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Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 64

 

Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren!

 

Ich kann es auch ganz kurz machen. Ich habe in der Aktuellen Stunde schon gesagt, dass ich grundsätzlich ein sehr großer Anhänger davon bin, dass man Geschäftsordnungsdebatten, Geschäftsordnungsangelegenheiten in einem größtmöglichen Einvernehmen behandeln sollte. Allerdings gibt es auch so etwas wie eine Notwehrsituation in der Juristerei und ich glaube, eine solche Notwehrsituation, mit der haben wir es heute zu tun. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Notwehr ist immer dann gegeben, wenn fundamentale Rechtsgüter in Frage gestellt werden. Ich glaube, ohne dass wir da jetzt eine Verfassungsrechtsvorlesung abhalten, ein ganz ein fundamentales Rechtsgut ist es, dass das Parlament, das souverän ist, hier sitzen die gewählten Abgeordneten, und es ist das Vorrecht des Parlaments, Gesetze zu beschließen und die Verwaltung zu kontrollieren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Was man leider Gottes, und den Appell vom Kollegen Ulm kann ich nur unterstreichen, aber immer wieder feststellen muss, ist, dass Mehrheiten, egal, welcher Provenienz sie sind, das Parlament umfunktionieren zu einem Schutzschild der Verwaltung. Also es geht quasi darum, die Verwaltung möglichst nicht mit den lästigen Abgeordneten zu behelligen. Das kann man jetzt auf der juristischen Ebene spielen und das passiert leider Gottes auch vielfach auf der rein politischen Ebene. Wenn man sich teilweise anschaut, wie selten Regierungsmitglieder hier im Hohen Haus da sind, gerade im Wiener Landtag und Gemeinderat ist das sehr häufig zu beobachten. Im Nationalrat ist die Regierung viel präsenter. Jetzt gehe ich einmal davon aus, dass die Mitglieder der Landes- und Stadtregierung hauptsächlich damit beschäftigt sind zu regieren und es daher hier nicht wichtig genug ist. Aber eigentlich das ist schon eine Missachtung nicht nur der Opposition, sondern aller Mandatarinnen und Mandatare. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn es bei den … (Abg Gerhard Kubik: Ich höre das alles im Büro!) Bitte? (Abg Gerhard Kubik: Ich höre das alles im Büro! Ich höre zu, aber Sie müssen mich nicht hier sehen!) Ja, ja, aber Sie sind nicht hier und es ist nett, wenn man im Büro sitzt und über das Internet, und so weiter, aber lieber wäre es mir schon, wenn Sie da wären. Und es ist auch eine Frage der Höflichkeit, eine Frage des Respekts vor dem Hohen Haus, dass man hier auch präsent ist.

 

Und wenn wir weitergehen, teilweise auch bei den Anfragen. Im Zweifel wird es bei den mündlichen Anfragen so ausgelegt, dass man nicht fragen soll, dass man nicht diskutieren soll. Ich weiß nicht, ist das wirklich das Selbstverständnis des Landtags? Die Landtage leiden kompetenzmäßig ja ohnehin eher unter einem Erosionsprozess, nicht zuletzt auch durch die Entwicklungen auf der europäischen Ebene, und so weiter. Dass wir die wenigen Kompetenzen im Zweifel auch noch restriktiv auslegen, das fängt beim Präsidium an und geht letztendlich bis hin zum Selbstverständnis der einzelnen Abgeordneten.

 

Ich frage mich schon, bei vielen Fragestunden: Können nicht ab und zu auch Regierungsabgeordnete eine kritische Frage stellen? Müssen die Fragen immer so sein, dass man fast das Gefühl hat, sie kommen aus dem Stadtratsbüro nach dem Motto „das wird zugewiesen“, und dann wird elendslang alles erklärt, und so weiter. Also, es ist eigentlich letztendlich unser Selbstverständnis, das in Rede steht.

 

Dass natürlich die Mehrheit ihre Regierung schützt und stützt, ist wiederum eine Selbstverständlichkeit. Aber wo sind hier die Grenzen? Ich glaube, die Grenzen werden bei uns oft so gezogen, dass man als Parlamentarier insgesamt nicht zufrieden sein kann. Das ist halt irgendwie diese Hierarchie. Ganz oben ist die Exekutive, und so weiter. Das geht dann nach unten. Die Mandatare nehmen sich vielfach selbst nicht ernst genug.

 

Dieses mangelnde Selbstverständnis findet sich letztendlich in unseren eigenen Gesetzen, auch in den Verfassungsbestimmungen. Wenn ich mir die Wiener Stadtverfassung anschaue, geht man bei Einbringungen von Gesetzesvorlagen a priori davon aus, dass die Gesetze von der Regierung vorgeschlagen werden. Auch das zeigt schon, vorrangig legt die Regierung dem Landtag die Gesetze vor und er hat sie zu beschließen. Dann heißt es in § 125 Abs 2 - zuerst werden sie von der Regierung eingebracht: „Gesetzesvorlagen können auch als Initiativanträge von Mitgliedern des Landtages eingebracht werden.“ Eigentlich müsste es umgekehrt sein, die Mandatare bringen die Gesetzesvorlagen ein, die Mandatare bringen sie in den Landtag und sie können auch von der Regierung vorgeschlagen werden. Wir haben dieses Verständnis, die Regierung dominiert das ganze Geschehen, selbst in unserer Wiener Stadtverfassung. Aber nur weil es so ist, heißt es ja nicht, dass es so gut ist. Das ist eigentlich nicht Gewaltentrennung, sondern das ist Gewaltenverbindung und das widerspricht eigentlich dem, was von der Französischen Revolution ausgehend in den meisten demokratischen Rechtsstaaten Usus sein sollte.

 

Dann spinnt sich das Ganze natürlich weiter bis zu dem, ich kann es dann kurz machen, was der Kollege Ulm aufgezeigt hat, dass letztendlich die Exekutive in einer schon wirklich abstrusen Auslegungsform sagt, wenn sie einen Antrag stilllegt, dann ist er stillgelegt und kommt gar nicht mehr ins Parlament. Das kann und darf nicht so sein! Deswegen müssen wir von unserem Notwehrrecht Gebrauch machen und uns einfach eine Geschäftsordnung zulegen, die diesen Missbrauch der Exekutivbefugnisse hintanstellt! (Beifall bei der FPÖ.)

 

In diesem Zusammenhang ist es selbstverständlich, dass ich diesen Anträgen auch zustimmen werde! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. - Bitte, Herr Abgeordneter.

 

13.03.21

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Berichterstatterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

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