciert werden können. Das ist derzeit das attraktivste Sanierungsprogramm, auch auf Grund unseres finanziellen Unterstützungsangebotes, und es wird am stärksten wahrgenommen, und zwar von allen Teilen der Wohnungswirtschaft, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, das gilt für Genossenschaften genauso wie für private Eigentümer.

 

Daher ist es mir wichtig, dass wir uns im Zuge der von uns betriebenen Wohnbauforschung mit verschiedenen Maßnahmen beschäftigen. Ich möchte exemplarisch vielleicht zwei herausnehmen: Das eine ist, dass wir versuchen, auch im Bereich der Gründerzeithäuser zu sanieren, wo es besonders schwierig ist, weil es reichgegliederte Fassaden gibt, die man natürlich thermisch-energetisch nicht so sanieren kann wie beispielsweise ein Gebäude aus den 60er und 70erJahren. Wir wollen ja auch das Erscheinungsbild im Rahmen der Stadtbildpflege erhalten.

 

Wir haben uns diesem Thema sehr gewidmet und haben beispielsweise ein Gründerzeithaus im 2. Bezirk gemeinsam mit dem privaten Hauseigentümer thermisch-energetisch so saniert, dass es sogar Passivhausstandard erreicht hat. Das ist, wie gesagt, deshalb wichtig, weil es einerseits ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zum Erreichen der Klimaschutzziele ist, und andererseits, weil die Mieterinnen und Mieter dort fast keine Energiekosten mehr zu tragen haben. Das ist natürlich ein großer Vorteil in der sozialen Gewichtung und sozialen Unterstützung jener Menschen, die dort leben. Das ist uns als Erste weltweit gelungen, es hat noch kein anderes Gründerzeithaus gegeben, das auf diesen ökologischen Standard gebracht werden konnte.

 

Es gibt natürlich auch Feinheiten, die wir in der Wohnbauforschung gemeinsam mit den Bauträgern und Eigentümern ausprobieren. Wir haben beispielsweise mit großem finanziellen Aufwand ein Gründerzeithaus wiedererrichtet, das durch eine Gasexplosion sehr stark beschädigt wurde, verursacht durch einen jungen Mann, der sich in selbstmörderischer Absicht ins Jenseits befördert hat und dabei aber auch zwei Stockwerke mitabgerissen hat. Dieses Gründerzeithaus haben wir wieder instand gesetzt und attraktiviert und ein völlig neues System des Verputzens angewendet. Das heißt, die Fassade ist gründerzeitlich wieder errichtet worden und es wurde ein Spezialdämmputz aufgebracht, der mitwirken wird, dass die Fassade erhalten bleibt, aber durch diesen Dämmputz bessere Energiewerte erzielt werden. Das ist natürlich mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden, denn das ist ein Spezialprojekt, zu dem wir zusätzliche Unterstützung geleistet haben. Es kann möglich sein, auch in Zukunft bei Sanierungen diese Verbindung herbeizuführen: Stadtbildpflege auf der einen Seite und auf der anderen Seite Reduzierung des Energieaufwandes. Da sind wir - ich glaube, das kann ich sagen - europaweit wirklich federführend. Die Entwicklung erfolgt mit sehr vielen Unternehmen unserer Stadt, mit österreichischen Unternehmen, und ich denke, dass das auch ein wichtiger Exportartikel sein kann und eine wichtige

 

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