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Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 64

 

Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Die von mir angesprochenen Maßnahmen betreffen ja nicht nur die laufenden Überprüfungen, sondern beispielsweise auch die Reparaturmaßnahmen, Sanierungsmaßnahmen während der Wohnungsübergaben – das sind im Jahr 10 000 Wohnungen, die übergeben werden. Im Zuge dieser Wohnungsübergaben werden unter anderem auch die Gasleitungen überprüft. Weiters werden bei sämtlichen Sanierungsmaßnahmen der städtischen Wohnhausanlagen auch die Gasleitungen saniert. Das heißt, die geringe Überprüfungszahl, von der Sie gesprochen haben – und die wir natürlich ausbauen wollen, das ist ja unbestritten, da gibt es zwischen uns beiden ja auch keine Auffassungsunterschiede, das muss natürlich mehr werden –, hängt natürlich auch mit den Ausschreibungsbedingungen zusammen. Prinzipiell soll das gesteigert werden.

 

Aber das ist nicht die alleinige Maßnahme, die wir im Bereich der Überprüfung von Gasleitungen setzen, sondern eine unter mehreren. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass sie erhöht werden soll. Parallel dazu gibt es aber, wie gesagt, eine ganze Reihe von Maßnahmen im Sanierungsbereich und bei der Übergabe und Neuvermietung von Gemeindewohnungen.

 

Präsident Johann Herzog: Ich danke, Herr StR Dr Ludwig, für die Beantwortung.

 

Die Fragestunde ist somit beendet.

 

09.51.00Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Jede Stimme ist gleich viel wert – ein modernes Verhältniswahlrecht für Wien“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.

 

Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg Ellensohn, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.

 

9.51.53

Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Jetzt warten alle gespannt, was wir zum Wahlrecht sagen. Die Idee war natürlich, hier ein flammendes Plädoyer für ein Wahlrecht zu halten, das analog zur Nationalratswahl und analog zu den anderen acht Bundesländern bedeutet, dass jede Stimme gleich viel wert ist (Abg Heinz Hufnagl: Das mit den anderen Bundeländern stimmt nicht!) und dass wir heute noch im Laufe des Tages Gelegenheit haben, darüber abzustimmen.

 

Die Gelegenheit haben wir trotzdem. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir heute ein faires Wahlrecht beschließen, ist gesunken, keine Frage, aber wir werden es trotzdem am Nachmittag versuchen.

 

Die Geschichte des Wahlrechts in Wien und in Österreich zu skizzieren, lohnt sich. Denn es war ja nicht immer so, dass so wie heute alle über 16 Jahre, mit einem österreichischen Pass und einem Hauptwohnsitz in Wien stimmberechtigt sind, sondern das hat sich ja entwickelt. Wir wollen jetzt nicht die lange Geschichte des Wahlrechts darstellen, aber die Entwicklung war immer mehr Wahlrecht: Mehr Leute wählen lassen, dann kam das Frauenwahlrecht, es wurden die Altersgrenzen gesenkt, dann gab es auch immer den Versuch, die Staatsbürgerschaft als Kriterium abzuschaffen – da hätten wir ja mit der größten Fraktion im Haus Einigkeit gehabt, Drittstaatsangehörige oder EU-BürgerInnen wählen zu lassen.

 

Vor ungefähr 140 Jahren war es ja noch so, dass das Wahlrecht an das Einkommen gebunden war – das war ein Zensuswahlrecht, man durfte mitstimmen, abhängig davon, wie viel Geld man hat. Das waren eine Weile jene, die ein Steueraufkommen von 10 Gulden hatten, und 1882 hat man das dann billiger gemacht, dann durften alle abstimmen, die ein Steueraufkommen von 5 Gulden hatten. Damals war das Wahlrecht an das Geld gebunden, das jemand besitzt. Ich weiß nicht, ob es möglich gewesen wäre, 10 Personen 10 Gulden zu geben und dann 10 Stimmen zu bekommen, das glaube ich nicht, aber vielleicht, nachdem man ja nur seine eigene Steuerleistung vorlegen muss.

 

Aber das ist alles Geschichte, das hat man abgeschafft. Heute sind wir bei einem Wahlrecht, bei dem alle, die über 16 Jahre alt sind, in Wien wählen dürfen, wenn sie einen österreichischen Pass haben. Das genügt uns nicht, es sind über 300 000 Menschen nicht wahlberechtigt. Das kann man momentan nicht durchsetzen, weil man auf Bundesebene keine entsprechenden Gesetze von SPÖ und ÖVP zusammenbekommt und es im Nationalrat dafür keine Zweidrittelmehrheit gibt. Deshalb dürfen in Wien auf Ebene des Landtages leider noch immer nur ausschließlich jene wählen, die eine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Zu den vielen Anträgen und zur Geschäftsordnungsänderung können wir am Nachmittag reden.

 

Aber woher kommt eigentlich der Versuch, ein faires Wahlrecht zu machen? Was ist die Idee dahinter? – Nur damit es alle noch einmal verstehen: Im Moment ist es so, dass am Wahlsonntag 2010 das Wahlergebnis war, dass die SPÖ pro Mandat 6 800 Stimmen benötigte, abgestuft die FPÖ ein bisschen mehr, die ÖVP noch mehr und wir am meisten – 8 600.

 

Also, jedes Mandat der GRÜNEN kostet 1 800 Stimmen mehr. Das empfinden wir als unfair. Wir glauben, dass jeder Wiener und jede Wienerin gleich viel wert sind. Wir glauben nicht, dass jemand, wenn er SPÖ wählt, mehr wert ist als ein ÖVP-Wähler oder eine GRÜN-Wählerin, auch nicht ein FPÖ-Wähler. Alle Stimmen sollen gleich viel wert sein. Das haben wir in den Koalitionsverhandlungen eingebracht und uns darauf geeinigt, dass wir ein modernes Verhältniswahlrecht schaffen.

 

Alle, die in der Politik daheim sind, wissen, was das heißt.

 

Die Idee war, einen Kompromiss zu finden zwischen der Position SPÖ – Wir wollen Bonusmandate! – und der Position der GRÜNEN – Wir wollen ein faires Wahlrecht, wo jedes Mandat gleich viel kostet!

 

Das war die Idee, das war die Ausgangsbasis. Weil ich von Anfang an nicht sicher war, ob hier am Ende überhaupt 51 Personen für ein faires Wahlrecht sein werden, und weil es im Koalitionsvertrag gestanden ist, haben wir einen Kompromiss gesucht und bereits 2012 – schmerzhaft – gesagt: Treffen wir uns in der Mitte – so

 

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