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Landtag, 20. Sitzung vom 23.10.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 49

 

über jegliche medizinische Fürsorge geprägt. So ist es auch beim heute behandelten Krankenanstaltengesetz, das auf das Gesundheitsqualitätsgesetz verweist, dieses wiederum auf die Zielsteuerung Gesundheit. Beide sind österreichische Gesetze, in denen internationale medizinischen Standards - denn es gelten nur internationale Standards, die auch ausbildungsrelevant sind - zwar erwähnt werden, die tatsächliche Versorgung der Bevölkerung auch bei der Entwicklung eigener Leitlinien aber sehr stark von Behördeninteressen dominiert wird.

 

Hier muss man erwähnen, dass der Begriff Leitlinie in Österreich nicht geschützt ist. Theoretisch kann jeder von uns, der mit Gesundheit etwas zu tun hat, mit einigen Personen eine eigene Leitlinie entwickeln und diese auch als Leitlinie definieren. In Deutschland ist es etwas anderes, da gibt es eine genaue Unterscheidbarkeit zwischen einer medizinischen ausbildungsrelevanten Leitlinie und einer ökonomischen Leitlinie. Eine ökonomische Leitlinie muss auch als solche beschrieben werden. Das ist hier in Österreich nicht so, auch in Wien nicht so, hier haben wir Bundesqualitätsleitlinien, die ökonomische Leitlinien sind, wir haben nationale Versorgungsleitlinien, die auch ökonomische Leitlinien sind, so, als ob in Österreich die Krankheiten andere wären als in der westlichen Welt.

 

Diese Dominanz der Verwaltung, der Bürokratie mit den entsprechenden politischen Versorgungsposten dominiert die medizinische Versorgung. Dann darf man sich natürlich nicht wundern, dass wesentliche Punkte, die von der Bevölkerung gegenwärtig, aber auch in Zukunft sehr moniert werden, einfach nicht oder nur unzureichend erwähnt sind. Beispielsweise findet sich kein Anhalt für eine Reform der Notfallversorgung und auch der Notfallambulanzen. Da muss man hinzufügen, dass wir vor einer Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge stehen, die viele andere Länder schon hinter sich haben. Sie werden sicher wissen, dass die Siegermächte gleich nach den Zweiten Weltkrieg ihren Babyboom gehabt haben, die Pensionierungswelle war ungefähr acht bis zehn Jahre früher als bei uns, und man hätte Jahre genug Zeit gehabt, sich anzusehen, wie man es bei der gesundheitlichen Versorgung mit einer eindeutig eingeschränkten reduzierten Menge an Ärzten macht.

 

Diesbezüglich hat sich in der Notfallversorgung der Zusatzfacharzt für Notfallmedizin in den anderen europäischen Ländern etabliert, es hat sich die eigene Budgetierung der Notfallambulanzen etabliert. Das hat den Sinn, dass Sparmaßnahmen nicht die Notfallambulanzen betreffen, die eine eigene Budgetierung haben, die ein besonders gut ausgebildetes Personal haben. Das hat wiederum den Vorteil von Absicherungsuntersuchungen. Jetzt wird in den Notfallambulanzen derjenige oder diejenige gesetzt, die von dem System halt gerade bereit sind, und das sind nicht immer die, die eine notfallmedizinische Ausbildung haben, die es in Österreich auch de facto gar nicht gibt. Wir haben im Grunde genommen eine Mischausbildung, aber wir haben keine echte notfallmedizinische Ausbildung wie in den meisten anderen Ländern. Diesen Zusatzfacharzt für Notfallmedizin, was wir auch bundesmäßig beantragen werden, gibt es nicht.

 

Ein anderer kleiner Punkt, für uns aber doch ein erheblicher Punkt, ist die Ausbildung von Turnusärzten für Allgemeinmedizin. Es sind erfreulicherweise in dem Punkt 13a die Turnusärzte für Allgemeinmedizin wenigstens überhaupt erwähnt. Das ist wenigstens etwas. Ein wesentlicher Punkt ist das neue Pflichtpraktikum. Seit 2015 haben wir eine Ärzteausbildungsordnung, die, wie sehr viele Gesetze im Gesundheitsbereich, eine ausgeprägte Lebensfremdheit zeigt. Die Bezahlung dieses Pflichtpraktikums, das Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung für Allgemeinmedizin absolvieren müssen, ist nicht gesichert. Das bedeutet, dass Kollegen und Kolleginnen, die Allgemeinmedizin machen möchten, nicht wissen, von wo sie das Geld für dieses Pflichtpraktikum bekommen. Es gibt diesbezüglich keinerlei Willensbildung. Ich habe auch mit der Frau Gesundheitsstadträtin gesprochen, die uns leider nicht mit ihrer Anwesenheit beehrt. Es ist jedenfalls eine absolute Notwendigkeit für die Motivation junger Kolleginnen und Kollegen für die Ausbildung zur Allgemeinmedizin notwendig. Ich wiederhole: Es gibt nach wie vor keine gesicherte Finanzierung der gesetzlich verpflichtenden Praktika für Allgemeinmedizin.

 

Im Punkt 15 wird auf die Forschung in den Versorgungsspitälern eingegangen. Das ist natürlich ein nicht unwichtiger Punkt, der eine ganze Kaskade an Folgen mit sich bringt. Wie Sie sicherlich wissen - ich hoffe, zumindest die, die im Gesundheitsbereich tätig sind -, haben wir seit 2015 das EU-Arbeitszeitgesetz. Das bedeutet, dass nicht nur die Wochenarbeitszeit limitiert ist, das bedeutet auch eine elfstündige Ruhezeit nach einem nächtlichen Einsatz. Wenn man sich dieses EU-Arbeitszeitgesetz in Ruhe ansieht, wird man merken, dass die Ausnahmeregelungen das Gesetz selber um ein Vielfaches übertreffen.

 

Das heißt, die Ausnahmeregelungen, wie sie zum Beispiel die Universität hat, sind durch eine Dualfunktion gekennzeichnet. Wenn eine Krankenanstalt sowohl einen Versorgungsauftrag hat als auch Forschung und Lehre umsetzt, kann sie aus dieser EU-Arbeitszeitrichtlinie herausgenommen werden. Das heißt natürlich, dass dann auch die Wochenstundenanzahl und auch die Ruhezeiten anders gelten. Das heißt, in der Universität, die natürlich mit der Rufbereitschaft überhaupt kein Problem hat, weil sie ja durch Ihre Dualfunktion sowieso aus der EU-Arbeitszeitregelung rausfällt, ist auch die Rufbereitschaft kein Problem. Ich werde aber später dann noch einmal gesondert darauf eingehen.

 

Es gibt auch in der Novelle des Krankenanstaltengesetzes keine Ankündigung, auch nur im Geringsten Bürokratiefolgekosten einzudämmen. Das hat mich nicht überrascht, denn das ist ein Punkt, der wirklich mit beiden Augen übersehen wird. Es gibt seit 1998 verschiedenste Studien im Bereich der OECD, dass die Bürokratiefolgekosten, das sind die direkten und indirekten Kosten, die durch eine ineffiziente Verwaltung entstehen und über die sinnhafte Verwaltung hinausgehen, in etwa 10 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets betragen. Da gibt es eine Studie vom US-Rechnungshof, eine Studie von A. T. Kearney in Deutschland und auch

 

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