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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 209 von 251

 

dem Gebiete der Stadtökologie und Volkshygiene“, einen „Fachmann auf dem Gebiete des Verkehrswesens“, einen „Fachmann für Sozialfragen“. - Nicht unwesentlich, die Sozialfragen, gerade im Zusammenhang mit solchen Bauten, wie Sie sie hier vorhaben. - Weiters gibt es da einen „Fachmann auf dem Gebiete der Grünraumplanung“ und einen „Fachmann auf dem Gebiete für Standortfragen“. Alle diese Personen gehören dem Fachbeirat für Stadtplanung an und müssen im Flächenwidmungsverfahren gefragt werden.

 

Das sind ja nicht irgendwelche Leute, das sind profunde Kenner, meine sehr verehrten Damen und Herren; und das zeigt ja schon sehr deutlich, wie genau es auch gewollt ist, dass eben die Flächenwidmung so ein hohes Rechtsgut bleibt. Und wie wichtig diese Flächenwidmung als eines der höchsten Rechtsgüter ist, weil sie so massiv in jenes Eigentumsrecht eingreift, das heute mit dem Gesetzesentwurf ausgehebelt werden soll, zeigt sich auch daran, dass zwar die Bezirksvertretungen kein absolutes Vetorecht haben, aber doch zumindest immerhin ein suspensives Veto einlegen können.

 

Die Bezirksvertretungen haben ein Recht, von dem sie selten Gebrauch machen, weil sie da schon mit relativ hoher Mehrheit abstimmen müssten. Aber die Bezirksvertretungen haben bei Flächenwidmungen tatsächlich ein suspensives Veto, obwohl sie normalerweise nur eine Mitteilung machen können, eine „Stellungnahme“ abgeben können, wie es hier im § 2 der Wiener Bauordnung, Abs. 9 heißt.

 

Da gibt es nämlich das Procedere, dass dann, wenn die „Stellungnahme der Bezirksvertretung mit einer Mehrheit von mindestens zwei Drittel beschlossen und im Zuge des Verfahrens zur Vorlage an den Gemeinderat von dem für die Stadtplanung zuständigen Gemeinderatsausschuss nicht berücksichtigt“ wurden – wenn also der Bezirk irgendeine Stellungnahme mit mehr als Zweidrittelmehrheit beschlossen hat, und der Gemeinderatsausschuss nimmt dann nicht auf, was der Bezirk wollte -, dann wandert das Aktenstück eben nicht an den Landtag und man fährt drüber, sondern es wandert noch einmal zurück an den Bezirk, zur neuerlichen „Gelegenheit zur Stellungnahme“, in diesem Fall mit der Begründung, warum der Ausschuss dem nicht folgt.

 

Das heißt, es ist jetzt kein absolutes Veto, es ist nur ein suspensives Veto, aber es ist immerhin eine zusätzliche Sicherheitsroutine, damit eben nicht die politischen Entscheidungsträger einfach irgendetwas tun, sondern damit bei diesem wichtigsten und höchsten Rechtsinstrument, das so massiv in die Eigentumsrechte eingreift, hier eben tunlichst nichts passiert.

 

Und in dieser Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser diffizilen Rechtsmaterie - diffizil im Sinne von „sensible“ Rechtsmaterie -, wo es wirklich um die grundlegenden Rechte der Bürgerinnen und Bürger geht, wo es um die grundlegenden Rechte der Wienerinnen und Wiener geht, in dieses Recht greifen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, ungeniert ein. Sie nehmen den Wienerinnen und Wienern ihre Bürgerrechte, und zwar in zwei ganz wesentlichen Bereichen. (Beifall bei der FPÖ.) Erstens, wenn es um die Gültigkeit von Flächenwidmungsplänen geht: Wir haben uns vorher angeschaut, wie ein Flächenwidmungsplan zustande kommt und wie sensibel das gemacht wird. Und nun mit einem Federstrich wird das alles völlig entwertet. Und die zweite Geschichte ist dann die Einschränkung der Nachbarrechte.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist Ihr Wien des Jahres 2016. Das sind Maßnahmen, die mich an ganz andere Zeiten erinnern. Aber ein Wien des Jahres 2016, das in dieser Art und Weise in die Bürgerrechte eingreift, die Bürgerrechte in dieser Art und Weise beschneidet, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal dieses Gesetzes. Sie beschneiden die Bürgerrechte, Sie beschneiden auch die Nachbarrechte für einen Zeitraum von fünf Jahren ganz massiv! Das ist der eigentliche Skandal, und deswegen kann man diesem Gesetz in dieser Form gar keine Zustimmung geben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Das ist jetzt nicht nur eine politische Meinung. Ich habe Ihnen ja vorher schon dargelegt, dass viele dieser Punkte hier in diesem Gesetz gar nicht interpretiert werden müssen. Wir haben das vorher am Beispiel der Naturereignisse gesagt. Hier heißt es ja, „insbesondere bei Naturereignissen“ gilt dieses spezielle Gesetz. Dazu habe ich Ihnen dann gezeigt, was ein Naturereignis im Sinne des Lexikons ist: Naturereignisse sind zum Beispiel Himmelserscheinungen aller Art, wie Objekte und Bewegungen am Sternhimmel, dessen Änderungen wie Novae oder ähnlich überraschende Erscheinungen wie Kometen oder Sternschnuppen. - Super, nicht? Das war die Sache mit der Weihnachtsgeschichte.

 

Anhand dieses Beispiels habe ich Ihnen klar aufgezeigt, dass es hier nicht um Interpretation geht, sondern dass jeder der Begriffe, die hier stehen, grundsätzlich klare Definitionen kennt, und dass Sie das trotzdem sehr allgemein behandeln, und dass Sie gleichzeitig in diesem Zusammenhang mit Leichtigkeit und überhaupt ohne Genierer die Nachbarrechte beschränken. Dabei lese ich in allen Zeitungen und höre in allen Redebeiträgen, die Sie gestern hier abgegeben haben, die Nachbarrechte würden nicht eingeschränkt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schlichtweg unwahr! Es wird auch nicht besser, wenn Sie versuchen, die Nachbarrechte weiterhin einzuschränken, sehr geehrte Kollegen. Die Nachbarrechte sind durch diesen Gesetzesentwurf eingeschränkt. Das gehört sich nicht! Das ist unanständig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es gibt noch eine ganze Menge an verfassungsrechtlichen Bedenken. Hier habe ich zum Beispiel das Gutachten vom Herrn Prof. Hauer. Wir haben es im Laufe des Abends ohnehin schon einmal gehört. Ich werde in weiterer Folge nicht darauf eingehen, weil wir es noch im Zuge einer weiteren Wortmeldung hören werden. Einer meiner Kollegen wird hier nämlich darüber noch entsprechend referieren ebenso wie - ich habe es vorher schon angekündigt - über die Frage, was genau man eigentlich versteht unter: „auf Grund völkerrechtlicher, unionsrechtlicher oder Verpflichtungen der Gemeinde beziehungs

 

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