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Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 64

 

Die Periode ist zu Ende, die Wahl steht unmittelbar bevor, aber erst in einer der allerletzten Sitzungen wird der Landtag zusammengerufen, um die minimalen Erfordernisse für ein verfassungskonformes Wahlrecht zu beschließen, nämlich die Sanierung der Briefwahl und die Wahlausschließungsgründe. – Allein das ist eigentlich schon ein Armutszeichen! Wir haben es mit einer gescheiterten Regierungskoalition zu tun! Gestehen Sie Ihr Scheitern ein, und bereiten Sie diesem Spuk ein Ende, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Einen Vorwurf kann ich den GRÜNEN überhaupt nicht ersparen. Ich habe hier schon mehrfach gesagt, ich halte das Wiener Wahlrecht absolut nicht für unfair. Man kann darüber diskutieren, ob man das Verhältniselement verstärkt oder abschwächt. Die internationale Tendenz geht eigentlich eher in eine andere Richtung. Die Zersplitterung des Parteienspektrums führt dazu, dass es immer schwieriger wird, Mehrheiten zu bilden. Ich persönlich habe das immer gesagt, und ich sage das nach wie vor.

 

Aber umgekehrt muss man auch sagen, wenn es eine Mehrheit gibt, dann muss man diese Mehrheit auch zur Kenntnis nehmen. Ich halte prinzipiell nichts davon, dass man ein Foul mit einem Gegenfoul beantwortet, denn das macht uns alle angreifbar.

 

Wir brauchen einen Grundkonsens, und deshalb meine ich, dass in Angelegenheiten wie dem Wahlrecht oder der Geschäftsordnung nicht aus der Hüfte geschossen werden darf. Das gehört ordentlich besprochen und ausformuliert, und die Anträge, die heute vorliegen, entsprechen diesem tiefen Erfordernis für mich in keinster Weise. Die Geschäftsordnung hat viele Schwachstellen. Das ist ein punktuelles Problem. Ich weiß juristisch auch gar nicht, ob diese Schwachstellen durch diese Anträge überhaupt beseitigt werden können, und so kann man einfach nicht agieren!

 

Es ist für mich aber auf der anderen Seite unbegreiflich, wieso die SPÖ da zuschaut, und das macht es für mich doch schwierig, nicht daran zu glauben, dass es in diesem Zusammenhang nicht dennoch Absprachen gibt. Wenn die GRÜNEN ein einziges Mal bei einer Subvention nicht zugestimmt hätten, dann hätte man den Stecker rausgezogen. Aber jetzt sagt man bei Themen wie Geschäftsordnung und Wahlrecht: Das beschließen wir im koalitionsfreien Raum!

 

Ich werde aus diesem ganzen Verhalten nicht klug! Was beide, Rot und Grün, unterlassen haben, ist, die Opposition rechtzeitig einzubeziehen. Und gerade in Richtung der GRÜNEN möchte ich sagen, Sie sind mit uns hier mehr oder weniger fast wie Varoufakis umgegangen, indem Sie gesagt haben, wir reden nur mit der SPÖ, mit euch reden wir gar nicht! Gleichzeitig verlangen Sie dann aber von der Opposition, dass sie Ihren unausgegorenen Geschäftsordnungsanträgen zustimmt! – Da fühle ich mich vor einen Karren gespannt, vor dem ich nicht stehen möchte! Ich möchte von den GRÜNEN nicht für solche Spielchen eingesetzt werden. Das ist höchst unerfreulich.

 

Ich glaube, es sollte Konsens geben, aber natürlich auch in Richtung der SPÖ. Ich meine, die SPÖ ist halt so, wie sie ist und wie sie immer war. Das hat ja auch eine gewisse Berechenbarkeit. Und die GRÜNEN haben nichts dazu beigetragen, dass Wien demokratischer wird. Ich denke nur daran, wie kleinlich teilweise im Hinblick auf mündliche Fragen geantwortet und agiert wurde, sodass wir uns eher selbst das Fragerecht und das Diskussionsrecht nehmen beziehungsweise uns selbst kasteien und einschränken. Oder denken Sie an das Oppositionsrecht der Bestellung des nur kontrollierenden Vizepräsidenten! Es war doch nie ein Thema, dass die zweitstärkste Partei hier das Nominierungsrecht hat! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Diesbezüglich ist nichts von Ihrer Seite gekommen! Und wenn es um Einsparungen geht, dann werden nicht die unnötigen Agenturen eingespart, sondern dann heißt es immer: Die Opposition ist unnötig, wir brauchen Stellvertreter und nichtamtsführende Stadträte nicht. Ihre ganzen Beauftragten sollen wir hingegen sehr wohl brauchen!

 

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN! Sie haben in den letzten Jahren beileibe keinen Beitrag geleistet, Wien demokratischer zu machen! Deswegen kann ich Ihr heutiges Vorgehen nur unter dem Aspekt sehen, dass Sie für Ihre Klientel noch eine Show abziehen wollen! Für Shows sind das Wahlrecht und die Geschäftsordnung jedoch viel zu schade! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Ulm Ich erteile es ihm.

 

10.27.31

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Gleich zu Beginn muss ich den Herrn Klubobmann der SPÖ richtigstellen. – Herr Klubobmann! Es stimmt ganz einfach nicht, dass alle Geschäftsordnungen der letzten Jahrzehnte einstimmig beschlossen wurden!

 

Möglicherweise habe ich bessere Klubmitarbeiter als Sie, denn mir hat man soeben eine Liste von Geschäftsordnungsbeschlüssen gegeben, die nicht einstimmig erfolgt sind. Und zwar wurde die Geschäftsordnung des Landtages am 28. Juni 2001 gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen und wurde die Geschäftsordnung des Gemeinderates am 27.6.2001 gegen die Stimmen der Freiheitlichen beschlossen. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Hört, hört!) Und auch die Bezirksvertretungsgeschäftsordnung am 27.6.2001 wurde gegen die Stimmen der GRÜNEN beschlossen. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Die Geschäftsordnung der Bezirksvertretung habe ich nicht erwähnt!)

 

Das stimmt! Die Geschäftsordnung der Bezirke haben Sie nicht erwähnt, aber das ist ja nur mein drittes Beispiel, und die ersten beiden Beispiele bleiben aufrecht, nämlich die Änderung der Geschäftsordnung des Landtag und die Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderats. Ich persönlich habe keine Erinnerung an den 27. Juni 2001, aber ich glaube meinem Klub, der das für mich ausgehoben hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Es ist ganz symptomatisch, wie Ihre Argumentation heute erfolgt, und das passt leider zu der Zeit, die wir auch vor dem Jänner dieses Jahres erlebt haben. Seit

 

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