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Landtag, 12. Sitzung vom 24.11.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 44

 

empfinde das wirklich nicht einmal als Tropfen auf den heißen Stein. Wir reden hier von 200 Personen.

 

Was mir hier schon ein bisschen auch in der Beantwortung gefehlt hat, ist, es wird bundesweit leider Gottes zu keiner Einigung kommen, aber was macht Wien jetzt wirklich konkret? Was macht Wien konkret, um nicht nur 200 Personen, sondern den vielen Tausenden Mindestsicherungsbeziehern zurück in den Arbeitsmarkt zu helfen?

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin.

 

Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Herr Abgeordneter!

 

Sie haben recht. Ich entschuldige mich dafür. Die NEOS haben damals hier auch zugestimmt.

 

Schauen Sie, immer zu sagen, irgendetwas ist zu spät oder zu wenig, ist ein logisches Argument der Opposition. Tatsache ist, und ich habe das bei der Beantwortung meiner vorigen Frage schon angesprochen, die Mindestsicherung eignet sich an sich nicht als Instrument der Steuerung. In der Mindestsicherung sind all jene, wo es bei der Bildung nicht geklappt hat, wo es am Arbeitsmarkt nicht klappt, wo es in anderen Fragen nicht klappt. Was wir aber jetzt hier in die Hand genommen haben, und da könnte man an sich sagen, es ist nicht wirklich eine Zuständigkeit jener, die für die Mindestsicherung zuständig sind, ist eben die Wiener Jugendunterstützung und die strukturelle Veränderung.

 

Ich habe gesagt, im nächsten Jahr werden wir das umsetzen. Es ist an sich im Bereich der Stadt Wien schon alles geregelt, aber auch beim AMS, weil das primär eine Aufgabe des AMS ist, dass wir hier einen gemeinsamen Standort, eine gemeinsame Steuerung, ein gemeinsames Casemanagement für alle jungen Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher machen werden. Dieses Projekt der 200, auch das habe ich ausgeführt, dient dazu, dass man nicht nach dem Motto „Ich weiß nicht, wohin, aber dafür bin ich geschwinder dort.“ Maßnahmen setzt, die auch nicht „for free“ sind, weil solche Maßnahmen zunächst etwas kosten. Ich bin aber 100-prozentig davon überzeugt, dass sie sich nicht nur individuell für den Einzelnen lohnen, sondern auch finanziell für die Frage, dass die Menschen dann nicht mehr in der Mindestsicherung verbleiben müssen.

 

Hier gilt es, zu schauen, wie hoch der Erfolg dieser Konzeption ist. Meine These ist, sehr hoch. Aber das werden wir uns wissenschaftlich mit einer Evaluierung anschauen. Wenn sehr hoch, dann bedeutet es, dass wir dann in die Ausrollung für alle Menschen dieser Zielgruppe gehen werden, und zwar gleich gemeinsam strukturell mit dem AMS.

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Abg. Korosec. Bitte, Frau Abgeordnete.

 

9.17.07

Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Landesrätin, guten Morgen!

 

Wir sind uns sicher darüber einig, dass Mindestsicherung vor Armut schützen soll. Aber gerade Sie, Frau Stadträtin, sind hauptverantwortlich dafür, dass die Wiener Mindestsicherung - und ich sage ganz bewusst, die Wiener Mindestsicherung - völlig falsche Anreize bietet und sogar zu einer nachhaltigen Schädigung des Sozialsystems führt. (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: 15a-Vereinbarung!) Unter Rot-Grün ist die Mindestsicherung, die grundsätzlich als Sprungbrett gedacht war, zum arbeitslosen Grundeinkommen verkommen.

 

Ich bringe Ihnen ein Beispiel. Ich kann es Ihnen dann auch gerne geben. Hier geht es um ein Paar, das zwei Kinder hat, drei und zehn Jahre alt. Der Mann ist voll berufstätig, hat ein Medianeinkommen von 2.000 brutto, sind 1.500 netto. Wenn man alles abrechnet beziehungsweise hinzurechnet, Familienbeihilfe, und so weiter, und dann abrechnet, was man heute sozusagen in einer Familie hat, dass man Fernseher hat und dass man Fahrscheine braucht, dann kommt man auf ein Nettoeinkommen dieser Familie von 1.974 EUR. So weit, so gut. Ein Paar, nicht verheiratet, beide in der Mindestsicherung, mit denselben Voraussetzungen, zwei Kinder, drei und zehn Jahre alt, das natürlich einen Mobilpass hat, kommt auf ein Nettoeinkommen von 2.037. Das heißt, um 63 EUR haben diejenigen mehr, die nicht arbeiten. Auf der anderen Seite ein Paar, wo der Mann jeden Tag in der Früh aufsteht und arbeiten geht.

 

Können Sie, Frau Stadträtin, das mit Ihrem sozialen Gewissen verantworten? Finden Sie das gerecht? (Abg. Birgit Hebein: Das ist unfassbar! Wirklich wahr! Dass Sie sich nicht schämen!)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Die Frau Stadträtin ist am Wort.

 

Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Frau Landesrätin!

 

Zunächst möchte ich zurückweisen, dass wir uns darüber einig sind, dass wir eine Mindestsicherung wollen, die vor Armut schützt, weil die ÖVP ist dieser Meinung nicht. Die ÖVP möchte, dass wir in Wien ein Modell umsetzen, wo es Menschen gibt, die 520 EUR Mindestsicherung bekommen und 520 EUR schützen nicht vor Mindestsicherung. Das heißt, wir haben hier eine große inhaltliche Differenz mit der ÖVP. Wir wollen, dass die Mindestsicherung vor Armut schützt! Sie wollen das nicht!

 

Sie sollten vielleicht auch Ihre Demonstrantinnen und Demonstranten besser auswählen, außer das ist sozusagen der neue Weg der ÖVP. Eine meiner Mitarbeiterinnen ist gestern zu Ihrer sozusagen großartigen Demonstration gegangen und hat eine Demonstrantin gefragt: Wenn die Mindestsicherung aber doch so niedrig ist, dann sind ganz viele Menschen in dieser Stadt arbeitslos (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Ja, sind sie auch!), und sind die ganz vielen Menschen in dieser Stadt, die arbeitslos sind und die eine so niedrige Mindestsicherung bekommen, dann obdachlos?

 

Die Antwort der Demonstrantin darauf war: „Ja, aber da kann man nichts machen.“ Wenn das der Weg der christlich-sozialen Wiener ÖVP ist, ist das Ihr Weg. Aber ich möchte nicht, dass wir hier in einem Atemzug genannt werden. Wir haben hier nicht dasselbe Verständnis von Sicherheit vor Armut! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Zum Fall, den Sie da angeführt haben, Frau Kollegin Korosec, als ehemalige Gewerkschafterin, als ÖAAB-Vertreterin: Es geht mir mit dem Thema bei Ihnen so wie im Gesundheitswesen. Sie wissen alles viel besser und

 

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